„Ich praktizierte die Beschneidung 17 Jahre lang. In unserer Gemeinde waren wir daran gewöhnt. Es gilt als ein Zeichen der Keuschheit und Schönheit“, sagt Nagah. Sie erklärt, dass die Mädchen durch die Beschneidung in die Gemeinde integriert werden. Die häufigste Prozedur war die Typ II* Beschneidung (die Weltgesundheitsorganisation unterscheidet vier Typen von FGM/C – weitere Infos dazu gibt es hier). Bei Typ II werden die Klitoris und die Vorhaut mit einem Teil der kleinen Schamlippen oder auch den gesamten Schamlippen entfernt.
Nach einer Beschneidung, die dazu führte, dass eines der Mädchen besonders stark blutete, begann Nagah, die Praxis in Frage zu stellen. „In den ersten Aufklärungsveranstaltungen, die ich besuchte, lernte ich, dass FGM gefährlich ist. Ich nahm immer häufiger an Sitzungen und Vorträgen des Gesundheitsministeriums teil und erkannte, dass meine früheren Überzeugungen nicht stimmten“, erinnert sie sich.
Sie entschied sich, keine Beschneidungen mehr durchzuführen. „Es gilt als das erste Trauma in dem Leben eines Mädchen“, sagt sie. „Sie fühlen sich gedemütigt.“
„Es liegt an fehlender Bildung, Unwissenheit und Armut, dass Mädchen noch immer beschnitten werden.“
Mehr als 100 Millionen Mädchen wurden dieser Form geschlechtsspezifischer Gewalt in Afrika und im Nahen Osten unterworfen. Nagah rät jetzt Familien, ihre Töchter dieser riskanten Praxis nicht auszusetzen. „Es sind veraltete Traditionen, falsche Gewohnheiten und Verhaltensweisen“, erklärt sie. „Es liegt an fehlender Bildung, Unwissenheit und Armut, dass Mädchen noch immer beschnitten werden. Wir müssen offen sein, Bewusstsein schaffen und FGM abschaffen.“
Nagah warnt die Praktizierenden – auch Hebammen und Ärzte – davor, diese gefährliche Praxis durchzuführen. „Wir stellen die schrecklichen Traumata unserer Mädchen durch diese Praxis fest. Sie werden sich niemals stabil fühlen und ihren Schmerz nie vergessen.“