Gegen alle Widerstände: Nein zur Frühverheiratung

Foto: Plan International

Flucht, Armut und der Druck, in eine arrangierte Ehe einzuwilligen – Realität für die 15-jährige Fanta aus Nigeria. Ihre Geschichte handelt von Mut und Entschlossenheit in einer Situation, die für viele unvorstellbar ist.

Vor vier Jahren mussten sie fliehen. Bewaffnete Gruppen zwangen Fanta und ihre Familie dazu, ihre Heimat Nigeria zu verlassen und Schutz im Nachbarland Niger zu suchen. Seither leben sie in schwierigen Verhältnissen.

In Niger halten sich aktuell schätzungsweise 700.000 schutzsuchende Menschen auf, viele kommen aus Nigeria, Mali und Burkina Faso. Besonders im Süden des Landes ist die Lage prekär. Zugang zu Schulbildung und Gesundheitsversorgung ist kaum vorhanden und die Lebensumstände vieler Familien fatal. 

Drei provisorische Hütten aus Stroh und Planen
In Niger leben geflüchtete Menschen in Unterkünften aus Stroh und Planen Plan International

Niger hat eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten weltweit und etwa 48 Prozent aller Kinder im Land leben unterhalb der Armutsgrenze. Akute und chronische Mangelernährung sowie ungenügender Zugang zu sicherem Trinkwasser sind an der Tagesordnung. Auch Fantas Familie leidet unter diesen schwierigen Bedingungen.

Als ein Mann Fantas Vater Geld anbietet, um seine 15-jährige Tochter zu heiraten, stimmt dieser zu – der Mann ist über vierzig Jahre alt.   

„Ich bin nicht bereit, zu heiraten!“

Fanta (15), wehrt sich dagegen, verheiratet zu werden

„Als ich von der arrangierten Hochzeit erfuhr, war ich am Boden zerstört“, erzählt Fanta. „Ich weinte und sagte meiner Mutter, dass ich nicht heiraten möchte. Ich wollte weiter als Pfannkuchen-Verkäuferin arbeiten und Nähen lernen, um Modedesignerin zu werden. Ich hatte mich bereits für den Nähkurs eingeschrieben. Ich bin nicht bereit, zu heiraten!“

Viele Mädchen in der Region erleben ähnliche Situationen: Niger hat die höchste Rate an Kinderehen weltweit – 76 Prozent der Mädchen werden vor dem 18. Lebensjahr verheiratet und 28 Prozent, bevor sie 15 sind. 

Fanta umarmt ihre Mutter und beide lächeln in die Kamera
Fantas Mutter ist stolz auf ihre mutige Tochter Plan International

Entschlossen gegen die Frühverheiratung

Trotz des massiven Drängens ihres Vaters weigert sich Fanta, zu heiraten. Entschlossen, ihren eigenen Weg zu gehen, verfolgt sie ihren Traum: Pfannkuchen verkaufen, Nähen lernen und schließlich Modedesignerin werden. Fantas Mutter, inspiriert vom Mut ihrer Tochter, steht ihr zur Seite und unterstützt sie nach Kräften. 

„Ich flehte meinen Vater an, aber er weigerte sich vehement.“

Fanta (15), soll mit einem 40-jährigen Mann verheiratet werden

„Die Situation war so kompliziert, dass meine Mutter das Haus wochenlang verlassen musste. Ich flehte meinen Vater an, aber er weigerte sich vehement.“ Der Druck auf Fanta wird unerträglich. Verzweifelt denkt sie sogar daran, ihr Leben zu beenden, doch eine aufmerksame Nachbarin greift ein. „Unsere Nachbarin brachte mich zu einer Freiwilligen des Plan-Projekts, die uns an Mitglieder des Schutzkomitees im Dorf verwies.“

Mithilfe des Schutzkomitees findet eine Vermittlung zwischen Fanta und ihrem Vater statt und schließlich stimmt er zu, die Hochzeit seiner Tochter abzusagen. Doch es gibt noch einen letzten Schritt: die Rückgabe des Brautpreises. Eine Aufgabe, die angesichts der prekären finanziellen Lage der Familie unmöglich scheint.

