Das Finanzjahr 2022 brachte für Plan International Deutschland e. V. einschneidende Veränderungen: Nach 25 Jahren außerordentlich erfolgreicher Arbeit schied Dr. Werner Bauch als Vorstandsvorsitzender wie geplant im März aus seinem Amt aus. Nachdem sein Nachfolger, Dr. Stephan Roppel, unerwartet Ende Mai ebenfalls ausschied, fiel mir als Stellvertreter diese Aufgabe zu. Auf der jährlichen Mitgliederversammlung wurde ich für diese verantwortungsvolle Aufgabe bestätigt – mit dem Verständnis, nur so lange tätig zu sein, bis eine Nachfolge gefunden ist.
Erstmals seit unserem Bestehen mussten wir einen Rückgang der Einnahmen konstatieren, von 253,5 Millionen Euro auf 235,3 Millionen Euro. Dieser ist auf geringere Einnahmen bei unseren institutionellen Partnern zurückzuführen. Erfreulich ist dagegen die unverändert hohe Spendenbereitschaft privater Unterstützer:innen. Hier konnten wir ein Plus von 7.363 Patenschaften gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.
Im Berichtszeitraum eskalierte Russland einen Konflikt gegen die Ukraine mit einem bewaffneten Angriff auf das Land. Millionen Menschen aus der Ukraine sind seitdem auf der Flucht. Wir von Plan International reagierten schnell auf die sich verändernde globale Situation: Unter Leitung des deutschen Plan-Büros konnten unter anderem Hygiene-Sets an geflüchtete Menschen geliefert werden, zügig wurden Büros in Moldau, Polen sowie Rumänien registriert, um sich dort für sie einzusetzen.
Bei aller Hilfsbereitschaft hierfür dürfen andere Spendenaufrufe nicht vergessen werden. Plan International engagierte sich 2022 auch und gerade für Regionen mit lebensbedrohlichen Hungersnöten. Der Ukraine-Konflikt hat durch immens gestiegene Preise für Nahrungsmittel und Energie gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage – auch hierzulande und somit auf unsere Spendeneinnahmen.
2022 hat sich der Wandel bei der internationalen Zusammenarbeit fortgesetzt. Die Corona-Pandemie, der Klimawandel, Konflikte sowie Hungersnöte haben den Anteil der humanitären Hilfe steigen lassen. Eine Entwicklung, die zu Lasten langfristiger Projektarbeit geht. Insbesondere wird dadurch das Leben von Mädchen und jungen Frauen beeinträchtigt, weil sie vermehrt Gewalt und Frühverheiratung erfahren sowie seltener eine Schule besuchen können. Dies alles zwingt uns zu Anpassungen bei unserer Arbeit. Die Verbindung von kurzfristiger Nothilfe und längerfristiger entwicklungspolitischer Strukturhilfe mit friedensfördernden Maßnahmen – der sogenannte „Triple-Nexus-Ansatz“ – ist unsere Antwort darauf. Wir werden künftig gleichwohl auch unsere Fundraising-Strategie überdenken müssen.
In dieser angespannten globalen Situation hat sich der Kinderrechtsansatz von Plan International mit einem Fokus auf Mädchen und junge Frauen bewährt. Wir reagieren mit aufeinander abgestimmten Programmen, um das Schicksal aller Kinder und Jugendlichen positiv zu wenden. Vom Erfolg unseres Einsatzes gegen Frühverheiratung konnte ich mich in Simbabwe persönlich überzeugen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse betrachte ich für meine Arbeit – insbesondere im internationalen Vorstand – als außerordentlich wertvoll.
Im Februar 2022 hat der neue CEO für den internationalen Plan-Verbund, Stephen Omollo, seine Arbeit aufgenommen und ein neues Team zusammengestellt. Als Kind zum Soldaten im östlichen Afrika gezwungen, hat der gebürtige Kenianer eine besondere Glaubwürdigkeit. Erste wichtige Impulse wurden gesetzt: erhöhte Nachweise der Qualität unserer Arbeit, Reduzierung der globalen Kostenstruktur und verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Plan-Einheiten.
Innerhalb des globalen Plan-Verbundes hat das deutsche Büro wieder die meisten Mittel zur Verfügung gestellt. Mein großer Dank gilt daher unseren Mitarbeiter:innen, die wegen Corona unter belastenden Bedingungen arbeiten mussten, den Aktionsgruppen, die sich unermüdlich für unsere Ziele einsetzen, wie auch unseren Gremien, die durch die Vorstandswechsel besonders gefordert waren. Für den erfolgreichen Abschluss des Finanzjahrs blicke ich auch dankbar auf die Mitglieder des Jugendbeirates und die Youth Advocates, denn die Teilhabe von Jugendlichen auf allen Ebenen ist in unserer internationalen Strategie verankert und wird mehr und mehr zu einem Markenzeichen von Plan in Deutschland. Nach innen beraten die Jugendlichen unsere Gremien, geben wertvolle Hinweise und bringen neue Perspektiven ein. Nach außen werden sie bei politischen Aktionen und Debatten wahrgenommen.
An dieser Stelle sei noch einmal Dr. Werner Bauch für seinen langjährigen Einsatz gedankt, ohne den der große Erfolg von Plan International nicht denkbar wäre. Dr. Bauch wird uns als Ehrenvorsitzender des Vorstands eng verbunden bleiben. Weiterhin wird er der Stiftung Hilfe mit Plan vorstehen und die international neu gegründete „Global Girl’s Foundation“ mit Sitz in der Schweiz leiten.
Dr. h. c. Axel Berger
Vorstandsvorsitzender Plan International Deutschland