Als Lara (19) und Paula (22) im März in New York ankommen, haben die beiden Jugendlichen viel im Gepäck: Sie sind als Vertreterinnen des Jugendbeirats von Plan International Deutschland zur UN-Frauenrechtskommision gereist, um dort ihre wichtigsten Positionen und Forderungen zu teilen. Als Teil der Delegation von Plan International nehmen sie an Veranstaltungen teil, sprechen auf Panels und führen Gespräche mit wichtigen Entscheidungsträger:innen – etwa mit Familienministerin Lisa Paus, der Botschafterin Antje Leendertse und Mitarbeiter:innen aus dem Familienministerium, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Ständigen Vertretung in New York.
Das Ziel ist es, Einfluss auf das gemeinsame Abschlussdokument der UN-Frauenrechtskommission zu nehmen. Dabei konzentriert sich die Plan International-Delegation auf drei Hauptthemen: Die Auswirkung von Armut auf heranwachsende Mädchen, wahrhafte Partizipation und Finanzierung. „Besonders bei der Partizipation ist wie erwartet die Opposition durch konservative Regierungen mit der Gegenbewegung, der sogenannten Anti-Rights-Bewegung, sehr stark“, sagt Lara Biel, Referentin Entwicklungspolitik bei Plan International Deutschland. „Hier sehen wir die Anstrengungen zur Einschränkung von zivilgesellschaftlichen Räumen – der sogenannte Shrinkin Space – und das besonders für Mädchen und junge Frauen.“
Plan International Deutschland organisiert gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium, Help Age Deutschland und UN Women auf der UN-Frauenrechtskommission ein Side Event zum Thema „Altersdiskriminierung und Armut“. Lara und Paula vom Plan-Jugendbeirat stellen dabei in einer Keynote die Facetten von Armut und Altersdiskriminierung dar. Die Aktivistinnen des Plan-Programms „She Leads“ Semaria und Aline schildern zudem ihre Lebensrealitäten und die der anderen Aktivist:innen aus neun verschiedenen Ländern und tragen konkrete Lösungsvorschläge bei. Die Veranstaltung ist beliebt: Mit 235 Anmeldungen haben fast doppelt so viele Personen Interesse gezeigt, wie es Plätze gibt.
„Nach unserem erfolgreichen Side Event haben wir unter anderem an einer Veranstaltung von UN Women teilgenommen, die sich mit dem Thema ‚Generation Equality: Feministische Finanzierung und Rechenschaftspflicht für die wirtschaftliche Gerechtigkeit von Frauen und die Beseitigung von Frauenarmut‘ befasste“, berichten Paula und Lara vom Plan-Jugendbeirat. „Besonders erschreckend war es zu sehen, wie wenig Geld bei jungen, feministischen Organisationen ankommt und wie undurchsichtig viele der Prozesse sind.“
Das diesjährige Schwerpunktthema der UN-Frauenrechtskommission lautet: „Beschleunigung der Gleichstellung der Geschlechter und der Ermächtigung aller Frauen und Mädchen durch die Bekämpfung der Armut und die Stärkung der Institutionen und der Finanzierung unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive“. Für die jugendlichen Teilnehmerinnen der Plan-Delegation ist es besonders bewegend und ermutigend, den Statements der Jugendvertreter:innen der Mitgliedsstaaten zuzuhören und wie sie ihre Gedanken, Erfahrungen und Empfehlungen zum diesjährigen Schwerpunktthema teilen. Vor allem aber auch in den Side-Events werden Themen konkret angegangen. So berichten Lara und Paula: „In einem Event zum Thema Gender-Data-Gap (Geschlechter-Datenlücke, Anm. d. Red.) haben wir gelernt, dass man nur 500 Millionen Dollar bräuchte, um diesen zu schließen, während man ganze 360 Milliarden Dollar braucht, um die Gleichstellung der Geschlechter zu ermöglichen.“ Die Jugendlichen freuen sich in anderen Events darüber, dass etwa in Malawi der gesellschaftliche Druck gegenüber der Regierung, sich für Gleichstellung einzusetzen, hoch ist, oder dass es in Jordanien verpflichtende Frauenquoten bei der Gründung von politischen Parteien gibt und viele Ländern ähnliche Fortschritte machen. „Berührend waren die Berichte von afghanischen Aktivistinnen, die in einem Land leben, in dem es überhaupt keine Rechte für Frauen gibt und der Respekt ihnen gegenüber immer weiter abnimmt“, so die beiden Plan-Jugendbeiratsmitglieder. „Wie soll man aus einer solchen Situation herauskommen, wenn Mädchen und junge Frauen der Zugang zu einfacher Bildung verwehrt wird?“
Lara und Paula nehmen außerdem an interaktiven Events und Workshops zu verschiedenen Themen teil – unter anderem zur politischen Beteiligung von Mädchen, der Finanzierung von Ressourcen für junge Feministinnen und Mechanismen zur Rechenschaftspflicht und Beteiligung von Mädchen. „Wertvoll am intergenerationellen Panel und traurig zugleich war, dass es das einzige Event war, in dem wir uns als Jugendliche auf Augenhöhe mit den Entscheidungsträger:innen befanden und mit ihnen inhaltlich über die Themen der Konferenz diskutieren konnten.“
Gemeinsam mit den „She Leads“-Aktivistinnen von Plan International und den Advocacy-Expert:innen arbeiten Lara und Paula seit der ersten Version des Abschlussdokuments der UN-Frauenrechtskommission etwa vier Wochen vor der Konferenz bis zur letzten Verhandlungsminute daran, ihre Position einzubringen. Dazu arbeiten sie das Dokument immer wieder durch und kommentieren und führen etliche Gespräche mit Entscheidungsträger:innen und den Verhandlerinnen für die deutsche Regierung. Auch die Vernetzung unter den Jugendlichen wie zum Beispiel mit den DGVN-Jugendvertreter:innen ist enorm wichtig. Daher beschäftigen sie sich intensiv mit dem schriftlichen Feedback zur Jugendpartizipation in den Vereinten Nationen, welches beim Youth Forum der Frauenrechtskonferenz von UN Women im Mittelpunkt steht. „Wir sind stolz darauf, an solch bedeutsamen Diskussionen teilzunehmen“, sagen Lara und Paula. „Die Arbeit ist viel und die Tage sind lang, aber man sieht dieses Jahr einmal wieder mehr, dass unser Engagement wichtig ist, um dem immer stärkeren Gegenwind gegen Zivilgesellschaft, Partizipation und Frauenrechte etwas entgegenzusetzen. Trotz der zehrenden Debatten gibt es motivierenden und aufbauenden Austausch mit Gleichgesinnten jeden Alters – das erleichtert die Arbeit.“
Das Abschlussdokument wird – nach einigem Hin und Her – am Ende der Veranstaltung gemeinsam verabschiedet. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen schließt Lara Biel, Referentin Entwicklungspolitik von Plan International Deutschland, die an den Verhandlungen teilgenommen hat: „Die Gefahr von Rückschritten ist groß. Doch wir haben auch kleine Erfolge zu verbuchen, unter anderem ist der Mädchenparagraph sprachlich progressiv und zum ersten Mal wurde anerkannt, dass Investitionen in Mädchen und ihre Rechte dazu beitragen, Diskriminierungskreisläufe zu durchbrechen.“