Ruanda ist eines der kleinsten Länder Afrikas und gleichzeitig eines der am dichtesten besiedelten Ländern des Kontinents. Und die Bevölkerung wächst stetig: Denn seit fast drei Jahrzehnten flüchten Menschen nach Ruanda. Die meisten von ihnen stammen aus der Demokratischen Republik Kongo und Burundi. Im Jahr 2024 zählte das Land 129.000 Geflüchtete und Asylsuchende. Über 90 Prozent von ihnen leben in den Camps Kigeme, Kiziba, Mugombwa, Nyabiheke und Mahama – häufig über Jahre oder gar Jahrzehnte.
Unter ihnen sind auch Patience, Sifa, Nadia und Eric. Sie träumen von einer besseren Zukunft und mehr Selbstbestimmung. Das Leben in den Geflüchtetencamps stellt sie jedoch vor ständige Herausforderungen. Finanzielle Abhängigkeit ist eine davon.
Ein Projekt arbeitet nun dagegen an und unterstützt junge Geflüchtete auf ihrem Weg zu mehr finanzieller Sicherheit. Dank einer Spargruppe, in der Patience, Sifa, Nadia und Eric nun Mitglieder sind, konnten die vier Kleinkredite aufnehmen und kleine Unternehmen gründen. In Schulungen entwickelten sie gemeinsam Sparmethoden, erlernten grundlegende unternehmerische Fähigkeiten und verbesserten ihre finanziellen Kenntnisse.
So auch die 24-jährige Patience. Sie ist Mutter von zwei Kindern und erinnert sich daran, wie schwierig es war, für ihre Kinder zu sorgen. Oft hatte sie das Gefühl, keinen Ausweg mehr zu haben. „Als junge Mutter ohne Arbeit hatte ich große Schwierigkeiten. Alles änderte sich, als ich ein kleines Darlehen von 120.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 82 Euro) erhielt. Damit konnte ich ein kleines Schuhgeschäft eröffnen“, sagt Patience. „Heute kann ich meine Kinder und mich selbst versorgen“, ergänzt sie.
Und nicht nur den Bedarf ihrer Familie kann sie decken, Patience spart zusätzlich 20.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 13,60 Euro) im Monat. Jede Woche kauft sie Schuhe, um sie weiterzuverkaufen, und verdient so bis zu 3.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 2 Euro) für jedes verkaufte Paar.
„Heute kann ich meine Kinder und mich selbst versorgen.“
Unter denen, die schon lange im Camp leben, gehört auch Sifa. Seit zwölf Jahren lebt sie als Geflüchtete in Ruanda. Finanziell war sie bisher immer auf ihre Eltern angewiesen – doch das änderte sich, als auch sie ein kleines Unternehmen gründen konnte.
„Ich fing an, Bohnen zu verkaufen, und erweiterte den Verkauf später auf Reis und Maismehl. Dadurch konnte ich meine Familie unterstützen und einen Beitrag für unsere Zukunft leisten“, sagt Sifa. Zusammen mit ihrem Mann konnte sie so ein stabiles Leben für ihre Familie aufzubauen und gleichzeitig monatlich 10.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 6,80 Euro) sparen.
Die Spar- und Kreditgruppen sind Teil des BLOOM-Modells (Better Live Options and Opportunities Model). Dieses von Plan International umgesetzte Modell widmet sich der Ausbildung von Kompetenzen und der Stärkung von Jugendlichen, insbesondere von Mädchen. Durch die Spar- und Kreditgruppen erhalten junge Menschen Zugang zu Kleinkrediten, die es ihnen ermöglichen, kleine Unternehmen zu gründen. Bisher wurden im Rahmen von BLOOM acht Spargruppen eingerichtet und 160 Teilnehmer:innen (80 Frauen und 80 Männer) geschult und unterstützt. Das Projekt wird in sechs kongolesischen Geflüchtetencamps in Ruanda umgesetzt und ist Teil des Programms „Building Resilience and Protection of Children, Adolescents and Youth Living in Refugee Camps and Vulnerable Communities in Rwanda“ von Plan International.
Nadia hat ebenfalls eine Flucht hinter sich, bevor sie im Geflüchtetencamp ankam. Die 23-jährige Mutter hatte mit Arbeitslosigkeit und finanzieller Abhängigkeit von ihrer Familie zu kämpfen, die allerdings auch Nadias fünf Geschwister versorgen mussten.
Als sie von dem Projekt erfuhr, schloss sich Nadia der Spargruppe an und lieh sich 200.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 136 Euro), um ein Bekleidungsgeschäft zu eröffnen. „Das Verkaufen von Kleidung hat mir nicht nur ein Einkommen verschafft, sondern gibt mir auch ein Gefühl der Unabhängigkeit“, erzählt Nadia, die hauptsächlich Pullover verkauft und mit ihrem Geschäft bis zu 25.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 17 Euro) im Monat spart.
„Das Verkaufen von Kleidung gibt mir auch ein Gefühl der Unabhängigkeit.“
„Finanzielle Unterstützung gibt uns jungen Frauen die Möglichkeit, riskante Wege zu vermeiden, insbesondere solche, die mit sexuellen Angeboten aufgrund der Armut zusammenhängen. Stattdessen können wir uns darauf konzentrieren, uns ein Leben aufzubauen“, sagt Nadia.
Sie träumt davon, eine landwirtschaftliche Unternehmerin zu werden und Lebensmittel anzubauen, die sie dann sowohl an Geflüchtete als auch an die lokale Bevölkerung verkaufen könnte.
Als ältestes von sechs Kindern und ohne Arbeit war der 26-jährige Eric häufig orientierungslos und ohne Perspektive. Das änderte sich als er durch die Spargruppe einen Kleinkredit aufnehmen konnte. „Mit einem Kredit von 200.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 136 Euro) habe ich in meiner Gemeinde ein Geschäft für Kleidung und Kleinwaren eröffnet. Mein größter Traum ist es, einen voll ausgestatteten Laden zu eröffnen, der meine Gemeinde versorgt“, sagt Eric und strahlt vor Optimismus.
Eric ist stolz darauf, dass seine Arbeit nicht nur den täglichen Bedarf seiner Familie deckt, sondern es ihm auch ermöglicht, jeden Monat 80.000 Ruanda-Franc (umgerechnet etwa 54,5 Euro) zu sparen. Dieses regelmäßige Einkommen gibt ihm und seiner Familie ein Gefühl der Stabilität und ermöglicht es ihm, für die Zukunft zu planen.
Patience, Sifa, Nadia und Eric haben alle vier eines im Blick: Den Weg in eine bessere Zukunft. Mit ihren Unternehmen sichern sie nicht nur die Versorgung ihrer Familien, sondern unterstützen so auch ihre Gemeinden und die Gemeinschaft unter den Geflüchteten.