Im Blech-Dschungel von Nairobi

Foto: Plan / Marc Tornow

Ein Ozean wie aus Silberbarren – so wirkt die Szenerie rund um das Elendsviertel Kibera im Süden der kenianischen Hauptstadt.

Heute macht der ost-afrikanische Dauersommer Pause. Es ist regnerisch und kühl. Und Kibera – der mit geschätzt 800.000 Menschen angeblich größte Slum des Kontinents – wirkt doppelt trostlos. Eine Stadt in der Stadt, so erscheint dieses Elendsviertel im Süden Nairobis, mit Läden, Kaffees und sogar eigenen Hotels. Nur mit dem Unterschied, dass dies alles in stumpf-silbrig glänzenden Wellblechhütten untergebracht ist.

Teenager sitzen auf Plastikstühlen in einem Seminarraum.
Die Teenager sind teilweise selbst schon mit Drogen und dem Gesetz in Konflikt geraten Marc Tornow

Ein knallhartes Leben

Wer hier vier Wände und ein Dach über dem Kopf bezieht, zahlt monatlich 50-60 Euro Miete an die „Slum-Verwaltung“. Generalstabsmäßig sind Banden damit beschäftigt, freiwerdende Räume sofort weiterzuvermitteln. Denn der Strom der Zuwanderer reißt nicht ab. Täglich suchen mehr Leute ihr Glück in der kenianischen Hauptstadt und benötigen preiswerte Bleiben.

Doch in Kibera bieten diese weder fließendes Wasser, noch eine Toilette. Plastiktüten erfüllen den Zweck einer Kanalisation. In den Gassen zwischen dem vielen Wellblech blüht die Kriminalität – Vergewaltigungen, Drogenmissbrauch, Überfälle. Von dieser Siedlung aus starten Diebe regelmäßig ihre Raubzüge in nahegelegene Villenviertel – die sich wiederum hinter meterhohen Mauern, Eisengittern und mit Elektro-Stacheldraht verschanzt haben.

„Ich hoffe, dass die ganze Stadt ein ,Safe Space‘ wird.“

Melissa, Teilnehmerin des Diskussionsforums „Safe Space – Sicherer Ort“

Auf der Suche nach Auswegen

Trotz dieser erbärmlichen Umstände haben die meisten Menschen im des „Dschungels“, wie „Kibera“ auf Suaheli heißt, schon ihr ganzes Leben hier verbracht. Einige Mädchen aus dem Slum suchen nach Perspektiven und treffen sich nachmittags mit einer Sozialarbeiterin. Wie kann man sich und andere Kinder davor schützen, von Gangs drogenabhängig gemacht zu werden? Wie kann die eigene Gesundheit verbessert werden in einem Umfeld, das so lebensfeindlich ist? Was ist mit Kinderehen und Schwangerschaften?

Mädchen läuft über den Platz des Gemeindezentrums.
Im Gemeindezentrum finden die Mädchen einen sicheren Ort für ihre Treffen. Marc Tornow

Über die richtigen Antworten werden sich die Mädchen nach und nach im Klaren. „Safe Space – Sicherer Ort“ heißt dieses Diskussionsforum mitten im Slum, das den Teenagern unter anderem mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein gibt. Eine Chance, dem Blech-Dschungel irgendwann zu entkommen. „Ich hoffe, dass die ganze Stadt ein ,Safe Space‘ wird“, verrät Melissa zum Abschied ihren größten Wunsch.

Marc Tornow unterstützte als Pressereferent 2016 das örtliche Plan-Büro in Nairobi und hat diese Geschichte aus Kibera mitgebracht.

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