Als der heute neunjährige Esdras zur Welt kam, fiel zwar auf, dass er anders war, als andere Babys. Doch weil eine medizinische Versorgung in Guatemala sehr teuer ist, war lange unklar, was er wirklich hat. „Für mich war es schwierig, weil ich ihn nicht verstand. Er weinte nicht und machte nur Geräusche. Ich wusste nicht, was ihm fehlte“, erinnert sich Eunice, seine Schwester. Obwohl sie erst acht Jahre alt war, musste sie sich nach der Geburt um Esdras kümmern, weil ihre Mutter zu krank und zu schwach dafür war. Deshalb konnte sie auch nicht mehr zur Schule gehen.
Erst als eine kostenlose mobile medizinische Klinik in die Gemeinde kam, wurde festgestellt, dass Esdras gehörlos ist. Da war er schon zwei Jahre alt. „Wir kommunizierten nur, indem wir auf Dinge zeigten. Wir hatten unsere eigene Art, uns zu verstehen, weil ich ihn sehr gut kenne“, sagt Eunice.
„Wir kommunizierten nur, indem wir auf Dinge zeigten. Wir hatten unsere eigene Art, uns zu verstehen, weil ich ihn sehr gut kenne.“
Kinder mit Behinderungen werden in vielen Ländern der Welt häufig ausgegrenzt und bekommen nicht die Hilfe, die sie benötigen. Ein wichtiger Ansatz in der Arbeit von Plan International ist die Inklusion – von benachteiligten Bevölkerungsgruppen ebenso wie von Kindern mit Behinderungen. Plan führt dazu verschiedene Projekte durch, damit Kinder mit Behinderungen unterstützt und besser in ihre Gemeinden integriert werden.
So startete Plan International vor sechs Jahren auch in Guatemala auf Gemeindeebene ein Projekt für die Integration und Fürsorge von Kindern mit Handicaps in Zusammenarbeit mit dem „Verband für Ausbildung und technische Unterstützung für Bildung und Behinderung“. Dabei werden die Menschen über Behinderungen aufgeklärt und Familien lernen, wie sie sich am besten um ihre Kinder kümmern und sie fördern können. Das Projekt umfasst auch eine Schule, die Kinder mit Behinderungen in ihre Klassen aufnimmt und integriert, und Rehabilitationszentren, in denen unter anderem Physiotherapeuten angestellt sind, die Kindern mit Behinderungen helfen.
Eine weitere Strategie des Projektes ist es, mit lokalen Behörden zusammenzuarbeiten, um mehr Finanzierung für die Versorgung von Menschen mit Behinderungen zu erhalten. In dem Verwaltungsbezirk Jalapa wurden auch drei städtische Ämter eingerichtet, die die Rechte von Menschen mit Behinderungen fördern und den Gemeinden Unterstützung und Beratung anbieten.
Mittlerweile profitieren mehr als 500 Kinder mit Handicap in den 40 Gemeinden von Jalapa von dem erfolgreichen Projekt: Durch Aufklärungsarbeit wurden viele Vorurteile und Barrieren in den Köpfen abgebaut, wodurch sie jetzt besser in Familie, Schule und Gemeindeleben integriert werden.
Auch Esdras’ Leben hat sich dadurch verbessert: In seiner Gemeinde wurde Anfang 2018 ein Rehabilitationszentrum eröffnet. Hier lernt er gemeinsam mit seiner Schwester Gebärdensprache, damit sie besser miteinander kommunizieren können. Dadurch kann Esdras jetzt auch zur Schule gehen – genauso wie Eunice. Sie besucht jetzt die sechste Klasse der Grundschule, wo sie zwar die älteste, aber sehr glücklich darüber ist, wieder lernen zu können.
Ein ähnliches Projekt von Plan International fördert sichere und inklusive Schulen in Nepal. Dieses Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, dass alle Kinder, mit und ohne Behinderung, Zugang zu Bildung bekommen.