Kinderheirat raubt Mädchen die Kindheit, zwingt sie oft dazu, die Schule abzubrechen und setzt sie sexueller, körperlicher und emotionaler Gewalt aus. Sie werden in Erfahrungen gedrängt, für die sie nicht bereit sind – wie etwa eine frühe Mutterschaft.
Unter Kinderheirat versteht man eine Ehe, bei der mindestens eine Person noch keine 18 Jahre alt ist. Betroffen sind sowohl Mädchen als auch Jungen – letztere werden allerdings laut Unicef fünfmal seltener früh verheiratet. Die Kinderehe verstößt gegen die Kinderrechte von Mädchen und Jungen und hat weitreichende Folgen für ihre Entwicklung. Dennoch wird sie in Ländern auf der ganzen Welt praktiziert, häufig in Gemeinschaften, die mit extremer Armut zu kämpfen haben.
Die Praxis weltweit zu beenden ist keine leichte Aufgabe. Doch es gibt Wege, wie Kinderheirat verhindert und langfristig gestoppt werden kann. Drei wichtige Schritte, die wir von Plan International im Kampf gegen Früh-, Zwangs- und Kinderheirat anwenden, sind:
Eines der wirksamsten Mittel gegen Kinderheirat ist Bildung. Je länger ein Mädchen die Schule besucht, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es vor dem 18. Lebensjahr verheiratet wird und im Teenageralter Kinder bekommt. Bildung befähigt sie nicht nur, für ihre Rechte einzutreten und fundierte Entscheidungen über ihr eigenes Leben zu treffen, sondern sorgt darüber hinaus auch dafür, dass Mädchen Wissen und Fähigkeiten erwerben, um nach der Schule eine Beschäftigung zu finden. So können sie ihre Familien besser unterstützen. Das kann dazu beitragen, den Kreislauf der Armut zu durchbrechen und Kinderheirat zu verhindern. Denn oftmals wird sie aufgrund extremer Armut geschlossen, weil die Eltern eines Kindes hoffen, dass die Familie des Ehemanns ihre Tochter versorgt, oder weil sie sich dadurch finanzielle Vorteile erhoffen, etwa durch eine Mitgift. Auch die Schaffung von Einkommensmöglichkeiten für die Familie, wie etwa Mikrofinanzkredite, sind ein wirksames Mittel gegen eine Kinderheirat, die aus finanzieller Not entsteht.
Shompa aus Bangladesch engagierte sich beispielsweise im Plan-Jugendforum und wusste dadurch, welche Folgen eine Kinderehe für sie haben würde. Sie schaffte es, ihre Eltern davon zu überzeugen, sie nicht zu verheiraten und engagiert sich mit Unterstützung des Plan-Projekts „Building Better Futures for Girls“ (übersetzt: „Baut eine bessere Zukunft für Mädchen“) dafür, dass auch andere Mädchen gebildet und aufgeklärt werden – und damit vor einer Kinderehe geschützt sind. Lesen Sie hier ihre Geschichte.
Oft liegt die Entscheidung, wann und wen ein Mädchen heiratet, bei den Eltern und Gemeindevorsteher:innen. In vielen traditionellen Gemeinschaften ist man der Meinung, dass die Heirat den Mädchen Sicherheit, Schutz und wirtschaftliche Versorgung durch die Ehemänner garantiert. Jedoch ist das Gegenteil der Fall: Die Ehe gefährdet die körperliche und geistige Gesundheit der Mädchen. Diejenigen, die vor ihrem 18. Lebensjahr heiraten, sind häufiger von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen. Sie sind einem höheren Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt und haben ein höheres Risiko, während der Schwangerschaft und Geburt tödliche Komplikationen zu erleiden. Wenn Eltern und Gemeindevorsteher:innen über die vielen negativen Folgen der Kinderheirat aufgeklärt werden, können sie ihre Ansichten ändern, sich für die Rechte von Mädchen einsetzen und andere dazu ermutigen, es ihnen gleich zu tun.
In dem Projekt „Yes, I do“ (übersetzt: Ja, ich will), das Plan International von 2016 bis 2020 in Indonesien durchführte, wurden Kinderschutz-Gruppen in mehreren Dörfern in Rembang, Sukabumi und West-Lombok eingerichtet, die die Gemeinschaft aufklärten. Während es anfangs Vorbehalte aufgrund der traditionellen Vorstellung gab, konnte diese Haltung mit viel Anstrengung und Aufklärung nach und nach überwunden werden.
In Ländern, in denen Kinderheirat weit verbreitet ist, ist eine Petition an die Regierung, das Mindestalter für die Heirat auf 18 Jahre anzuheben, ein wichtiger erster Schritt für eine positive Veränderung. Sobald das Mindestalter heraufgesetzt wurde, müssen Regierungsbeamt:innen und führende Persönlichkeiten der Gemeinschaft für diese Gesetze sensibilisiert werden, um sicherzustellen, dass sie auch durchgesetzt werden. Andere rechtliche Maßnahmen, wie die Registrierung von Geburtsurkunden und Eheschließungen, sind wirksame Instrumente zur Verhinderung von Kinderheirat.
Die Covid-19-Pandemie hat die Weltgemeinschaft im Kampf gegen Kinderehen zurückgeworfen. Schätzungen zufolge laufen in den nächsten zehn Jahren bis zu zehn Millionen zusätzliche Mädchen Gefahr, zwangsverheiratet zu werden. Umso wichtiger ist es, sich gegen Kinderehen stark zu machen und ihnen entgegenzuwirken.