1963 hatte die frisch gebackene Volksrepublik Sansibar eben erst Kolonialisten und arabische Ausbeuter vor die Tür gesetzt – schon ließ man sich mit den nächsten ausländischen Kräften ein. Mit einer linken Koalitionsregierung an der Spitze erkannte Sansibar als erster Staat Afrikas die damalige DDR an. Zur Belohnung revanchierte sich Ost-Berlin mit einem Neubaugebiet in Plattenbauweise, das bis heute an das historische Stone Town grenzt.
Die in Ost-Deutschland gefertigten Platten-Bauteile wurden per Schiff nach Ost-Afrika transportiert und dort zusammengesetzt. Sogar die für die DDR so bekannten bauchigen Straßenleuchten aus Aluminium mit dem Spitznamen „Träne“ fanden hier Einzug. Nach dem Vorbild der ersten Mustersiedlungen entstanden dann bald weitere Trabantenstädte. Heute sieht man den Hochhäusern schon aus der Ferne an, wie arg sie vom tropischen Klima gebeutelt sind. Trotzdem sind die geräumigen Wohnungen bei Einheimischen sehr beliebt.
Die Versuche, weitere Hochhaussiedlungen zu etablieren, scheiterten. Es gab sogar Pläne, die altehrwürdigen Altstadtgassen einzuebnen und sich damit der feudalen Hinterlassenschaft eines ausbeuterischen Kolonialregimes zu entledigen. So sollte Stone Town weichen, um Platz für eine neue, revolutionäre Hauptstadt zu machen. Doch bald schon ging der Volksrepublik das Geld aus, um weiterzubauen, und Sansibar fusionierte mit dem Festlandstaat Tanganjika zu Tansania – das bewahrte die Suahili-Kultur, die Kultur der Küste, vor der Auslöschung.
Nur wenige Kilometer entfernt findet sich dagegen ein tropisches Urlaubsparadies wie aus dem Werbekatalog. Der Kontrast von Plattenbau und Palmenstrand könnte beim Anblick türkis-blau schimmernder Wasser nicht größer sein: Schneeweißer Sand, dessen Konsistenz an Mehl erinnert und bei Sonneneinfall grell reflektiert. Ein Idyll, das seit den 1970er-Jahren mehr und mehr vom Geheimtipp der Rucksacktouristen zum durchorganisierten Urlaubsdomizil wird.