Eine Patenschaft, die nachwirkt

Foto: privat

Vor 27 Jahren geht ein Brief um die Welt – nun kommt eine Antwort zurück. Ein Plan-Pate teilt seine rührende Geschichte.

Es ist das Jahr 1998. Das Jahr, in dem Gerhard Schröder Bundeskanzler wird und der Film Titanic in die deutschen Kinos kommt. Matthias Knab lebt damals in München und ist gerade dabei, vom Systemprogrammierer in die Selbstständigkeit zu wechseln und eine eigene Firma aufzubauen. Er will Schulungen zum Thema Geldanlage anbieten, denn Hedgefonds und alternative Anlagen sind sein Metier. Der Unternehmer ist nicht nur viel beschäftigt, sondern auch viel unterwegs.

Eine von vielen Fernreisen bringt ihn Anfang der 90er Jahre nach Thailand. Die Natur, die Menschen und die Landesgeschichte faszinieren ihn von Anfang an. Was ihm auf seinen Reisen jedoch auch bewusst wird, sind seine eigenen Privilegien. Er lernt neue Lebensrealitäten kennen, wird mit Armut, Bildungsmangel und Versorgungsnotstand konfrontiert.

Soziales Engagement als Herzensangelegenheit

„Nach einem Unfall auf einer meiner Reisen stellte ich mir die Frage, wie es wohl Menschen ergehen muss, die sich nicht auf eine Krankenversicherung verlassen können“, erinnert sich der Unternehmer. Er möchte gerne etwas tun, um Menschen zu helfen, die im Leben weniger Glück hatten als er. Daraufhin beginnt er, an gemeinnützige Organisationen zu spenden – zunächst unterstützt er Ärzte ohne Grenzen, später kommen weitere Organisationen dazu. 

 

Mann in blauem Hemd und mit Rucksack steht im Wald
Matthias Knab hat bereits über 80 Länder bereist, sowohl beruflich als auch privat privat
begrünte Küste mit bewaldeten Bergen im Hintergrund und Dachspitzen, die direkt vor dem Wasser aus den Büschen blitzen
Moken-Siedlung im Süden Thailands Alf Berg
steiniger Küstenstreifen und Boote im Wasser
Die Inseln und Küstenstreifen entlang der Andamanensee im Süden Thailands sind die Heimat der Moken, die vorwiegend vom Fischfang leben Alice Baron

So wird er auf Plan International aufmerksam und schließt aus Verbundenheit zu seinem ersten Reiseziel eine Patenschaft für ein thailändisches Mädchen ab. Später kommen weitere Patenschaften in anderen Ländern hinzu. Über die Jahre unterstützt Matthias zehn Patenkinder, unter anderem in Indien und Kolumbien. An sein erstes Patenkind, die 13-jährige Jidtranud aus Thailand, schreibt er 1998 einen Brief. Darin stellt er sich und seine Faszination für ihr Heimatland vor und wünscht dem Mädchen und ihrer gesamten Familie alles Gute.

„Mir war immer wichtig, die ganze Familie bei meiner Unterstützung mit einzubeziehen“, erzählt Matthias. „Deshalb habe ich den Brief auch an die gesamte Familie adressiert und wollte sie wissen lassen, wie wichtig mir das Engagement bei Plan International ist.“ Über die folgenden fünf Jahre hinweg schickt er Jidtranud ab und zu Fotos und Briefe von sich und bleibt durch den jährlichen Patenschaftsbericht auf dem Laufenden, was seine Spende nach Thailand bewirkt. 2003, als Jidtranud 18 Jahre alt wird, endet die Patenschaft automatisch. Danach besteht kein Kontakt mehr zwischen Pate und Patenkind – so wie es bei Plan-Patenschaften üblich ist.

„Ich habe die Freundlichkeit meines Paten nie vergessen.“

Jidtranud (40), ehemaliges Patenmädchen aus Thailand

Ein Danke nach 27 Jahren

Dann, im Jahr 2025, bekommt Matthias plötzlich eine Nachricht über Facebook. Sie ist von Jidtranud. „Ich habe Ihre Freundlichkeit nie vergessen“, schreibt die heute 40-jährige Frau. Inzwischen ist sie mit einem Deutschen verheiratet und steht kurz davor, mit ihrem Mann nach Leipzig zu ziehen. Beim Durchsehen ihrer alten Sachen aus Kindheitstagen sind ihr die Fotos und Briefe aus der Zeit der Patenschaft in die Hände gefallen. 

