Eine Elektrotechnikerin erobert Mittelägypten

Foto: Heba Khalifa

Die junge Basma setzt sich über gesellschaftliche Normen hinweg – und tritt erfolgreich in die Fußstapfen ihres Vaters.

Eine Frau lehnt an einer Wäscheschleuder
Basma (20) interessierte sich schon als Mädchen für die Werkbank ihres Vaters Plan International

In Basmas Familie gibt es keinen Platz für die Diskriminierung von Mädchen. Gleich vier von ihnen werden ebenbürtig mit dem einzigen Jungen behandelt. „Mein Vater ist mein größtes Vorbild“, gesteht Basma unumwunden ein. Denn im Gegensatz zu anderen Männern in ihrer Heimat Assiut glaubt er fest an das Potenzial seiner vier Töchter – auch an der Werkbank. Das ist ein ungewöhnlicher Lebensentwurf für diese Region in Mittelägypten, in der die Tagestemperaturen oft über 35°C liegen.

Als Kind verbrachte die heute 20-Jährige ihre Freizeit gerne mit ihrem Vater, der sein Einkommen zeitlebens als Reparaturingenieur verdiente. Es machte ihr Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie er in seiner Werkstatt fachmännisch elektronische Geräte wieder instand setzte. Von den Fähigkeiten ihres Vaters inspiriert, wollte Basma wissen, wie eine solche Arbeit erledigt und damit auch Geld verdient werden kann.

„Mein Vater war sich sicher, dass ich es zu etwas bringen würde – solange ich tue, was mir Spaß macht.“

Basma (20), Passionierte Elektrikerin in Mittelägypten

„Mein Vater bemerkte bald, wie sehr ich mich dafür interessierte, zu lernen, wie man Elektrogeräte repariert“, erzählt Basma. „Obwohl die sozialen Normen und unsere Kultur diese Arbeit als reine Männerangelegenheit abtun, ermutigte mich mein Vater, mehr darüber zu lernen. Er war sich sicher, dass ich es damit zu etwas bringen würde – solange ich das tue, was mir Spaß macht.“

Felder zwischen halb fertigen Wohngebäuden
Dorflandschaft in Assiut Heba Khalifa

Eine Frau behauptet sich gegen den gesellschaftlichen Trend

Laut dem „Global Gender Gap“-Index 2015, der Indikatoren bei der Gleichberechtigung von Frauen und Männern abbildet, belegt Ägypten im Vergleich zu anderen Ländern einen der hinteren Plätze bei der Gleichstellung der Geschlechter. Der Index listet den nordafrikanischen Staat auf Platz 136 von 145 Ländern und stellt fest, dass nur etwa ein Viertel der ägyptischen Frauen überhaupt eine bezahlte Arbeit hat, verglichen mit fast 80 Prozent bei den Männern.

Im Laufe der Zeit wuchs Basmas Wunsch, Reparaturingenieurin zu werden – genau wie ihr Vater. Als sie eine junge Frau wurde, brachte ihr Vater ihr schließlich bei, wie verschiedene defekte Maschinen reaktiviert werden können. In seiner Werkstatt vertraute er ihr auch an, unter Anleitung und Aufsicht selbst tätig zu werden. „Ich bin inzwischen dafür bekannt, dass ich Ventilatoren, Mixer, Waschmaschinen und Bügeleisen reparieren kann“, sagt Basma und strahlt. „Seit kurzem lerne ich auch, wie das bei Kühlschränken geht.“

Eine junge Ägypterin repariert ein Elektrogerät
Viele Aufträge gehen inzwischen gezielt an die erfolgreiche Elektrotechnikerin Basma Plan International
Eine Ausfallstraße in Mittelägypten
Einfahrt in die mittelägyptische Stadt Assiut Heba Khalifa

Erfolge an der Werkbank

Die Frauen in Basmas Gemeinschaft, die von den Wassern des mächtigen Nil in ihrer Region abhängen, sehen die junge Frau inzwischen als eine Art Inspirationsquelle. Sie ziehen es vor, ihre Geräte von ihr reparieren zu lassen und vertrauen ihren Fähigkeiten mehr als männlichen Technikern. Basmas Professionalität und ihre Hingabe bei der Arbeit haben dazu beigetragen, dass sich die Vorstellungen davon, welche Berufe Frauen ausüben sollten, geändert haben. „Die Menschen erkennen, dass es keinen Beruf gibt, den Frauen nicht auch ausüben könnten“, sagt Basma. „Wir können in jedem Bereich genauso arbeiten wie Männer.“

„Die Menschen erkennen, dass es keinen Beruf gibt, den Frauen nicht auch ausüben könnten.“

Basma (20), Elektrotechnikerin und Plan-Projektteilnehmerin

Mittlerweile hat Basma ihre Ausbildung abgeschlossen und besitzt ein Diplom im Gesundheitswesen. Sie ist auch verheiratet und ihr Mann stolz auf sie. Er ermutigt sie, das, was sie begonnen hat, weiterzuführen.

Ein Plan-Mitarbeiter besucht Basma
Ein Training von Plan International für Management und Unternehmensführung hat Basma (20) auf ihrem beruflichen Weg unterstützt Plan International

Trainings für eine erfolgreiche Unternehmensführung

Basma nutzt alle Chancen, die sich ihr bieten, und hat sich einem Projekt zur wirtschaftlichen Befähigung junger Menschen angeschlossen, das von Plan International in der Hauptstadt Kairo, der Mittelmeer-Metropole Alexandria sowie in Assiut durchgeführt wird. Das Vorhaben zielt darauf ab, jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren einen Zugang zu Einkommen schaffenden Maßnahmen zu ermöglichen und ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Im Rahmen des sogenannten Tamkeen-Projekts erlernte Basma unternehmerische Fähigkeiten und Kenntnisse im Projektmanagement. „Das ermöglicht mir eine effizientere Gestaltung meiner Arbeit und höhere Gewinne“, erklärt sie. „Ich hoffe, dass ich durch das Projekt auch eine Anschubfinanzierung erhalten kann, um mein Reparaturgeschäft auszubauen.“

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