Das Schweigen brechen

Foto: Nick Loomis

Der Bedarf an Aufklärung zum Thema weibliche Genitalbeschneidung ist groß. Mit einem Handbuch richtet sich Plan International speziell an gefährdete und betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland.

Ein kurzer Eingriff mit lebenslangen Folgen: Mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen auf dieser Welt sind an den Genitalien beschnitten. Der UN-Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung am 6. Februar macht auf das Leiden der Betroffenen aufmerksam. Plan International, seit fast fünfzehn Jahren auch in Deutschland gegen weibliche Genitalverstümmelung aktiv, hat nun einen aktuellen Ratgeber erstellt, der sich speziell an betroffene und gefährdete Mädchen und Frauen in Deutschland richtet.

„Die Beschneidung der weiblichen Genitalien ist eine massive Menschenrechtsverletzung“, sagt Kathrin Hartkopf, Sprecherin der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. „Die betroffenen Mädchen und Frauen dürfen nicht alleingelassen werden. Um sie zu erreichen, müssen sie wissen, dass es bei uns in Deutschland Beratung und Hilfe gibt. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, das Schweigen zu brechen und die Aufklärung über weibliche Genitalverstümmelung auch hier in Deutschland voranzutreiben. Dazu gehört es auch, für den Umgang mit Gefährdeten und Betroffenen zu sensibilisieren. Nur, wenn wir anderen Kulturen mit Achtsamkeit begegnen, kann es gelingen, praktizierende Gemeinden zu einer nachhaltigen Abkehr von dieser schädlichen Tradition zu bewegen.“

„Die Betroffenen dürfen nicht alleingelassen werden.“

Kathrin Hartkopf, Geschäftsführerin Plan International Deutschland
Mutter und Kind aus Sierra Leone
Die Beschneidung der weiblichen Genitalien ist in mehreren Kulturen eine tief verankerte Tradition. Quinn Neely

Mit der globalen Migration hat sich die Tradition der weiblichen Genitalbeschneidung auch in Europa zunehmend verbreitet. Schätzungen zufolge leben allein in Deutschland aktuell rund 75.000 Betroffene, fast 20.000 Mädchen gelten als gefährdet. Die Wenigsten wissen, dass es für sie Anlaufstellen gibt. „Aufklärung ist hier absolut notwendig", sagt Edell Otieno-Okoth, Referentin bei Plan International Deutschland für das Thema weibliche Genitalverstümmelung. „Immer wieder erreichen uns Anfragen von Fachkräften aus dem Gesundheits- und Sozialbereich nach Informationsmaterial, das sie den betroffenen Mädchen und Frauen an die Hand geben können. Nicht die Fachliteratur zu diesem Thema fehlt, sondern eine Übersicht der Angebote, die sich direkt an die betroffenen Mädchen und Frauen richtet. Anlass für uns, ein leicht verständliches und handliches Nachschlagewerk zu erstellen, das alle Aspekte der weiblichen Genitalverstümmelung in einfacher Sprache aufgreift und den Familien Wege aufzeigt."

Seit 2003 setzt sich Plan International in mehreren Ländern Afrikas gegen weibliche Genitalverstümmelung ein, u.a. in Ägypten, Äthiopien, Burkina Faso, Guinea, Guinea-Bissau, Mali und Sierra Leone. So führt die Kinderrechtsorganisation zum Beispiel in Guinea in Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen Informationsveranstaltungen in mehr als 80 Gemeinden durch, hilft beim Aufbau von Beratungsstellen und sorgt für alternative Einkommensquellen für ehemalige Beschneiderinnen. Um Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialbereich für die besonderen Bedürfnisse von gefährdeten und betroffenen Mädchen und Frauen zu sensibilisieren, bietet Plan International in Deutschland Fortbildungen und Schulungen an.

„Viele wissen nicht, dass es für sie bei uns Beratung und Hilfe gibt.“

Edell Otieno-Okoth, Referentin Plan International Deutschland

Das Handbuch Weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung - Informationen für gefährdete und betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland gibt es sowohl in digitaler als auch in gedruckter Form. Der Ratgeber steht als Download zur Verfügung, zunächst in Deutsch, in absehbarer Zeit auch in Englisch, Französisch, Arabisch, Somalisch, Mandinka und Amharisch. Das Heft kann von Arztpraxen, Beratungsstellen, Behörden und betroffenen Communities per E-Mail in höherer Stückzahl angefordert werden.

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