Plan International verfügte in den 1990er Jahren über keine für seine Zielsetzung verbindliche Arbeitsweise in den Programmländern. Die von den Nationalen Organisationen zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel wurden von der Koordinierungsstelle an die Plan-Büros in Afrika, Asien und Lateinamerika weitergeleitet. Dort wurden sie für Projekte verwandt, die von den lokalen Mitarbeitern identifiziert und von der Zentrale vorher gebilligt worden waren. Eine übergeordnete Strategie war nicht erkennbar.
Dr. Werner Bauch erkannte 1997 als neuer Vorstandsvorsitzender sofort die Brisanz. Auch mit den Erkenntnissen der damaligen Entwicklungszusammenarbeit war ein solches Vorgehen nicht mehr vereinbar.
Eine für alle Plan-Länder verbindliche Arbeitsweise in den Projekten musste ausgearbeitet werden. Darüber hinaus sollte diese auch den Paten und Spendern klare Aussagen über die Verwendung der eingenommenen Mittel und über die Wirksamkeit der Projektarbeit geben können.
Auf Beschluss der Internationalen Mitgliederversammlung wurde 2002 eine Plan-interne Arbeitsgruppe eingesetzt, mit Teilnehmern aus unterschiedlichen Ebenen: Internationaler Vorstand und Mitgliederversammlung, National-, Regional- und Länderbüros sowie dem IH. Die Gruppe wurde beauftragt, Vorschläge für eine verbindliche sowie auf die Vision der Organisation abgestimmte Arbeitsweise zu erstellen. Sie entwickelte bei teils hitzigen Diskussionen das Konzept für eine kindorientierte Gemeindeentwicklung – das Child-Centered Community Development (CCCD).
Mit dieser Arbeitsweise bringt Plan International zum Ausdruck, dass seine Projekte gezielt auf die Verbesserung der Lebensumstände und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen in den Programmgebieten abzielen.
Um eine kindorientierte Gemeindeentwicklung zu ermöglichen, müssen die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe ermittelt werden. Für Plan International sind dies Kinder und Jugendliche – sie werden daher zu unmittelbaren Partnern in der Projektzusammenarbeit.
Mit der Förderung soll nicht nur das einzelne Kind erreicht werden, sondern die Projekte sollen in der gesamten Partnergemeinde wirksam werden.
Mit CCCD erhalten die Kinder und Jugendlichen auch eine wichtige Bedeutung innerhalb der Partnergemeinde: Sie sind ihre „Botschafter“. Ihre Vorstellungen und Bedürfnisse müssen von den Erwachsenen gehört und respektiert werden. Sonst gibt es keine Fördermittel!
Dieses Konzept wurde der Internationalen Mitgliederversammlung vorgelegt und – nach erneut lebhaften Diskussionen - als verbindliche Richtlinie bei der Planung und Durchführung von Projekten angenommen. Mit CCCD fokussierte Plan International seine Arbeit auf das Wohl der Kinder, aber - das ist die Besonderheit gegenüber anderen Hilfsorganisationen – Kinder sind nicht mehr bloße Hilfsempfänger. Sie werden an allen Phasen der Projektarbeit aktiv beteiligt und so in die Lage versetzt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Deshalb gründete Plan verstärkt Kinder- und Jugendgruppen in seinen Partnergemeinden und ermöglichte Mädchen und Jungen, sich auch durch Medientrainings Gehör zu verschaffen. Denn Kinder und Jugendliche kennen ihr Lebensumfeld sehr genau. Sie können wertvolle Ideen bei der Projektplanung und -umsetzung einbringen und setzen meist andere Schwerpunkte als Erwachsene. So werden dank der Hinweise von Kindern heute in den Programmgebieten getrennte Schultoiletten für Mädchen und Jungen gebaut.
Für die Umsetzung der neuen Arbeitsweise auf allen Plan-Ebenen war ein mehrjähriger Zeitrahmen nötig. In Workshops wurden die Mitarbeiter, aber auch Gremienmitglieder mit den CCCD-Prinzipien vertraut gemacht. Vorteilhaft war und ist, dass unsere vorwiegend einheimischen Teams mit den Machtverhältnissen in den Kommunen vertraut sind und die Gemeinschaft für die Einhaltung der Kinderrechte zu sensibilisieren wissen.
Unter Leitung von Dr. Werner Bauch hat die kindorientierte Gemeindeentwicklung auch Plan Deutschland zu Veränderungen veranlasst. Es wurden Strukturen geschaffen, die noch heute als Grundlage für die Projektbetreuung und das entwicklungspolitische Engagement dienen. Auch eine eigene Schwerpunktsetzung wurde ausgearbeitet, bei der die Förderung von Gesundheits- und Bildungsaktivitäten sowie die Förderung von Mädchen einen besonderen Stellenwert erhielten. Auch wenn es im Rahmen von CCCD gewisse Schwierigkeiten bei der Gewichtung der Kinderrechte gab, darf eine kindorientierte Gemeindeentwicklung selbstverständlich nie gegen Kinderrechte verstoßen. Sie bilden das Fundament jeglicher Projektarbeit.
Mit der Umsetzung von CCCD hat Plan International Erkenntnisse und Erfahrungen gesammelt, die von privaten Spendern und öffentlichen Gebern wie dem Bundesentwicklungsministerium inzwischen verstärkt nachgefragt werden. So ist Plan Deutschland während des Vorstandsvorsitzes von Dr. Werner Bauch von einer Patenschaftsorganisation zu einer respektierten Kinderrechtsorganisation geworden - CCCD hat daran wesentlichen Anteil.