Die 17-jährige Francisca lebt seit einigen Monaten in einer Notunterkunft im Süden Mexikos, nachdem sie mit ihrer Mutter, ihren drei jüngeren Geschwistern und ihrem Baby die gefährliche Reise aus Venezuela angetreten hat. Sie hoffen, eines Tages in die Vereinigten Staaten zu gelangen. Seit 2015 haben mehr als 7,1 Millionen Geflüchtete und Migrant:innen Venezuela verlassen, rund 465.000 von ihnen haben es in die USA geschafft. Dabei riskieren sie ihr Leben auf gefährlichen und unsicheren Routen. Auf diesen sind sie Naturgefahren, Bandengewalt, sexuellem Missbrauch und Raub ausgesetzt.
Francisca sagt, dass sie und ihre Familie sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden haben, Venezuela zu verlassen. „Wir hatten nicht genug Geld, um Essen zu kaufen oder unser Studium zu bezahlen“, erklärt sie. Der Zusammenbruch der Wirtschaft des Landes im Jahr 2015 führte dazu, dass Millionen von Menschen ihre Grundbedürfnisse nicht mehr befriedigen konnten. Viele verließen das Land, um anderswo bessere Perspektiven zu finden.
Ein Teil ihrer Reise führte durch den Dschungel des gefährlichen Darién Gap, der Grenze zwischen Kolumbien und Panama. Es ist eine der gefährlichsten Flucht- und Migrationsrouten der Welt und besteht aus 5.000 Quadratkilometern tropischer Wildnis, steilen Bergen und Flüssen. Große Gefahren sind dort nicht nur giftige Tiere und von Mücken übertragbare Krankheiten wie Malaria, sondern auch bewaffnete Menschen.
„Einige Tage lang habe ich mein Baby nicht gesehen. Ich wusste nicht, ob es lebt oder tot ist.“
„Um nach Mexiko zu gelangen, mussten wir fünf Tage lang den Darién durchqueren und dann einen Bus nach Guatemala nehmen“, erzählt Francisca. „Die Reise war hart und anstrengend. Im Dschungel bin ich mit meinem Kind gestürzt. Ein Freund hat es dann genommen und ist mit ihm vorgegangen, um mir zu helfen. Einige Tage lang habe ich mein Baby nicht gesehen. Ich wusste nicht, ob es lebt oder tot ist.“ Sie fügt hinzu, dass die Familie von bewaffneten Banditen überfallen wurde und einen Großteil ihres Geldes und ihrer Habseligkeiten verlor.
Die Gewalt und die Unsicherheit hörten auch nicht auf, als sie endlich in Mexiko ankamen. Ein Mann, der sich als Einwanderungsbeamter ausgab, bot der Familie an, ihr gegen Geld bei der Legalisierung ihrer Papiere zu helfen. Nachdem er das Geld erhalten hatte, bedrohte der Mann die Familie und floh. „Ich fühle mich in Mexiko wirklich nicht sicher. In der Unterkunft ja, aber außerhalb nicht“, sagt die 17-Jährige.
Francisca erfuhr, dass sie schwanger war, als sie noch zur Schule ging – sie war 16 Jahre alt. Ihr Freund verschwand im dritten Schwangerschaftsmonat und sie hat ihn seitdem nicht mehr gesehen. Francisca sagt, dass ihre Geschichte in Venezuela sehr häufig vorkommt. „Viele meiner Klassenkameradinnen sind vor mir schwanger geworden. Auch sie haben die Schule abgebrochen“, erklärt die junge Mutter. „Bisher konnte ich nicht zurück in die Schule, aber ich würde gern weiterlernen und die Schule beenden.“ In einer Unterkunft für Migrant:innen, die in Mexiko leben, nimmt Francisca an Aufklärungsgesprächen über Gewaltprävention und Geschlechtergerechtigkeit teil, die von Plan International durchgeführt werden. Außerdem erhält sie emotionale Unterstützung und Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit.
Diese Aktivitäten werden im Rahmen des Projekts „Protected Passage“ (etwa: geschützter Durchgang) der Organisation durchgeführt, das als Antwort auf die Migrationskrise in Zentralamerika konzipiert wurde. Das Ziel des inzwischen erfolgreich abgeschlossenen Projekts war es, Kindern, Jugendlichen und ihren Familien während ihrer Migration, bei der Suche nach Asyl oder bei der Rückkehr in ihr Herkunftsland zu helfen und ihr Wohlbefinden zu gewährleisten. Insbesondere alleinerziehende Mütter, unbegleitete Mädchen und schwangere Frauen wurden dabei unterstützt. Seit 2020 wurde das Projekt von Plan International und Partnerorganisationen in El Salvador, Guatemala, Honduras und Mexiko durchgeführt. Bis heute wurden über 23.000 Hilfsgüter bereitgestellt und über 15.000 Migrant:innen unterstützt. Zur Vorstellung der Errungenschaften des Projekts und der daraus resultierenden Handlungsempfehlungen wurde in Mexiko-Stadt eine Veranstaltung organisiert, an der auch Kolleg:innen anderer NGOs, der Regierung, privater Unternehmen und der Medien teilnahmen.
Franciscas Fluchterfahrung war voller Gefahren und sie rät anderen, ihrem Beispiel nicht zu folgen. „Die Botschaft, die ich anderen Müttern mitgeben würde, lautet: migriert nicht. Riskiert nicht das Leben eurer Kinder auf der Suche nach etwas Unbekanntem.“ Doch Francisca sagt, sie habe es bis hierher geschafft und wolle nun ihr endgültiges Ziel erreichen. „Angesichts der Umstände habe ich nur noch ein Ziel: in die Vereinigten Staaten zu kommen. Ich will meinem Kind eine bessere Zukunft ermöglichen.“
In der letzten Woche gab es einen großen Anstieg der Einwanderungsströme in den Grenzgebieten einiger Länder in Lateinamerika, darunter Honduras, Costa Rica, Mexiko, Nicaragua, Kolumbien und Panama. Es gibt Engpässe und Überfüllung in den Transitunterkünften, welche nicht über optimale sanitäre und verpflegerische Bedingungen verfügen. Es gibt Anzeichen für einen drastischen Anstieg beim Bedarf an Nahrungsmitteln, Wohnraum und dem Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen.
Der nationale Migrationsdienst Panamas bestätigt, dass bis zum 17. August 2023 circa 300.000 Menschen, einschließlich Kinder, den Darién durchquert haben. Diese Zahl ist deutlich höher als 2022. Es wird erwartet, dass bis Ende 2023 ungefähr eine halbe Million Menschen den gefährlichen Weg genommen haben werden.
*Der Name wurde zum Schutz der Identität geändert.
Der Artikel wurde mit Material aus dem mexikanischen Plan-Büro erstellt.