
Empowerment durch Selbstbestimmung
Im Amazonasgebiet Perus, wo das sattgrüne Blätterdach kontrastreich mit dem klaren Blau des Himmels spielt, breitet sich der dichte Regenwald weit aus. Der Duft von feuchtem, erdigem Waldboden liegt in der Luft, während das Rauschen der Flüsse und das Summen der Insekten die Geräuschkulisse bestimmen. Die Region Loreto ist reich an unberührter Natur, doch gleichzeitig kämpfen dort etwa eine Million Menschen mit Armut, unzureichender Infrastruktur und begrenzten Arbeitsmöglichkeiten. Die Pandemiejahre haben diese Herausforderungen verschärft.
Auch für Joyci war diese Zeit ein dramatischer Wendepunkt. Mit 24 Jahren und einer kleinen Tochter musste sie, wie so viele andere, ihre Existenzgrundlage völlig neu denken, als ihre Arbeit wegbrach und die Wirtschaft stillstand. „Meine Tochter und ich waren allein zu Hause, ohne zu wissen, was wir tun sollten“, erzählt die junge Mutter. „Als die Pandemie begann, stoppte alles. Es gab keine Möglichkeit, Arbeit zu finden.



Die 17-jährige Schülerin Rosa aus San Juan Bautista sah sich während der Pandemie ebenfalls mit akuter Perspektivlosigkeit konfrontiert. „Ich habe nicht viel über meine Zukunft nachgedacht, sondern nur über den nächsten Tag“, erklärt sie.
Inmitten dieser schweren Zeit bot das Projekt „Emprendamos Ya!“ („Lasst uns anfangen“) die entscheidende Hilfe. Es eröffnete Joyci und Rosa die Möglichkeit, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und stattete sie mit den Ressourcen und Fähigkeiten aus, die Herausforderungen der Pandemie als Chance für Veränderungen zu nutzen.
Ein Hoffnungsschimmer für junge Frauen
Plan International hat das Projekt ins Leben gerufen, um jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren in der Region Loreto wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen. Damit will die Kinderrechtsorganisation ihnen den Zugang zu Arbeitsplätzen erleichtern und ihre finanzielle Situation verbessern. Vor allem Frauen, die wie Joyci und Rosa mit Armut, Perspektivlosigkeit und unsicheren Arbeitsverhältnissen kämpfen, kommt die Projektarbeit zugute.
„Ich habe von dem Projekt erfahren, weil meine Tochter durch eine Patenschaft von Plan International unterstützt wird“, erklärt Joyci.
„Ich wollte schon immer ein eigenes Geschäft gründen, aber mir fehlte das nötige Kapital und Wissen.“
Praktische Tipps für wirtschaftlichen Erfolg
„Emprendamos Ya!“ bietet den Teilnehmer:innen umfassende Workshops, die sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Fähigkeiten vermittelten. Für Joyci haben diese Kurse vor allem neue Erkenntnisse in puncto unternehmerisches Know-how und finanzielle Verwaltung gebracht.
„Vor den Schulungen wusste ich nicht, wie ich mein Einkommen im Blick behalten sollte“, sagt Joyci. „Jetzt schreibe ich jeden Cent, den ich verdiene, auf." Besonders das Thema Ressourcenmanagement war für sie ein Schlüsselfaktor. Sie lernte, wie sie ihr Geld effizient verwalten konnte, indem sie Methoden wie die „Flow-Box“ anwendete, ein einfaches, aber effektives Tool zur Einnahmen- und Ausgabenplanung.
Rosa ergänzt: „Ich habe gelernt, wie man ein Unternehmen führt, wie man sich ausdrückt und wie man Ideen in die Tat umsetzt.“ Inzwischen blickt die 17-Jährige nicht mehr nun passiv auf ihre Lebensumstände, sondern sucht aktiv nach Wegen um sie zum Positiven zu verändern. „Die Workshops gaben mir das Gefühl, dass ich mehr tun kann, als nur zuzusehen“, sagt Rosa begeistert.


