Shompas Kampf gegen Kinderheirat

Foto: Anika Büssemeier

Kinderehen sind voller Risiken. Um sich davor zu schützen, nehmen betroffene Mädchen die Dinge selbst in die Hand, zum Beispiel in Bangladeschs Norden.

Unweit des mächtigen Flusses Brahmaputra im Norden von Bangladesch ist Shompa zu einer Hoffnungsträgerin für Mädchen und junge Frauen geworden. Als Mitglied eines von Plan International ins Leben gerufenen Jugendforums engagiert sich die 21-Jährige gegen Frühverheiratung in ihrer Gemeinde. Bisher hat sie es geschafft, fünf Kinderehen und ihre eigene Hochzeit zu verhindern.

Ein junges Mädchen mit rotem Kleid steht in einem Reisfeld
Plan-Aktivistin Shompa (21) Plan International
Zwei Frauen stehen in einem Reisfeld in Bangladesch
Nach UN-Angaben werden rund 50 Prozent der bangladeschischen Frauen verheiratet, bevor sie 18 Jahre alt sind Anika Büssemeier

Das Unglück einer erzwungenen Ehe

Nachdem Shompa 2017 die Prüfungen für die Sekundarschule bestanden hatte, wollte ihre Familie, dass die damals erst 16-Jährige heiraten sollte. Trotz ihres Widerspruchs weigerten Shompas Eltern sich, die Argumente gegen eine so frühe Eheschließung anzuhören – und die Vorbereitungen für eine Hochzeit wurden fortgesetzt. Ein wahrer Alptraum für das Kind, denn Shompa war sich der negativen Folgen einer frühen Heirat sehr wohl bewusst.

Die junge Frau engagierte sich zu diesem Zeitpunkt im Plan-Jugendforum – und wusste dadurch, welche Folgen ein solcher Schritt für sie bedeuten würde. Kinderehen minimieren die Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben der betroffenen Minderjährigen. Wenn außerdem Kinder Kinder kriegen, ist dies sowohl für die werdende Mutter als auch das Ungeborene eine gesundheitliche Gefahr. Eine Kinderehe verlängert den Kreislauf der Armut, und daher weigerte sich Shompa standhaft, einen solchen Schicksalsschlag hinzunehmen.

Personen und Gütertransport im Norden von Bangladesch
Personen- und Gütertransport im Norden von Bangladesch Anika Büssemeier
Zwei junge Mädchen sitzen auf einer Matte
Shompa (links) hilft Mädchen, die von einer Kinderheirat bedroht sind, beim Lernen Plan International

Bildung als Schlüssel aus der Armut

Diese Beharrlichkeit bewährte sich schließlich doch. Irgendwann war es dem Mädchen gelungen, ihre Familie zu überzeugen. Denn ihr Vater stammt selbst aus einer einkommensschwachen Familie und arbeitet für geringen Lohn in einem Restaurant. Die Hochzeit wurde abgesagt und Shompa durfte ihre schulische Ausbildung fortsetzen.

Seitdem hat sie fünf weitere Mädchen aus besonders armen Familien davor bewahrt, gegen ihren Willen verheiratet zu werden. Für zwei von ihnen gibt sie zu Hause kostenlosen Unterricht, damit sie sowie deren Eltern den Wert von Bildung erfassen. Shompa hält außerdem den Kontakt zu den Familien ihrer „Schützlinge“, um sicherzustellen, dass diese keine neuen Pläne für die Verheiratung der Mädchen schmieden.

„Ich überzeuge Familien davon, ihre Töchter nicht zu früh zu verheiraten.“

Shompa (21), Studentin und Plan-Aktivistin in Bangladesch

„Ich besuche die Haushalte, erzähle den Familien mein eigenes Schicksal und überzeuge sie so davon, ihre Töchter nicht zu früh zu verheiraten. Dabei versichere ich den Eltern, dass ich ihre Töchter kostenlos unterrichten werde – bevor diese sonst gar nichts mehr lernen“, erklärt Shompa.

Bei Anruf geschütztes Aufwachsen

Mit Unterstützung des Plan-Projekts „Building Better Futures for Girls“ („Baut eine bessere Zukunft für Mädchen“) identifiziert Shompa jene Mädchen, die von einer Kinderheirat bedroht sind. Sie unterstützt diese Familien dabei, Stipendien für die Mädchen zu beantragen, damit auch für arme Familien die Kosten für eine Ausbildung ihrer Töchter gedeckt werden. „Ich habe dank Shompa eine finanzielle Unterstützung erhalten und werde sie verwenden, um die Anmeldegebühr für das Examen meiner Enkelin zu bezahlen“, sagt die Großmutter von Ratna, eines der Mädchen, das von Kinderheirat bedroht war.

Ein vom Sonnenlicht durchflutetes Dorf im Norden von Bangladesch mitten im Wald
Auch von diesem Dorf im Norden von Bangladesch aus können die Kinder die Hotline gegen Gewalt und Kinderehen anrufen Anika Büssemeier

Shompa wird derweil nicht müde, die Nachbarschaft über die gesetzliche Regelung der Eheschließung in Bangladesch zu informieren. Eine Kinderheirat ist aus gutem Grund auch in dem südasiatischen Land verboten. „Ich weise die Leute auf die nationale Telefon-Hotline 109 hin, die von der Regierung eingerichtet wurde, um Unterstützung bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und der Verhinderung von Kinderheiraten zu erhalten“, sagt Shompa. Sie studiert inzwischen an einem College und ihr Fahrrad ist ein ständiger Begleiter auf dem Weg zwischen Studium und Gemeindearbeit.

Marc Tornow hat Bangladesch mehrfach bereist und die Geschichte von Shompa mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.

Der Mädchen-Fonds

Unser Mädchen-Fonds leistet einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung von Benachteiligung, Armut und Gewalt. Mit Ihrer Spende können wir zum Beispiel Projekte zum Schutz vor sexueller Gewalt und Ausbeutung, zur Einkommenssicherung sowie für gleichberechtigte, gesellschaftliche Teilhabe und Zugang zur Schulbildung umsetzen, damit Mädchen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten.

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