Indisch essen bei Patenkind Rekha
Seit 1987 bereist Patin Christa Fritze Indien, seit 2006 ist sie Patin bei Plan International. Zusammen mit ihrer Freundin beschließt die Dortmunderin nach langer Überlegung, ihr 14 Jahre altes Patenkind Rekha in Indien zu besuchen. Ihr Weg führt sie in ein kleines Bergdorf im Norden des Landes nahe der nepalesischen Grenze – und wird zu einem kleinen Abenteuer. Lesen Sie nachfolgend den Bericht.
Patenkindbesuch bei Rekha
Nach Ankunft in Delhi geht es weiter nach Haldwani und anschließend nach Gairsain. Dort befindet sich das örtliche Plan-Büro. Meine Freundin Heidi und ich werden vom Leiter der Einrichtung – Herrn Dimitri - herzlich begrüßt und über die Arbeit von Plan im Bezirk Chamolie informiert.
Wie Plan arbeitet
Für Plan steht immer das gesamte Dorf – die Community – und nicht das einzelne Kind im Mittelpunkt. Plan kümmert sich vor allem um landwirtschaftliche und gesundheitliche Belange sowie um Bildung. So ist z. B. der Erwerb von gutem Saatgut und eine gesunde Wasserversorgung ein Anliegen. Der Anstoß kommt dabei von Plan und soll später in Eigenregie weitergeführt werden.
Die Frauen und Mädchen in Rekhas Dorf organisieren sich in Gruppen, sie diskutieren und kämpfen gemeinsam um ihre Rechte. So sammelt die Frauengruppe etwa Geld für eine bessere Versorgung im Krankheitsfall. Die Gruppe entscheidet auch, welches Kind einen eigenen Sponsor erhält. So kommt Neid und Eifersucht kaum auf. Interessant ist auch, dass Plan neben der Schulausbildung eine handwerkliche Ausbildung organisiert, die die Schüler und Schülerinnen bis zu ihrem 18. Lebensjahr erhalten. Sie können z. B. weben, nähen oder schreinern lernen.
Ein kleines Dorf in den Bergen
Am nächsten Morgen geht es los. Wir fahren mit unseren beiden Begleitern mit dem Jeep in drei Stunden zum Dorf, das auf einem Bergrücken ca. 1000 Meter über dem Flusstal liegt. Die letzten 1000 Meter müssen wir zu Fuß laufen, da ein Erdrutsch die Straße zerstört hatte. Wir können den Pfad erkennen, den Rekha täglich zur Schule ins Tal und zurück geht – je eine Stunde hinunter und eine hinauf. Schön aus der Ferne erkennen wir Rekhas Dorf, die vielen weiß verputzten, robust wirkenden Häuser. Die Fenster und Türrahmen sind geschnitzt und in einem leuchtendem blau gestrichen. In den Mulden zwischen den Häusern liegen Felder und Beete mit Reis, Gemüse und Blumen. Alles wirkt sehr gepflegt und freundlich.
„WELCOME“ und Freude im ganzen Dorf
Am Eingang des Dorfes empfängt uns ein festliches Begrüßungskomitee: Zunächst die Dorfoberen, dann in langer Reihe die jüngeren Schulkinder in Schuluniform, an deren Spitze Rekha steht und uns eine selbstgemachte Blumengirlande um den Hals legt. Sie lächelt, als ich ihren Namen ausrufe! Nach dieser herzlichen Begrüßung setzt sich der Zug in Bewegung, vorbei an vielen lachenden und winkenden Dorfbewohnern.
