Gender Equality Tracker
Mit dem Gender Equality Tracker (GET) wollen wir Geschlechtergerechtigkeit in den relevanten politischen Dokumenten, z.B. Anträge der Bundestagsausschüsse oder Berichte, prüfen. Dafür wird jedes Dokument anhand der sechs Kriterien analysiert: Gender Equality, Zielgruppe, Gendertransformativität, Intersektionalität, Strategische Verankerung und Funding.
Gender Equality Tracker: Dritter entwicklungspolitischer Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter
Vorherige Dokumente, die wir mit dem Gender Equality Tracker geprüft haben:
Unsere Forderungen
Geschlechtergerechtigkeit muss über alle Themengebiete hinweg bedacht werden. Mit dem Instrument des „Gender Mainstreaming“ können so Auswirkungen des Merkmals Geschlecht bei allen Maßnahmen und Programmen mitgedacht werden. Wir fordern daher, dass das gesamte internationale Handeln an das Konzept einer Feministischen Außen- und Entwicklungspolitik, das Geschlechtergerechtigkeit zum Ziel hat, angelehnt wird.
Die Bundesregierung muss Mädchen und junge Frauen als Zukunftsakteurinnen mit ihren spezifischen Bedürfnissen, Stärken und Potentialen ins Zentrum der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe stellen.
Der gendertransformative Ansatz hinterfragt Gendernormen und Machtverhältnisse und wirkt auf deren Veränderung hin. Wir fordern daher, dass überkommene Geschlechterrollen, geschlechterbezogene Gewalt und benachteiligende Strukturen und Normen überwunden und mithilfe eines gendertransformativen Ansatzes abgebaut werden.
Ein intersektionaler Ansatz erkennt an, dass Menschen von Diskriminierung unterschiedlich und mehrfach betroffen sein können. Wir fordern daher, dass die Feministische Außen- und Entwicklungspolitik die besondere Lebensrealität, Bedarfe und Interessen aller Menschen in all ihrer Diversität berücksichtigt.
Es bedarf einer klaren Institutionalisierung und Zielsetzung auf strategischer Ebene und einer regelmäßigen Überprüfung der Fortschritte anhand von Zielmarken. Wir fordern daher, dass sich Deutschland international und national für eine strategische Verankerung von Gleichstellung im Rahmen der Feministischen Außen- und Entwicklungspolitik einsetzt.
Um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen, ist eine ausreichende Finanzierung entsprechender Projekte und Programme notwendig. Die öffentlichen Entwicklungsgelder müssen nicht nur konsequenter zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt werden, sondern auch allgemein aufgestockt werden (mind. 0,7% des Bruttonationaleinkommen). Wir fordern zudem, dass das Prinzip des Gender Budgeting – also die geschlechtersensible Verteilung von Geldern - im deutschen Haushaltsprozess eingeführt wird.
Feministische Außen- und Entwicklungspolitik
Diskriminierung beenden, Normen ändern, gesellschaftlichen Wandel erreichen. Gendertransformatives Arbeiten bei Plan International: Gleiche Chancen für alle.
Mädchen und Jungen haben die gleichen Rechte – zum Beispiel auf Bildung, Gesundheit oder auch gleiche Behandlung. Leider haben sie häufig aber nicht die gleichen Chancen, diese Rechte wahrzunehmen: Ist beispielsweise das Geld knapp, wird zuerst das Mädchen aus der Schule genommen und verpflichtet, das familiäre Einkommen zu unterstützen. Reicht das Essen nicht für alle, müssen am ehesten Mädchen und Frauen in der Familie darauf verzichten. Der Grund dafür sind tief verwurzelte Vorstellungen, dass Mädchen weniger Wert sind als Jungen und deshalb auch schlechter behandelt werden dürfen.
Um das zu ändern, gestaltet Plan International alle Strategien, Programme und Projekte gendertransformativ: Wir gehen an die Ursachen für geschlechtsspezifische Diskriminierung und hinterfragen und verändern aktiv alte Geschlechtsnormen und Machtpositionen. So stärken wir nicht nur die Positionen von Mädchen und Frauen, sondern stoßen einen gesellschaftlichen Wandel an, der wichtig ist für eine nachhaltige positive Entwicklung – in unseren Partner-Gemeinden, aber auch für die ganze Welt.
