Expertise, Wissen und Erfahrungen austauschen – das funktioniert bei Plan International unter anderem über einen Perspektivwechsel, etwa im Rahmen von Hospitanzen. Mit dem Austausch von Fachleuten zwischen Projekten und Regionen informieren sich ausgewählte Teammitglieder vor Ort über erfolgreiche Praktiken, Maßnahmen und Fortschritte. Das bereichert beiderseitig die langfristige Arbeit von Plan International und fördert nachhaltige Ergebnisse.
Kim Kira Schmelzer, Referentin Projektservice bei der Stiftung Hilfe mit Plan in Hamburg, besuchte im Frühjahr 2023 das Plan-Büro in Malawi. Im Plan Post-Interview berichtet sie von ihren Erfahrungen in dem Land im südlichen Afrika, mit denen sie auch ihre Kompetenzen für den berufsbegleitenden Studiengang „Nonprofit-Management and Governance“ erweitert hat.
Plan Post: Ein zweimonatiger Aufenthalt im südlichen Afrika ist eine besondere Erfahrung. Was nimmst du für dich persönlich von dort mit?
Kim Kira Schmelzer: Während meines Aufenthaltes in Malawi konnte ich die vielfältigen Arbeitsbereiche eines Länderbüros kennenlernen, ein wirklich besonderer Einblick! Man versteht, welche besonderen Herausforderungen etwa nach einer Naturkatastrophe wie dem Wirbelsturm „Freddy“ im März 2023 zu bewältigen sind.
Aber auch schon vor der letzten Naturkatastrophe standen die Anpassung an den Klimawandel auf dem Programm, beispielsweise bei dem Projekt „Kinder vor der Klimakrise schützen“. Im regelmäßigen Austausch wird dabei mit den Gemeinden besprochen, was gut läuft – etwa neue Anbaumethoden – und woran noch gearbeitet werden muss.
„Schon vor der letzten Naturkatastrophe stand die Anpassung an den Klimawandel auf dem Programm.“
Konntest du vor Ort die Partnergemeinden besuchen?
Ja, das war eine ganz besondere Erfahrung. Viele Projekte finden in abgelegenen Gebieten statt, die erst durch mehrere Stunden Fahrt auf nicht asphaltierten Straßen erreichbar sind. Regenzeiten oder gar Überschwemmungen nach Wirbelstürmen wie jetzt im Frühjahr erschweren dann den Zugang zu diesen Gemeinden. Umso wichtiger ist es, dass unsere Kolleg:innen geeignete Transportmöglichkeiten haben, um die Gemeinden jederzeit erreichen zu können. Direkt vor Ort wurde mir noch mal bewusster, wie eng und intensiv wir mit den Gemeinden zusammenarbeiten …
… auch beim Thema Klimawandel …
Die Projektregionen Machinga und Mulanje sind landesweit mit am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Die Landwirt:innen vor Ort beobachten, wie sich die Regenzeiten und Niederschlagsmengen verschieben. Zunehmend heftige Regenfälle führen zu Überflutungen. Zudem wird die Region immer häufiger von Wirbelstürmen getroffen. In einer Region, in der die meisten Menschen von Subsistenzlandwirtschaft leben, bedrohen die klimatischen Veränderungen ihre Lebensgrundlage und damit die Ernährungssicherheit.
Wie reagieren die Menschen auf die Veränderungen?
Eine Aktivität im Rahmen eines Plan-Projekts, die mich besonders beeindruckt hat, sind die sogenannten „Lead-Farmer:innen“. Sie erhalten Schulungen für die nachhaltige Landwirtschaft und geben ihre Erkenntnisse an andere Menschen weiter. Es gibt einen Wissenstransfer bei der praktischen Anwendung, dazu gibt es Übungsfelder, auf denen die neuen Anbaumethoden gezeigt und ausprobiert werden. So sammeln alle gemeinsam Erfahrungen, etwa beim Reisanbau: Auf der einen Seite die traditionelle Anbauform und auf der gegenüberliegenden die neue. Ein Bewässerungssystem versorgt die Felder mit Wasser, wodurch diese unabhängiger von der Regenzeit und so öfters bewirtschaftet werden können. Einer der „Lead-Farmer“ erklärte mir, wie das funktioniert. Sie stellen auch selbst Dünger her – aus Asche, Pflanzenresten und Tierexkrementen. Nun steigen die Ernteerträge.
„Es gibt einen Wissenstransfer bei der praktischen Anwendung.“
Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, örtlicher Verwaltung und Plan International organisiert?
