Das Wetterphänomen El Niño führt derzeit weltweit zu Hitze- und Dürreperioden, etwa in Südeuropa und Ostafrika, sowie Überflutungen in Lateinamerika. Die Hilfsorganisationen, die in Krisenfällen als erste für die Menschen zur Stelle sind, arbeiten dort meistens schon seit Jahren – etwa Plan International.
Wie Gemeinden auf Extremwetterereignisse, Krisen, Katastrophen und ihre Folgen vorbereitet werden und wie im Notfall reagiert wird erklärt Rüdiger Schöch, Experte für humanitäre Hilfe bei der Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland, zum heutigen Welttag der humanitären Hilfe.
Plan Post: El Niño führt aktuell zu Klimaextremen und vielerorts zu Versorgungsengpässen. Die Situation droht sich weiter zu verschärfen. Lassen sich die Menschen vor Ort auf solche Katastrophen vorbereiten?
Rüdiger Schöch: Auf jeden Fall. Es geht darum, Frühwarnsysteme zum Beispiel bei Hurrikans oder Tsunamis zu nutzen und Evakuierungspläne zu entwickeln, sodass jeder genau weiß, was im Notfall zu tun ist. Plan International schult auch Frauen und Kinder intensiv zu diesem Thema und stärkt so ihre Handlungsmöglichkeiten. Das heißt, wenn es infolge von El Niño in Lateinamerika jetzt zu einem schlimmen Hurrikan oder zu einer Überflutung kommt, sind die Plan-Gemeinden besser gerüstet. Das Naturereignis selbst können wir natürlich nicht aufhalten, aber die Folgen für die Menschen können wir abmildern und ihr Leben schützen.
„Das Naturereignis selbst können wir nicht aufhalten, aber die Folgen für die Menschen abmildern und ihr Leben schützen.“
Wie hilft eine Organisation wie Plan International, zum Beispiel nach Erdbeben oder Überflutungen?
Nach einer Katastrophe stellt ein Expertenteam innerhalb von 72 Stunden zunächst fest, wo genau was am dringendsten benötigt wird, und von wem. Denn gerade Mädchen und Frauen sind oft größeren Risiken ausgesetzt und haben andere Bedürfnisse. So sorgen wir beispielsweise für ein Dach über dem Kopf, für sauberes Trinkwasser oder Nahrungsmittel, aber eben auch für psychosoziale Betreuung zur Verarbeitung des Erlebten, oder für Schutz vor sexualisierter Gewalt. Unser oberstes Ziel ist es dabei immer, dass alle Menschen in der akuten Krise in Würde überleben können.
„Wir sorgen für Trinkwasser, Nahrungsmittel, aber auch psychosoziale Betreuung oder Schutz.“
„Da Katastrophen komplexer werden, verzahnen wir akute Hilfe eng mit längerfristiger Entwicklungszusammenarbeit.“
Warum ist Würde in diesem Zusammenhang wichtig?
Natürlich geht es darum, Leben zu retten. Aber wichtig ist eben auch der Umgang mit Traumata, möglichst kontinuierliche Schulbildung für Kinder, um Normalität, Sicherheit sowie Perspektiven für die Zukunft zu sichern, oder die Möglichkeit von heranwachsenden Mädchen, sich angemessen mit Menstruationsprodukten versorgen zu können. Da Katastrophen leider immer komplexer werden, schauen wir als Hilfsorganisation, dass wir akute Hilfe eng mit der längerfristigen Entwicklungszusammenarbeit verzahnen, um eben nicht nur punktuell zu helfen.
Also liegt einer der Schwerpunkte bei der Nothilfe für Kindern?
Prinzipiell schauen wir immer, wer die Hilfe am nötigsten hat. Wir bringen dann unsere Erfahrung in der Arbeit mit Kindern ein, aber auch mit heranwachsenden Mädchen und jungen Frauen, die besondere Bedürfnisse und einen eigenen Umgang mit Schocks haben. Ein sicherer Ort, zum Beispiel ein Betreuungsangebot in improvisierten Zelten oder eine Schule, hilft bei der Verarbeitung schwerer Erfahrungen und schützt Kinder auch davor, zusätzlich Opfer von Missbrauch zu werden, zum Beispiel durch Kinderhandel oder sexualisierte Gewalt.
Die Zahl der Krisen und Katastrophen scheint immer größer zu werden, die Ursachen immer komplexer. 340 Millionen Menschen benötigen aktuell humanitäre Hilfe. Was lässt sich diesem Trend entgegensetzen?
Die Krisen treffen Menschen, die durch Armut, Klimawandel oder politische Konflikte sowieso schon sehr verletzlich sind. Hier sind letztendlich politische Stellen gefragt, Konflikte zu lösen und Notlagen durch bessere Vorbereitung zu reduzieren. Wir von Plan International versuchen aber auch, den Menschen in den aktuellen Krisen Perspektiven zu geben. Das heißt, wir schauen, wie wir Betroffene im Umgang mit Krisen stärken können, wie wir auch Einkommensmöglichkeiten schaffen können, wie wichtige Infrastruktur wieder aufgebaut werden kann, zum Beispiel sanitäre Anlagen oder Schulen, aber auch welche Anbautechniken auch unter dem Einfluss des Klimawandels Nahrungsmittelsicherheit verschaffen können.
„Wir von Plan International versuchen, den Menschen in den aktuellen Krisen Perspektiven zu geben.“
Für die humanitäre Hilfe werden Spenden benötigt. Wie stellt Plan International sicher, dass das Geld auch ankommt?
Es gibt die Möglichkeit, direkt für die betroffenen Menschen in einer bestimmten Krise zu spenden, zum Beispiel mit dem Stichwort „Nothilfe Ukraine“ oder „Nothilfe Sudan-Krise“. Wir haben auch einen Nothilfe-Fonds, mit dem wir sehr schnell und flexibel dort reagieren können, wo die Menschen es am dringendsten brauchen. Egal, wofür Sie spenden: Plan International arbeitet nach den Richtlinien des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI). Das ist eine Stiftung, die soziale und karitative Nichtregierungsorganisationen in Deutschland hinsichtlich der Verwendung eingeworbener Spendengelder überprüft. So stellen wir sicher, dass Ihre Hilfe auch ankommt.