Wir fordern deshalb eine deutsche Außen- und Entwicklungspolitik, die einen gendertransformativen Ansatz verfolgt und Gleichstellung in ihr Zentrum stellt. Schweden und Kanada machen es mit ihrer feministischen Außenpolitik vor. Stehen Menschen statt Staaten im Mittelpunkt politischen Handels, profitiert davon die ganze Welt.
Key Facts: Was bewirkt feministische Außenpolitik?
Rückblick Bundestagswahlkampagne 2021: Feministische Außen- und Entwicklungspolitik
Fragen und Antworten
- Überwindung von schädlichen Geschlechterrollen und Entwicklung von egalitären Geschlechterleitbildern: Ein gendertransformativer Ansatz versteht und adressiert, wie Gendernormen Kinder und Jugendliche mit lebenslangen Konsequenzen beeinflussen
- Stärkung der Handlungsfähigkeit und Empowerment von Mädchen und jungen Frauen: Ein gendertransformativer Ansatz stärkt Mädchen und junge Frauen in Entscheidungsprozessen, die sie selbst betreffen, im Rahmen von Familie, Gemeinschaft und Kommune, aber auch darüber hinaus auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene.
- Verbesserung der Situation (praktische Bedarfe) und der sozialen Position (strukturelle Ziele) von Mädchen und jungen Frauen: Ein gendertransformativer Ansatz verbessert den Lebensalltag und die soziale Stellung von Mädchen und jungen Frauen in der Gesellschaft.
- Aktivierung von Jungen und Männern als Akteure für Geschlechtergerechtigkeit und Stärkung positiver Männlichkeitsleitbilder: Ein gendertransformativer Ansatz arbeitet mit Jungen und jungen Männern zusammen, damit auch sie sich für die Gleichstellung von Mädchen und jungen Frauen einsetzen, aber auch für sie selbst ein positives Männlichkeitsbild erreicht wird.
- Berücksichtigung einer intersektionalen Perspektive: Ein gendertransformativer Ansatz nimmt Mädchen und Jungen, junge Frauen und Männer in ihrer Vielfalt wahr.
- Schaffung von gleichstellungsfördernden Rahmenbedingungen (Gesetzeslage, Politiken, Institutionen): Ein gendertransformativer Ansatz schafft ein positives Umfeld, das dazu beiträgt, Mädchen und junge Frauen zu unterstützen und Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen.
Intersektionalität erkennt an, dass Menschen von Diskriminierung unterschiedlich und mehrfach betroffen sein können. Zum Beispiel aufgrund ihres Alters, Behinderungen, sexueller Orientierung oder Hautfarbe.
Gender Mainstreaming ist eine Strategie, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern. Das bedeutet, dass in allen Planungs- und Entscheidungsprozessen, zum Beispiel in der Politik, von Beginn an Gleichstellungsaspekte berücksichtigt werden.
Gender Mainstreaming basiert auf der Erkenntnis, dass Menschen aufgrund sozialer und kultureller Geschlechterrollen (Gender) unterschiedlich von gesellschaftlichen und politischen Prozessen und deren Folgen betroffen sind. Gender Mainstreaming erkennt an, dass es keine geschlechtsneutrale, objektive Wirklichkeit gibt und richtet sich gleichermaßen an alle Geschlechter, um negative Auswirkungen schädlicher bestehender Geschlechterverhältnisse zu überwinden.
Frauenrechte und Gleichstellungsansätze haben eine lange Geschichte in der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland. Sie sind ein Grundprinzip sowohl staatlicher als auch nichtstaatlicher Entwicklungszusammenarbeit. In der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit wurde ein gendertransformativer Gleichstellungsansatz etabliert, der jedoch nicht konsequent in allen Gleichstellungsdokumenten, wie zum Beispiel dem Gender Aktionsplan (GAP) II und den dazugehörigen Roadmaps, verfolgt wird. Insbesondere im Rahmen des aktuellen Reformprozesses „BMZ 2030“ besteht Handlungsbedarf, den Ansatz weiterzuentwickeln.
