Alejia Garuba ist ein junger Mann aus Maiduguri, der Provinzhauptstadt des Bundestaates Borno. Borno lebt seit zehn Jahren in Angst vor Boko Haram, den islamistischen Terrorkriegern, die vor allem gegen westliche Bildung zu Felde ziehen, mit brutalsten Mitteln, mit mörderischen Attacken und mit Entführungen vor allem von Schulmädchen. Denn für Mädchen ist Bildung Sünde, meint Boko Haram. Alejia Garuba sieht das anders, und daher hat er sich von Plan International zum mobilen Lehrer ausbilden lassen. „Bildung ist sehr, sehr wichtig. Wir gehen von Haus zu Haus, um die Eltern davon zu überzeugen, wie wichtig Bildung ist. Um sie zu ermutigen, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Ich sage immer, wenn ich nicht zur Schule gegangen wäre, dann wäre ich jetzt nicht hier.“
Jeden Morgen fährt er nun mit einem Tuk Tuk, einem motorisierten Dreirad, raus aufs Land und unterrichtet in Dörfern, in denen es keine Schule gibt. Oder keine Schule mehr gibt, weil sie von Boko Haram zerstört wurde. Dort nennen sie ihn „Uncle Banana“, weil er mit seinen Schülerinnen und Schülern gerne singt: „Banana, yellow banana, eat banana, I like banana – Banane, gelbe Banane, esst Banane, ich liebe Bananen.“
„Die Eltern schicken ihre Kinder nicht zur Schule, weil sie nichts über Bildung wissen, und weil sie von Boko Haram beeinflusst sind“
Doch was lustig klingt, ist bitterernst. „Die Eltern schicken ihre Kinder nicht zur Schule, weil sie nichts über Bildung wissen, und weil sie von Boko Haram beeinflusst sind: ,Schule ist Sünde‘, das muss erst einmal raus aus den Köpfen. Wenn wir höflich mit ihnen reden, dann verstehen sie.“ „Auch schon vor der Krise war Bildung für Mädchen ein schwieriges Thema in dieser Region“, sagt Hussaini Abdu, Länderdirektor von Plan International Nigeria. „Boko Haram behauptet, Mädchen dürften nicht zur Schule gehen. Und mehr als 50 Prozent der Schulen wurden von Boko Haram zerstört.“ Alejia Garuba macht seinen Job unter Lebensgefahr, denn die Boko-Haram-Getreuen hassen die mobilen Lehrer. Sie wollen die Menschen in Borno – vor allem wiederum die Mädchen – dumm halten. Also überfallen sie die Lehrer. „Es ist sehr gefährlich. Fünf Tage in der Woche fahren wir in eine Gegend, in der es keine richtige Straße gibt. Das ist schon gefährlich.“
Fatmata aus der Gemeinde Gwoza ist eine der jungen Frauen, die unter den Verhältnissen litten. Sie blickt traurig zurück auf ihre Jahre unter Boko Haram und sagt: „Mir ist jede Schulbildung verboten worden. Ich musste heiraten und zu Hause bleiben. Ich bin nicht glücklich darüber, was mit mir geschehen ist.“ Jetzt sitzt sie mit einer Freundin zusammen, in Sicherheit. Aber ihre Zukunftsperspektiven müssen sie sich hart erarbeiten, in einer Gesellschaft, die ihnen auch ohne Boko Haram nicht viele Möglichkeiten bietet. Auf diesem beschwerlichen Weg sind die mobilen Lehrkräfte eine Unterstützung. Sie trauen sich trotz der Bedrohung täglich raus aufs Land, sind daher Helden, meinen viele.
Mustafa Sharif ist Lehrer für Englisch und Mathematik. Er nehme das Risiko gern auf sich, und sagt: „Wir müssen das Risiko tragen. Wir wissen ja von den vielen getöteten Lehrern. Aber das Leben ist eben riskant. Und wenn, dann ist es gut, im Dienst für die Gemeinschaft zu sterben.“ Starke Worte angesichts 2.000 toter Lehrerinnen und Lehrer. Und Mohammad Helfa, auch er mobiler Lehrer, ergänzt: „Die meisten Angriffe erfolgen nachts, dann bin ich nicht da. Aber drei oder vier meiner Schüler sind ums Leben gekommen.“ Sagt es und startet wieder, um seinen Bildungsauftrag zu erfüllen, seinen Kampf gegen Boko Haram.