Joycis kulinarische Mission und Rosas Unternehmerinnengeist
Nach den Workshops war Joyci bereit, ihre Geschäftsidee umzusetzen. „Meine Idee war, Speisen aus lokalen Produkten zu verkaufen“, erklärt sie. Das Startkapital, das sie von Plan International erhalten hatte, half ihr, die notwendigen Materialien für ihren Betrieb zu kaufen.
„Ich wollte keine Zeit verlieren und sofort mit dem Verkauf beginnen“, sagt Joyci voller Elan. Zunächst begann sie damit, traditionelle peruanische Gerichte wie Sangrecita anzubieten – ein nahrhaftes Gericht aus tierischem Blut, Zwiebeln, Gewürzen und Reis oder Kartoffeln, das oft zu Fleisch oder Innereien serviert wird und sich durch seine tiefrote Farbe und den würzigen Geschmack auszeichnet. Mit ihrer Idee schlägt die junge Mutter gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie sichert sich und ihrer Tochter ein geregeltes Einkommen und schafft mit ihren gesunden Zutaten zugleich eine Lösung für schlechte Ernährung in ihrer Heimatgemeinde.
Rosa verfolgt ebenfalls eine einfache, aber vielversprechende Idee, die nicht nur ihr Einkommen sichert, sondern auch ihrer Familie zugutekommen soll. „Ich möchte Erdbeeren mit Sahne verkaufen. Es klingt einfach, aber ich glaube, dass es in meiner Gemeinde sehr gut ankommen wird“, erklärt sie. Mit dem Startkapital aus dem Projekt möchte Rosa einen Verkaufswagen erwerben, um ihren Traum zu verwirklichen.

Joyci hat klare Vorstellungen darüber, wie sie ihr Geschäft in Zukunft ausbauen will. Ihr Traum ist es, einen eigenen Laden in ihrer Gemeinde zu eröffnen, der nicht nur gesunde Produkte aus der Region verkauft, sondern mit dem sie sich gleichzeitig für den Umweltschutz einsetzen kann, indem sie biologisch abbaubare Materialien verwendet.
„Ich möchte, dass mein Geschäft wächst, dass mich mehr Leute kennenlernen und vor allem, dass meine Familie eine bessere Lebensqualität hat“, sagt sie. Joyci hofft, dass sie in Zukunft nicht nur ihre Familie unterstützen kann, sondern auch anderen jungen Frauen und Jugendlichen in ihrer Gemeinde Arbeitsmöglichkeiten bieten wird.
Auch Rosa hat große Pläne für die Zukunft. „Ich sehe mich in fünf Jahren als eine erfolgreiche Unternehmerin. Ich möchte viele Erdbeerstände in meiner Region haben und gleichzeitig meine Ausbildung weiter fortsetzen. Mein Ziel ist es, meiner Familie zu helfen und ein Unternehmen aufzubauen, das auch der Gemeinde zugutekommt“, erklärt sie. Rosa hat das Gefühl, dass ihr Weg gerade erst begonnen hat, und ist entschlossen, trotz der Herausforderungen weiterzukämpfen.
„Ich weiß, dass es nicht einfach wird, aber ich bin bereit, alles zu geben.“
Eine Chance, die Leben verändern kann
Das Projekt „Emprendamos Ya!“ hat in Loreto bereits zahlreichen jungen Menschen dabei geholfen, ihre Träume zu verwirklichen und sich eine vielversprechende Zukunft aufzubauen. Joyci selbst sagt: „Die Botschaft, die ich anderen jungen Menschen, egal ob männlich oder weiblich, mitgeben möchte: Gelegenheiten, die dir etwas bieten, solltest du ergreifen und dein ganzes Herzblut hineinstecken.“ Rosa fügt hinzu: „Für mich war das Projekt ein Wendepunkt. Ich habe gelernt, dass es nicht nur um mich geht, sondern um die Möglichkeit, anderen zu helfen.“
Die Geschichte von Joyci und Rosa wurde mit Material aus dem peruanischen Plan-Büro aufgeschrieben.
