Huong Hoa erscheint auf den ersten Blick wie ein grüner Garten. Es ist eine Region, in der Maniok, Kaffee und Pfeffer gedeihen. Doch die pittoresken Hügelketten im Grenzgebiet zum Nachbarland Laos waren vor 50 Jahren Schauplatz des blutigen Vietnamkriegs und die gesamte Provinz Quang Tri, in der sie liegen, viele Jahre lang eine verwüstete Region voller Munitionsschrott.
Das ist lange her, aber dennoch keine ideale Voraussetzung dafür, um Kinder geschützt und gesund großzuziehen – auch und gerade bei den hier lebenden ethnischen Minderheiten der Bru Van Kieu.
Eine von ihnen ist die junge Mutter Hang. Sie lebt mit ihrem Sohn in einem der kleinen Dörfer von Huong Hoa. In dieser ländlichen Gegend Vietnams brechen Mädchen oft frühzeitig die Schule ab, um ihre Familien durch Feldarbeit zu unterstützen. Außerdem ist Frühverheiratung verbreitet und viele der jungen Bräute bekommen kurz nach ihrer Hochzeit auch schon ihr erstes Kind – der Kreislauf der Armut schließt sich erneut. Denn meistens arbeiten die jungen Mütter kurz nach der Geburt sofort wieder auf den Feldern. Sie überlassen ihren Nachwuchs in der Regel den Schwiegermüttern. Dadurch entwickeln sie nicht die für die Kindererziehung erforderlichen Fähigkeiten und verlassen sich eher auf ihren Instinkt als auf praktische Kenntnisse.
Früh morgens um neun geht das Training los. Hang und ihre Freundin A Nhem sind neugierig auf die Sitzung. Beide sind in jungen Jahren Mutter geworden, hatten aber noch nicht wirklich praktische Erfahrungen mit der Erziehung und Betreuung von Kindern. Einiges von dem, was heute besprochen wird, ist komplett neu für die beiden. „Ich habe so gut wie keine Kenntnisse von Kindererziehung“, sagt A Nhem. „Heute wurde mir zum Beispiel beigebracht, wie wir nahrhaftes Essen für Kinder kochen können – das werde ich beherzigen.“
„Mir wurde beigebracht, wie wir nahrhaftes Essen für Kinder kochen können.“
Ohne die Unterstützung ihres Mannes besteht auch A Nhems Einkommen aus dem Anbau von Maniok und Fischfang. „Damit verdienen wir etwa 75 US-Dollar im Monat“, sagt sie und erwähnt, dass sie zwar einen Fernseher zu Hause habe, aber nur selten schaue.
Das Projekt „Gendersensible Elternschaft“ zur Förderung der frühkindlichen Entwicklung wird von Plan International in zwei Bezirken der Provinz Quang Tri durchgeführt. Ziel ist es, Eltern von Kindern unter zehn Jahren dabei zu unterstützen, neue Fähigkeiten zu erlernen, damit sie die Entwicklung ihrer Töchter und Söhne sowohl körperlich als auch geistig fördern können. Den jungen Eltern werden beispielsweise Tipps zur Vorbeugung von Unterernährung durch die Auswahl gesunder Nahrungsmittel gegeben. Hinzu kommen Maßnahmen zur Verringerung von Unfall- und Verletzungsrisiken für Kinder, einschließlich Erste-Hilfe-Kenntnissen sowie das Erlernen der Pflege kranker Kinder und der Vorbeugung von Kinderkrankheiten.
Das Projekt ermutigt auch die Männer, sich stärker an der Erziehung ihrer Kinder zu beteiligen und fördert einen gleichberechtigten Erziehungsansatz. „Wenn mein Mann nach Hause kommt, werde ich ihn bitten, mitzumachen“, sagt Hang. „Die Projektmitarbeiterin sagte mir, dass es für Ehemänner besser ist, sich an der Erziehung ihres Nachwuchses zu beteiligen. Ich hoffe, dass das Leben meiner Kinder weniger schwierig sein wird als unseres.“
Marc Tornow hat Südostasien-Wissenschaften studiert und Vietnam mehrfach besucht. Die Geschichte von Hang und A Nhem wurde mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.