Ein junges Mädchen geht in einen dunklen Hauseingang
Viele Mädchen sterben durch zu frühe Schwangerschaften und Geburten infolge einer Frühverheiratung Plan International

Mutig in die Zukunft

„Der Mann erklärte sich bereit, mich in Ruhe zu lassen, unter der Bedingung, dass wir ihm sein Geld zurückzahlen“, erklärt Fanta. Plan International unterstützt Fanta auch finanziell dabei, der Situation zu entkommen und sich langfristig unabhängig zu machen. „Ich zahlte dem Mann sein Geld zurück und investierte den Rest in eine Nähmaschine."

Die Unterstützung, die Fanta erhält, ist Teil eines Schutzprojekts von Plan International in Niger. Es zielt darauf ab, Kindern und jungen Menschen, die von der komplexen humanitären Krise in den Regionen Diffa und Tillabéri betroffen sind, Zugang zu inklusiver, qualitativ hochwertiger Bildung und Erwerbsmöglichkeiten zu ermöglichen.

Eine junge Schneiderin nimmt Maß an einer Kundin
Die Ausbildung zur Schneiderin bietet gute Perspektiven *Dieses Foto zeigt andere Programmteilnehmerinnen in Niger Plan International / Fabien Akakpo
Eine Projektteilnehmerin freut sitzt an ihrer Nähmaschine und arbeitet
Durch Startkapital und Schulungen können junge Menschen, wie dieses Mädchen hier, in Niger langfristig ein gesichertes Einkommen aufbauen *Dieses Foto zeigt andere Programmteilnehmerinnen in Niger Plan International / Ayouba Sandagou

„Eine Ehe sollte auf gegenseitigem Einvernehmen beruhen.“

Fanta (15), konnte der Frühheirat entkommen
Fanta lächelt und reckt entschlossen einen Arm in die Luft
Fanta ist ein starkes Vorbild für andere Mädchen in ihrer Gemeinde Plan International

Fantas Überzeugung ermutigt anderen Mädchen in ihrer Gemeinde, ihrem Beispiel zu folgen. „Eine Ehe sollte auf gegenseitigem Einvernehmen beruhen. Ich habe von den Folgen gehört, wenn Mädchen heiraten, bevor sie erwachsen sind. Es gibt heute viele Mädchen, die leiden, und ich sage den Eltern, sie sollten ihre Töchter schützen, indem sie sie nicht verheiraten.“

Engagement in Niger

Die humanitäre Lage in Niger bleibt besorgniserregend. Besonders stark betroffen sind dabei die Regionen Diffa und Tillabéri. Oftmals fehlt es den Familien an den notwendigen Mitteln, um alle Angehörigen ausreichend zu versorgen – geschweige denn, die Schulgebühren für ihre Kinder aufzubringen und ihnen durch Bildung bessere Zukunftsaussichten zu ermöglichen. In Niger ist Armut ein Hauptgrund für die frühe Verheiratung von Mädchen. Durch eine Heirat erhoffen sich viele Familien eine Verbesserung ihrer Lebenssituation, für ihre Töchter und auch für sich selbst. In einigen westafrikanischen Ländern übergibt der Bräutigam einen Geldbetrag, oder andere wertvolle Güter wie Vieh oder Land, an die Familie der Braut. Zusätzlich spielen tief verwurzelte Traditionen eine wesentliche Rolle bei der Praxis von Frühverheiratung.

Seit über 20 Jahren ist Plan International in Niger aktiv. Im Jahr 2023 wurden mehr als 25.600 Patenkindern und deren Familien erreicht. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der kindorientierten Gemeindeentwicklung – das bedeutet Mädchen und Jungen, ihre Familien, lokale Gruppen und Initiativen, sowie Mitglieder der lokalen Regierung sind an der Planung und Durchführung von Programmen und Projekten beteiligt, um ihre eigene Entwicklung voranzubringen.

Bei der Projektarbeit in Niger nehmen mehrere Schwerpunkte eine wesentliche Rolle ein: Neben der Förderung von Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten sowie der gesundheitlichen Unterstützung, etwa durch Impfaktionen, Maßnahmen gegen Mangelernährung und die Vermittlung grundlegender Gesundheitskenntnisse, engagieren sich die Projektbeteiligten intensiv gegen Kinderehen. Dafür arbeitet Plan International gezielt mit religiösen Führungspersonen und Gemeindeverantwortlichen zusammen, um die Aufklärung über gesundheitliche und soziale Risiken dieser Praxis für alle zugänglich zu machen.

Der Artikel wurde mit Material aus dem nigrischen Plan-Büro erstellt.

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