Zwei Fahrstunden über holprige Straßen bis auf 3.700 Meter Höhe weiter liegt die Provinz Paucartambo. Die meisten Menschen der Region sind von extremer Armut betroffen, müssen mit weniger als zwei US-Dollar am Tag auskommen. Seit 2018 kooperiert Plan International mit den Gemeinden inmitten des kargen Hochlands, um gemeinsam Lösungen für eine bessere Versorgung, Bildung und Zukunftschancen der Kinder zu schaffen.
Im Dorf Toqra leben fast ausschließlich Indigene, die Nachkommen der Inka-Hochkultur aus dem 13. bis 16. Jahrhundert. Sie sprechen Quechua und Spanisch wird, wenn überhaupt, erst später erlernt. Fernab touristischer Sehenswürdigkeiten kommen auswärtige Gäste dort nur selten vorbei. Männer in gewebten Ponchos und mit farbenfrohen Mützen erzeugen mit großen Muschelhörnern tiefe, durchdringende Töne. Die Dorfgemeinschaft steht Spalier, wirft zur Begrüßung mit Blüten – und hat ein Festmahl zubereitet: Meerschweinchen, Mais mit riesigen Körnern und im Frost getrocknete Kartoffeln. Einige dieser Sorten gedeihen noch auf 5.000 Metern Höhe.
„Wir haben nicht nur genug für uns und die Kinder, wir können sogar Gemüse auf dem Markt verkaufen.“
Doch der Stolz auf den Gesichtern der Frauen rührt nicht von ihren Kartoffeln; sie freuen sich, dass sie Möhren, große Bohnen, Brokkoli und Salat reichen können. In dieser Höhe haben viele Menschen Mangelerscheinungen wie Blutarmut, Kinder sind besonders betroffen. Deshalb bauen alle in Toqra nun viel mehr Gemüse an: neben den Möhren, Rote Bete, Mangold, Kohl, Frühlingszwiebeln und Salat. Armeweise breiten die Bäuerinnen ihre Ernte aus, die reichhaltig ist, weil Plan klimaresistentes Saatgut verteilt hat.
Im Projekt „Allin Mikuna – Gute Ernährung“ entwickeln Eltern außerdem Geschäftsideen für eine nachhaltige, klimaangepasste Landwirtschaft – zum Beispiel mit Bienenvölkern, die ihnen ebenfalls über das Projekt zur Verfügung gestellt wurden. Bei Schulungen erfahren sie mehr über neue Sorten und, wie sie sich und ihre Kinder ausgewogen ernähren können. Auch regelmäßige Einkommen tragen seit dem Projektbeginn vor vier Jahren dazu bei. Valeria Elo (38) ist eine von fünf Frauen, die das Plan-Gemüsegartenprojekt leiten: „Alles wächst und gedeiht. Wir haben nicht nur genug für uns und die Kinder, wir können sogar Gemüse auf dem Markt verkaufen.“
Valeria und ihr Mann Daniel (37) bewohnen ein winziges Lehmhaus. Stolz zeigt er das erst drei Monate alte Baby, ihr zweites Kind. Die fünfjährige Areli hält sich aufgeregt trippelnd an der Hand ihrer Mutter fest. Drinnen ist es penibel aufgeräumt: blitzblanke Töpfe, Pfannen und Schöpfkellen auf dem Regal sowie ein großer Bottich mit Zapfhahn für gefiltertes Trinkwasser.
„Früher haben wir uns wenig daraus gemacht, wie es hier aussieht“, erklärt Valeria. „Die Arbeit auf dem Feld war hart genug, und wir müssen fast zwei Stunden täglich zu unserem Kartoffelacker auf der anderen Seite der Schlucht laufen. Aber dann haben wir gemerkt, dass uns ein aufgeräumtes Haus gesund hält.“
Sie deutet auf zwei Abfalleimer, der eine mit Biomüll für ihre Schweine, der andere mit Restmüll. An der Wand hängen eine Ernährungstabelle und handgeschriebene Rezepte, die sie im Wechsel kocht: Meerschweinchen, Brot mit Gemüse, Forelle mit Kartoffeln, Quinoa mit Salat. Daniel präsentiert noch eine Zeichnung, die Zukunftsvision von seinem Haus. Sie zeigt ein Gewächshaus, das die Ernten auch bei Frost schützen soll, neue Ställe für die Tierzucht und ein größeres Wohnhaus – aus Stein.
Claudia Ulferts, Lateinamerika-Expertin und Pressereferentin bei Plan International Deutschland, hat die Menschen in den Plan-Projekten besucht und für die Plan Post diese Reportage aufgeschrieben.