Wir werden zu einem festlich geschmückten Platz geführt. Während für uns Stühle bereitgestellt werden sitzen viele der Dorfbewohner – vor allem Frauen und Kinder - auf der Erde und blicken uns erwartungsvoll an. Es wird Tee und Gebäck gereicht und Rekha überreicht mir ein liebevoll eingepacktes Geschenk. Unser Begleiter Mr. Jagdish hält eine kurze Ansprache und übersetzt meine englische Begrüßung in die Landessprache. Dann werden die von uns mitgebrachten indischen Süßigkeiten an alle Dorfbewohner und die Kinder erhalten Luftballons. Es kommt zu einem regen Austausch mit Fragen und Antworten. Schade, dass ich nicht einige Redewendungen in Hindi gelernt hatte!
Zuhause bei Rekha
Anschließend gehen wir mit Rekha, ihrer Mutter, dem Enkelkind und der älteren Schwester in Rekhas Wohnraum. In einem fünfzehn Quadratmeter großen, niedrigen Raum stehen ein großes Bett für drei Personen, ein kleiner Schrank, ein Tisch, ein Sofa und zwei Sessel. An den weißen Wänden hängen viele Poster von Göttern, Bollywood-Plakate und ein Kalender. Ich beschließe sofort, ihr meinen Kalender von Deutschland für das nächste Jahr zu überreichen.
Geschenkübergabe und gemeinsames Essen
Auch die weiteren Geschenke aus Deutschland und Indien werden freudig begrüßt: Warme Jacken für Rekha, ihre Mutter und ihre drei älteren Schwestern. Für den älteren Bruder gibt es eine Bauchtasche mit Trinkflasche. Rekha freut sich sehr über die neue Schultasche, die Trinkflasche, die Hefte, Stifte, Spiegel und vieles mehr. Mutter und Schwester haben sichtbar Freude am Schmuck, am Nähset und den anderen nützlichen Dingen. Für ihre Klassenkameraden bekommt Rekha noch Süßigkeiten, Stifte und einen Fußball mit Ballpumpe. Dann packe ich Rekhas Geschenk aus. Es ist eine Spieluhr: Eine große prunkvolle Puppe, die sich zur Melodie "Für Elise" damenhaft dreht. Wir zeigen uns gegenseitig Fotos von unseren Familien und der Kontakt zu Rekha wird immer herzlicher. Aus dem sonst eher kritisch und ernst dreinblickenden Mädchen wird ein fröhlicher Teenie. Die Familie hat für uns ein schmackhaftes indisches Mahl zubereitet und zum Abschluss trinken wir einen indischen Chai.
Schwerer Abschied
Schweren Herzens müssen wir das Dorf schon gegen fünfzehn Uhr – nach ca. drei Stunden Besuch – verlassen, um vor der einbrechenden Dunkelheit den gefährlichen Rückweg zu schaffen. Rekha und ihre Schwester begleiten uns bis zum Dorfausgang und winken uns lange nach. Ihr Wunsch: „Bitte komm nächstes Jahr wieder“. Namaste!
Im Gästehaus von Gairsain saßen wir noch lange mit unseren Begleitern Jagdish und Mohan zusammen. Sie beantworteten uns sehr offen und ausführlich unsere Fragen. Das Prinzip von Plan - Hilfe zur Selbsthilfe - wurde uns immer deutlicher.
Persönliches Resümee
Zwar konnten wir aufgrund der kurzen Zeit und der Sprachbarrieren Rekha, ihre Familie und die dörfliche Situation nur flüchtig kennen lernen. Doch der Besuch bei Rekha war für mich und meine Freundin eine sehr berührende und schöne Erfahrung und Begegnung, der herzliche Empfang eine große Ehre. Wir hoffen, dass dies auch von Rekha, der Familie und den Dorfbewohnern so erlebt wurde. Ich wünsche Rekha, dass sie weiterhin mutig für ihre Rechte als Mädchen und Frau in der indischen Gesellschaft eintreten kann und immer mehr Selbstvertrauen und Kraft in die eigenen Fähigkeiten gewinnt. Wenn unsere Begegnung sie darin auf ihrem Weg ein wenig unterstützt hat, ist das Ziel unseres Besuchs erreicht.