In der humanitären Hilfe als einem der spezifischen Handlungsfelder der Außenpolitik gibt es international schon seit Längerem Gender (Mainstreaming) Ansätze und Forderungen nach einer Gleichstellungsperspektive. In der deutschen humanitären Hilfe des Auswärtigen Amts ist ein Genderansatz jedoch nur punktuell zu erkennen. Allerdings zeigen aktuell veröffentlichte Gleichstellungsdokumente, dass das Auswärtige Amt gegenwärtig eine erhöhte Aufmerksamkeit auf eine Geschlechterperspektive (nicht nur) in der humanitären Hilfe richtet. Hierbei steht jedoch vor allem die Berücksichtigung von geschlechtsbezogenen Bedarfen im Vordergrund, ohne in einem gendertransformativen Sinne explizit gesellschaftliche Gendernormen und Geschlechterverhältnisse zu reflektieren.
Mädchen und junge Frauen werden weder in der Entwicklungszusammenarbeit noch in der humanitären Hilfe bislang ausreichend als spezifische Zielgruppe und Akteurinnen mit eigenen Bedarfen und Interessen adressiert. Strukturelle Ungleichheiten, Diskriminierungen und Gewalt, die Mädchen und junge Frauen besonders stark und in spezifischer Weise betreffen, werden bisher kaum adäquat benannt.
Aufgrund ihres Geschlechts und ihres Alters sind Mädchen und Frauen anders von gesellschaftlichen, politischen und/oder wirtschaftlichen Entscheidungen betroffen und werden viel zu selten nach ihren Bedürfnissen gefragt. In Krisen zum Beispiel geht es zunächst darum, dass die Grundbedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Trinkwasser, abgedeckt werden. Genau in solchen Situationen müssen die Belange von Mädchen und Frauen aber von Anfang an mitgedacht werden.
Nehmen wir mal das Beispiel Menstruationshygiene. Die sanitären Anlagen in Flüchtlingsunterkünften sind oft so ausgerichtet, dass Mädchen und Frauen ihre Periode nicht in Würde bewältigen können. Bei einem Gleichstellungsansatz würden Mädchen und Frauen befragt, wie die sanitären Anlagen aussehen müssen. Sie würden z.B. einfordern, dass die Toiletten abschließbar und nach Geschlechtern getrennt sein müssen. Dass Waschbecken innerhalb der Toiletten sind, damit keine Frau vor den Augen aller blutige Unterwäsche auswaschen muss. Oder dass nachts gute Beleuchtung da ist, damit die Wege zu den Toiletten auch zu dieser Zeit sicher sind.
Auch bei der Städteplanung wird oft die weibliche Perspektive vergessen. Dadurch ist die Großstadterfahrung von Mädchen und Frauen weltweit geprägt von Drohungen, sexueller Belästigung und der Angst vor Übergriffen. Dies ist auch das Ergebnis der von Plan International durchgeführten Befragung „Safe in the City?“ aus dem Jahr 2020: In Deutschland fühlt sich keine Frau in ihrer Stadt vollkommen sicher, jede vierte Frau hat bereits sexuelle Belästigung erlebt. Wenn Frauen sich nicht sicher in ihrer Stadt bewegen können, schränkt sie dies in ihrer Freiheit ein und ist ein Ausdruck für fehlende Gleichberechtigung. Einfache städtebauliche Maßnahmen wie eine bessere Beleuchtung oder die offene Gestaltung von Parkanlagen können bereits dabei helfen, das Sicherheitsgefühl von Mädchen und Frauen zu verbessern.
Es sind also oft Aspekte, die durchaus umsetzbar und zu finanzieren wären – wenn denn Mädchen und Frauen genug in die Planung einbezogen würden. Statt also Lösungen für sie zu finden, müssen Lösungen mit ihnen gefunden werden.
Bislang sind die militärische, aber auch die zivile Friedensförderung klassische Männerbereiche. Frauen oder auch Jugendliche sind in solchen Prozessen viel zu selten eingebunden. Dabei sind sie oft übermäßig stark von den Folgen betroffen (etwa, wenn Vergewaltigung als Kriegswaffe eingesetzt wird). Der Weg eines Landes aus einem Konflikt in eine friedliche Gemeinschaft wird nur funktionieren, wenn Inklusion das Leitprinzip für die Zukunft ist – wenn also alle Menschen und ihre spezifischen Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Basieren Abkommen und Strukturen auf den Regeln und Bedürfnissen einiger weniger - und schließen Teile der Bevölkerung aus - kann eine Gesellschaft nicht ihr volles Potenzial entfalten. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit von Konflikten: wenn nämlich diejenigen, die sich in der bestehenden Ordnung nich berücksichtigt finden, gegen den bestehenden Zustand protestieren und ihre Rechte einfordern.