Zunächst fragt sie vorsichtig nach, ob Matthias auch wirklich der Mann ist, der sie fünf Jahre lang unterstützt hat. Dann schreibt sie ihm eine kurze Nachricht, in der sie sich bei ihrem ehemaligen Paten bedankt, ihren Umzug nach Deutschland ankündigt und ihm alles Gute für die Zukunft wünscht. Die abfotografierten Briefe und Bilder von damals schickt sie im Anhang mit.

„Das 13-jährige Mädchen von damals ist heute eine erwachsene Frau, die ein neues Kapitel in Deutschland beginnt – in demselben Land, aus dem einst meine Briefe zu ihr reisten. Das Leben hat eine poetische Art, sich zu schließen“, teilt Matthias auf der Plattform LinkedIn. Er schreibt weiter: „Wir wissen nie wirklich, welche Auswirkungen unsere Handlungen haben und wie tief unsere Leben miteinander verwoben sind.“

Was nach dem Ende einer Patenschaft passiert

Sobald Patenkinder volljährig sind, endet die Patenschaft automatisch. Damit endet auch der Kontakt mit den Pat:innen. Plan International gibt dann keine Kontaktdaten mehr zwischen den beiden Parteien weiter. Das wahrt den Kinderschutz und stellt sicher, dass die persönlichen Daten sowie die Privatsphäre des Patenkindes und seiner Familie geschützt bleiben.

Sind die Patenkinder erwachsen, hat die Kinderrechtsorganisation keinen Einfluss auf ihre Entscheidungen. So kann es vorkommen, dass sie über Social Media den Kontakt zu ihren ehemaligen Pat:innen aufnehmen – oder andersherum. In einem solchen Fall klärt Plan über die möglichen Risiken, die mit einem direkten Kontakt verbunden sind, auf. Wichtig ist, dass beide Seiten mit dem Kontakt einverstanden sind, keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden und für keine der beiden Seiten Nachteile entstehen.

Arbeiter:innen auf Teeplantage in Thailand
Die Teeplantagen in der Provinz Chiang Rai im Norden Thailands werden mitunter von staatenlosen Kindern bearbeitet, die mit dem geringen Tageslohn ihre Familien unterstützen müssen Apiradee Chappanapong
Sonnenuntergang am Strand
Sonnenuntergang in Baan Nam Khem im Süden Thailands, etwa 60 Kilometer nördlich von Phuket Jessica Lomelin

Die emotionale Seite der Patenschaft

Für den Geschäftsmann ist die Nachricht ein überraschendes Danke für die lange Unterstützung. Gerechnet hat er damit nicht. Gefreut hat er sich trotzdem. Die Frage, ob er weiterhin mit Jidtranud in Kontakt steht, verneint er. Das sei auch von beiden Seiten so gewünscht. „Es war einfach ein schönes Lebenszeichen“, sagt er. „Es hat mich daran erinnert, dass Freundlichkeit kein Verfallsdatum hat.“

Aktuell hat Matthias keine Patenschaften mehr. Er fördere aber weiterhin Vereine und Organisationen in den Bereichen Kunst, Theater und Musik, was auch seine persönlichen Interessen widerspiegle und ein Ausgleich zu seinem stressigen Berufsleben sei, so erzählt er. „Ich könnte mir aber vorstellen, für meine Kinder nochmal eine Patenschaft abzuschließen. Damit sie eine andere Referenzwelt kennenlernen und ihr gewohntes Leben hier in Deutschland nicht für selbstverständlich nehmen“, sagt er.

Der Fall von Matthias und Jidtranud macht deutlich: Ein soziales Engagement wie die Patenschaft bei Plan International kann auch eine emotionale Seite haben. Es braucht dafür keinen regelmäßigen Kontakt und keine großen Gesten. Schon eine kleine Nachricht kann viel bewirken – und ist vor allem Ausdruck von gegenseitigem Respekt und Dankbarkeit.

Mit einer Patenschaft helfen

Die Übernahme einer Patenschaft bedeutet weit mehr, als eine monatliche Spende zu überweisen. Sie helfen nicht nur dabei, das Leben eines einzelnen Kindes zu verbessern, sondern ganze Regionen nachhaltig zu verändern

In Timor-Leste arbeitet Plan International zum Beispiel für Katastrophenvorsorge, Familienplanung und Ernährungssicherheit. Die Kinderrechtsorganisation richtet Vorschulen ein, verbessert die Wasserversorgung und Einkommensmöglichkeiten. In Kambodscha setzt sich Plan International vor allem für die Bedürfnisse von Mädchen, benachteiligten Kindern und ethnischen Minderheiten ein. Die Organisation unterstützt unter anderem die frühkindliche Förderung und bessere Bildung sowie gute Ernährung und den Ausbau des Gesundheitswesens.

So wird Ihre Kinderpatenschaft zu einem wirkungsvollen Engagement, das bleibt.

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