Seit fast einem Monat war Alena nicht mehr im Unterricht. Die 15-Jährige geht eigentlich in die achte Klasse, und ihre Schule ist auch nur einen Kilometer entfernt. Doch hingehen kann sie trotzdem nicht, denn mit leerem Magen fällt es ihr schwer, sich zu konzentrieren. „Zu Hause gibt es nichts zu essen, und da nur meine Mutter und wir vier Kinder da sind, werden wir nicht alle satt“, erzählt sie.
So wie Alena und ihrer Mutter Chrissy geht es vielen Frauen und Mädchen im Globalen Süden. Denn sie spüren die verheerenden Folgen des Klimawandels am deutlichsten. Das liegt daran, dass sie – im Gegensatz zu Jungen und Männern – übermäßig viel Verantwortung im Haushalt tragen, etwa beim Beschaffen von Nahrungsmitteln oder bei der Care-Arbeit. Diese Aufgaben belasten die Psyche und den Körper. Aber in erster Linie nehmen sie viel Zeit und Energie in Anspruch.
Wenn Töchter aufgrund von Katastrophen und Notsituationen häufiger die Schule abbrechen als ihre Brüder, kann das weitreichende Folgen für die Zukunft der Mädchen haben. Ihre Chancen auf Beschäftigung oder gar finanzielle Unabhängigkeit schwinden – und das führt den Teufelskreis der Armut immer weiter fort. Außerdem steigt ihr Risiko von Frühverheiratung, Ausbeutung und anderen Formen des Missbrauchs.
„Weil ich meiner Mutter zu Hause helfen muss, kann ich meinen Schulabschluss nicht machen.“
Alena und Chrissy leben von der Landwirtschaft. Doch auf ihrem zwei Hektar großen Betrieb konnten sie in diesem Jahr nur einen 50 Kilogramm schweren Sack Mais ernten. Das sind 90 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Der Grund für diesen dramatischen Rückgang ist das Klimaphänomen El Niño, das 2024 mehrere Länder schwer getroffen hat, darunter auch Malawis Anliegerstaaten Sambia und Mosambik. Die darauffolgende Dürre – verstärkt durch die jährlich steigenden Temperaturen, welche die Böden schneller austrocknen lassen – hat die Maisernte stark geschädigt.
„Um meiner Mutter zu helfen, suche ich, wann immer ich kann, nach Lebensmitteln und kümmere mich um meine sechs Jahre alte Schwester“, sagt Alena. Sie möchte unbedingt ihren Schulabschluss machen, hat aber Sorge, dass sie ihn nicht schaffen wird. „Die Herausforderungen zu Hause machen es mir unmöglich, meinen Traum zu verwirklichen.“
Nicht nur Alena bleibt wegen der Dürre in Malawi dem Unterricht fern. Heranwachsende im ganzen Land brechen aufgrund der Katastrophenlage immer häufiger die Schule ab, die Lehrkräfte berichten besorgt über die ständigen Fehlzeiten der Kinder. Besonders betroffen sind die Mädchen: 70 Prozent fehlen, weil es zu Hause nichts zu essen gibt. „Wir können Familien, die Hunger leiden, nicht dazu zwingen, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Wir hoffen nur, dass wir den gefährdeten Schülerinnen und Schülern helfen können, wieder in ihre Klassen zurückzukommen“, so Schulleiter Mark Phiri.
Bereits im März 2023 hat die malawische Regierung in fast allen Bezirken des Landes den Katastrophenzustand ausgerufen. Über ein Jahr später leidet die Bevölkerung noch immer unter den Auswirkungen der tropischen Stürme und Zyklone, die durch den Klimawandel und die damit verbundenen höheren Meerestemperaturen immer häufiger und extremer auftreten. Zusammengenommen haben sie bis zu 40 Prozent der Menschen in die Hungersnot getrieben und bedrohen Leben und Lebensgrundlagen oder zerstören diese sogar vollständig.
„Ich habe alles versucht, aber es ist nie genug.“
Margaret trifft die Dürre als alleinerziehende Mutter von vier Kindern besonders hart. Die 32-Jährige hat gerade einmal genug Nahrungsmittel, um ihren Kindern eine Mahlzeit pro Tag zu ermöglichen. „Jeden Tag wache ich auf und frage mich, wie ich meine Kleinen mit dem Wenigen, das wir haben, ernähren soll“, sagt sie. „Es bricht mir das Herz zu wissen, dass sie hungrig ins Bett gehen, weil ich sie nicht so versorgen kann, wie ich es gerne möchte. Ich habe alles versucht, mir Gelegenheitsjobs gesucht, aber es ist nie genug.“
Was noch erschwerend hinzukommt, sind die gestiegenen Lebensmittelpreise. „Egal wie hart wir arbeiten, das Geld reicht nicht aus, um genügend Lebensmittel für unsere Familie zu kaufen“, fährt Margaret fort. Inzwischen kostet in ihrem Dorf ein 50 Kilogramm Sack Mais 45.000 Kwacha, was knapp 25 Euro entspricht. Im Jahr zuvor lag der Preis für dieselbe Menge Mais noch bei 15.000 Kwacha, also etwa acht Euro. „Das können wir uns nicht leisten. Wir können einfach nicht mithalten“, so Margaret.
Aus diesem Grund setzt sich Plan International in Malawi unter anderem dafür ein, dass Kinder und ihre Familien wieder dringend benötigte Nahrungsmittel bekommen. „Die durch El Niño ausgelöste Dürre hat die Landwirtschaft schwer geschädigt und zu einer weit verbreiteten Ernährungskrise geführt“, sagt Mwape Mulumbi, Landesdirektorin des malawischen Plan-Büros. „Das hat deshalb so gravierende Auswirkungen, weil hier die Landwirtschaft sowohl für den Lebensunterhalt der Bevölkerung als auch für die Wirtschaft des gesamten Landes von entscheidender Bedeutung ist.“
Margaret ergänzt: „Diese Dürre hat uns alles genommen, unsere Ernte und unsere Lebensgrundlage. Jetzt beraubt sie auch noch meine Kinder ihrer Zukunft. Ich weiß nicht, wie lange ich noch so weitermachen kann.“ Mit der Unterstützung will Plan International in erster Linie den Mädchen und Jungen die Rückkehr in die Schule erleichtern und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Ziele zu verfolgen. Auch Margaret hofft, dass sich dadurch die Situation langfristig verbessert.
Die Geschichte von Margaret, Alena und Chrissy wurde mit Material aus dem malawischen Plan-Büro aufgeschrieben.