Wenn Frauen am Friedensprozess beteiligt sind,steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einigung mindestens 15 Jahre hält, um 35 Prozent, sagt UN Women. Diese Zahl verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass Mädchen und Frauen in Friedensprozessen Gehör finden.
Weltweit sind 94 Prozent aller Männer in den Arbeitsmarkt integriert, abernur 63 Prozent aller Frauen im Alter von 25 bis 54 Jahren. Diese Lücke bei der Beschäftigung - und bei der Bezahlung! - zu schließen, ist so wichtig für die weltweite nachhaltige (wirtschaftliche) Entwicklung, dass die internationale Staatengemeinschaft dies als Ziel Nummer 8 in den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs), der Agenda 2030, festgeschrieben hat – eine Verpflichtung für alle Staaten.
Frauen stellen die Hälfte der Weltbevölkerung. Wenn sie ihr wirtschaftliches Potenzial gar nicht ausschöpfen, dann können sich ihre Länder nicht nachhaltig entwickeln. Würden etwa die OECD-Länder ihre Frauenerwerbsquoten an diejenige von Schweden anpassen, könnte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mehr als 6 Billionen US-Dollar wachsen. Mehr Arbeitskräfte stärken die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Ein Land, das mehr produziert, kann mehr Waren exportieren und muss weniger Waren importieren – so ist es unabhängiger von Handelsbeziehungen mit anderen Ländern.
Eine Verbesserung der Gleichstellung könnte in der EU bis zum Jahr 2050 rund 10,5 Millionen neue Jobs schaffen und so die Armut reduzieren – besonders, weil nach Schätzungen etwa 70 Prozent dieser Jobs von Frauen übernommen würden: Frauen sind wesentlich stärker als Männer von Armut betroffen. Wenn Frauen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt haben und es mehr Jobs für alle Menschen gibt, können sie sich den eigenen Lebensunterhalt besser sichern und ihr Armutsrisiko bzw. Armut generell reduzieren.
Doch es ist nicht nur die Reduzierung der Armut. Ein Mehr an Gleichstellung verbessert auch das Wirtschaftswachstum eines Staates, zum Beispiel innerhalb der EU: Verbessert ein EU-Mitgliedsstaat das nationale Niveau der Gleichstellung, kann das eigene Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis zum Jahr 2050 zwischen 4 und 10 Prozent steigen.
Mit einer geschlechtergerechten Gesellschaft verbessert sich die Gesundheitsversorgung. Aktuell erhalten Mädchen und Frauen in vielen Ländern eine schlechtere medizinische Versorgung als Jungen und Männer. Dies liegt zum Beispiel an mangelnden Bildungschancen und einem geringeren Einkommen von Mädchen und Frauen. Zudem werden Frauen in der medizinischen Forschung seltener berücksichtigt. Viele Krankheiten, von denen Frauen stärker betroffen sind als Männer, sind längst nicht so gut erforscht.
Auch Kinder, die in einer gleichberechtigten Gesellschaft aufwachsen, sind gesünder und können sich besser entwickeln. Wenn Frauen selbst entscheiden können, wann und mit wem sie Kinder bekommen – und wie viele Kinder! - können sie besser für ihre Kinder sorgen. Die Kindersterblichkeit sinkt, außerdem können die Mütter ihren Kindern bessere Bildung sowie gesünderer Nahrung und den Zugang zu Gesundheitsversorgungen bieten.
In vielen Ländern sind Frauen gesetzlich nicht vor häuslicher und/oder sexueller Gewalt geschützt, welches sich natürlich auf die Sicherheit und Freiheit von Frauen auswirkt. Die Stärkung der gesetzlichen Rechte von Frauen sorgt also für eine sicherere Gesellschaft für alle.
Länder, in denen die Geschlechtergleichstellung bereits weiter vorangeschritten ist, sind auch weniger anfällig für gewalttätigen Extremismus.
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