In vielen Gemeinden müssen die Projekte zunächst mit den lokalen Autoritäten abgestimmt werden, bevor mit der Umsetzung gestartet wird. Besonders beeindruckt hat mich dabei eine Art Dorfvorsteher, den ich treffen durfte. Anfangs schien er skeptisch, was eine Kooperation betraf. Nun aber sieht er, wie engagiert die Jugendlichen durch das gemeinsame Projekt sind. Die Menschen in den Partnergemeinden sind häufig aktiv in die Projekte eingebunden.
Die Projektverantwortlichen von Plan arbeiten ihrerseits eng mit den Gemeindemitgliedern, lokalen Partnerorganisationen und Regierungsvertreter:innen zusammen. Während regelmäßiger Besuche tauschen sich die Projektbeteiligten über den aktuellen Stand und aktuelle Herausforderungen aus. Den Austausch habe ich als sehr offen empfunden. Die Gespräche helfen den Plan-Teams dabei, auf Veränderungen und Herausforderungen zu reagieren und mit Maßnahmen gegebenenfalls gegenzusteuern.
„Es besteht eine enge Bindung zum deutschen Plan-Büro.“
Um wie viele Kinder kümmert sich das örtliche Plan-Büro, unabhängig von Krisen- und Katastrophenhilfe?
Plan International Malawi erreicht jährlich über 25.000 Patenkinder. Die meisten von ihnen werden aus Deutschland unterstützt, sodass eine enge Bindung zum deutschen Plan-Büro besteht.
Gemeinsam werden aktuell zudem drei Projekte aus Spenden umgesetzt – zur „Aufklärung für Jugendliche“ sowie „Bildung macht Mädchen stark“ und „Kinder vor der Klimakrise schützen“. Darüber hinaus gibt es auch noch weitere Projekte in Zusammenarbeit mit anderen Plan-Büros.
Im Rahmen der Plan-Aufklärungsprogramme wurde in einer ersten Projektphase ein eigenes Gebäude errichtet, das nun der Gemeinde zur Verfügung steht. Hier finden jetzt Gemeindetreffen und vor allem Zusammenkünfte junger Menschen statt. Geschützt können sich hier Jugendliche über ihre sexuellen und reproduktiven Rechte und Gesundheit informieren.
Gibt es Netzwerke, die über die regionale Ebene hinausgehen?
Neben der konkreten Projektarbeit in den Gemeinden gibt es auch die Advocacy-Arbeit des Länderbüros: Die Mitarbeiter:innen stehen im engen Austausch mit politischen Entscheidungsträger:innen, um sie für die Botschaften von Plan International zu gewinnen. Beispielsweise engagieren sich prominente Fürsprecherinnen in Malawi für die Beendigung von Kinderheirat.
Gleichzeitig beziehen die Plan-Teams immer auch junge Menschen ein, um deren Stimme zu hören. Die Jugendlichen, die ich traf, konnten sehr klar kommunizieren, was für Anliegen sie haben. Im Rahmen der Projektarbeit entwickelten sie beispielsweise eigene Theaterstücke, die sie selbst aufführen, um Gleichaltrige und Erwachsene zu Themen wie Familienplanung oder Gleichberechtigung zu sensibilisieren. Es war eindrucksvoll zu sehen, wie viele Menschen sich in den Projekten und für die Themen von Plan International mit Zeit und Energie engagieren.
„Die Plan-Teams beziehen immer auch junge Menschen ein, um deren Stimme zu hören.“
Welche alltäglichen Herausforderungen gibt es?
Die Arbeit wird durch verschiedene, externe Kontexte beeinflusst, da ist ein gehöriges Maß an Anpassungsfähigkeit gefragt – etwa bei der Inflation, den regelmäßigen Stromausfällen, dem Ausbruch von Krankheiten wie zuletzt der Cholera, aber auch die begrenzt belastbare Infrastruktur im Land.
Was ist dein Fazit von dem Studienaufenthalt in Malawi?
Persönlich nehme ich viele besondere Begegnungen und Gespräche mit den Menschen in den Plan-Projekten mit. Geduldig wurde mir viel erklärt und gezeigt. Ich bin sehr dankbar für diese besonderen Einblicke und Erfahrungen. Das Verständnis für die Bedarfe und Lebensumstände vor Ort wird meine künftige Arbeit bei der Stiftung Hilfe mit Plan bereichern: Es wird mir dabei helfen, Unterstützer:innen noch besser in ihrem Engagement zu begleiten und zudem mein berufsbegleitendes Studium im Bereich „Nonprofit-Management and Governance“ bereichern.