Mary war 14 Jahre alt, als ihr klar wurde, dass sie sich zu Mädchen hingezogen fühlt und nicht zu Jungen. Sie hatte zuvor noch nie eine queere Person getroffen und wagte es nicht, die Computer der Schule zu benutzen, um nachzuschlagen, ob es sich bei ihren Gefühlen um eine Krankheit handele und, wenn es so sein sollte, wie sie geheilt werden könne.
Mary hatte nie mit einem Mädchen geflirtet, geschweige denn eines geküsst, sondern sich sehr bemüht, ihre Sexualität zu verheimlichen. Trotzdem wurde ihre Mutter zu einem Gespräch in die Schule eingeladen, in dem der Direktor ihr sagte, dass mehrere Schüler:innen Mary vorwarfen, lesbisch zu sein – in Kenia eine schwerwiegender Vorwurf, da Homosexualität dort verboten ist und mit Gefängnis bestraft wird. Mary stritt die Vorwürfe ab.
Als 18-Jährige tat sie so, als hätte sie einen Freund. Sie machten Selfies und Mary postete sie auf Social Media, damit alle sie sehen konnten. Heute ist Mary 23. Ihre Mutter und ihre Brüder wissen bis heute nichts von ihrer Sexualität, mit ihrem Vater hat sie keinen Kontakt mehr.
„Ich will wählen dürfen, wen ich liebe.“
„Ich habe viel Zeit damit verbracht, mich selbst davon zu überzeugen, dass mit mir nichts falsch ist“, sagt Mary. „Es ist nichts, was ich mir ausgesucht habe. Aber es ist schwer daran zu glauben, dass ich genauso viel wert bin, wie alle anderen, wenn alle sagen, es sei unnatürlich, queer zu sein.“
„Ich will wählen dürfen, wen ich liebe“, sagt Mary. Als Aktivistin und Feministin setzt sie sich für die Rechte von Frauen und Mädchen ein. „Wir müssen gemeinsam einen Punkt erreichen, an dem jede und jeder respektiert, dass Menschenrechte für alle gelten – auch für Mädchen, Frauen und queere Menschen.“