Es ist Samstagnachmittag und Jaqueline hält bereits ihre zweite Trainingseinheit des Tages ab – es ist eine Art #MeToo für Anfänger:innen: „Weißt du, dass dein Körper dir gehört? Er ist keine Ware oder Sache, die Männer benutzen können, wann und wie es ihnen passt.“ Nur eine von Jaquelines Schülerinnen nickt, alle anderen schauen zu Boden.
Jaqueline ist in Kibera aufgewachsen und klärt als freiwillige Mentorin Mädchen, die dort leben, über ihre Rechte und ihren Körper auf und darüber, wie sie sich selbst schützen können. „Du musst deine Rechte kennen, um sie einfordern zu können.“
Der Unterricht findet außerhalb der Schul- und Arbeitszeiten statt. Heute sind sechs Schülerinnen im Training, in einer Woche erreicht Jaqueline jedoch mehr als 50 Mädchen und junge Frauen. In einigen Gegenden des Slums schaffen es nur zwei von zehn Mädchen, die Schule zu beenden, bevor sie schwanger werden. Die Themen der Schulungen bewegen sich zwischen „Warum du deine Periode bekommst“ über „Ja, du kannst Nein zu einem Mann sagen“ und „Vergewaltigung ist niemals deine Schuld“.
„Alle Mädchen müssen mit dem Bewusstsein aufwachsen, dass sie genauso viel wert sind, wie Jungen und Männer.“
„Es gibt in der Schule oder zu Hause keine Sexualerziehung“, erklärt Jaqueline. „Deshalb beginne ich immer damit, eine Gebärmutter und die Eileiter auf die Tafel zu malen. Manchmal sind die Mädchen schon 17 Jahre alt, wenn sie hierherkommen. Doch sie wissen nicht, was die Menstruation ist oder warum sie sie bekommen.“
Kibera sei ein Schlachtfeld, sagt Jaqueline, und sie sei eine der wenigen Soldatinnen im Kampf gegen Ungleichheit. „Es gibt gesellschaftliche Normen, die wir ändern müssen. Wir müssen von Haus zu Haus gehen, von Mädchen zu Mädchen. Alle Mädchen müssen mit dem Bewusstsein aufwachsen, dass sie genauso viel wert sind wie Jungen und Männer und dass sie ganz allein die Macht über ihren Körper haben“, so die junge Frau. „So schaffen wir Veränderung.“