Seit den Anfängen der Geschichte sind Menschen in Bewegung. Sie sind gezwungen, zu wandern und ihren Wohn- und Aufenthaltsort zu wechseln – sei es aufgrund politischer, wirtschaftlicher, umweltbedingter oder sozialer und persönlicher Umstände. Durch die Unterteilung von geografischen Regionen in Nationalstaaten hat diese Bewegung eine politische Dimension erhalten, die Menschen vor besondere Herausforderungen stellt.
Begriffe wie Flüchtlinge/Geflüchtete, Asylbewerber:innen und Migrant:innen werden häufig vermischt und synonym verwendet. Umgangssprachlich sind alle Menschen, die aus ihrem Heimatland fliehen, Flüchtlinge bzw. Geflüchtete. Doch juristisch gibt es hier Unterschiede.
Der erste besteht darin, dass Migrant:innen nicht unter das internationale Flüchtlingsschutzsystem fallen. Dieses System ermöglicht die Aufnahme von Schutzsuchenden, die in ihrem Herkunftsland keinen Schutz in Anspruch nehmen können oder Angst davor haben, ihn dort in Anspruch zu nehmen. Grundsätzlich spricht man von Migrant:innen wenn sie frei entschieden haben, ihr Land zu verlassen, um zum Beispiel ihre persönlichen Lebensumstände oder die ihrer Familien zu verbessern.
„Selten lassen sich Migrationsentscheidungen leicht in ,freiwillig' und ,erzwungen' kategorisieren.“
Doch selten lassen sich Migrationsentscheidungen leicht in „freiwillig“ und „erzwungen“ kategorisieren. So fallen Menschen, die ihr Herkunftsland aufgrund von Umweltzerstörung und Naturkatastrophen verlassen, nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention und gelten dementsprechend als Migrant:innen. Auch Menschen, die aufgrund von Hunger fliehen, sind Migrant:innen.
Naturkatastrophen lösen mehr als dreimal so viele Vertreibungen aus wie Konflikte und Gewalt. Durch den Klimawandel wird sich diese Situation noch verschärfen: Naturkatastrophen treten häufiger und extremer auf und extreme Hitze und Dürren sorgen für die Verknappung von natürlichen Ressourcen wie etwa Trinkwasser und Lebensmitteln.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) verwendet für Menschen, die durch die Umwelt gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, den Begriff „Umweltmigrant:in“ – häufig werden solche Schicksale auch als Zwangsmigration bezeichnet. Beides sind jedoch keine rechtlich bindenden Definitionen.
Flüchtlinge unterscheiden sich von Migrant:innen dadurch, dass ihre Migration erzwungen ist, sie in ihrem Heimatland eine begründete Furcht vor Verfolgung haben und unter den bestehenden Umständen nicht in ihr Heimatland zurückkehren können. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Häufig sind es Krieg und Gewalt, die Menschen zur Flucht zwingen. Wer als Flüchtling gilt und wer als Migrant:in, regelt das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951. Wer unter diese sogenannte Genfer Flüchtlingskonvention fällt, hat das Recht auf Sicherheit, also Asyl, in einem anderen Land.
„Die Flucht allein beschreibt die Menschen nicht und spiegelt auch nicht die Komplexität ihrer Fluchterfahrungen wider.“
Wir von Plan International verwenden den Begriff „Geflüchtete Menschen“ statt „Flüchtling“, auch wenn dies nicht der korrekte Rechtsbegriff ist. Die Bezeichnung "Flüchtling" gilt unter vielen Organisationen als abwertend und wird in fachlichen Kreisen kaum noch verwendet. Zum einen, weil die Endung -ling häufig verniedlichend oder abschätzig konnotiert ist (Däumling, Fiesling), und zum anderen, weil die Flucht allein die Menschen nicht beschreibt und auch nicht die Komplexität ihrer Fluchterfahrungen widerspiegelt. Oft ist ein vergebener Status auch nur zeitweise gültig und ihre jeweilige Schutzform kann sich noch ändern.
Wann immer von Migrant:innen oder Flüchtlingen die Rede ist, steckt dahinter eine politische Frage sowie die zur Berechtigung auf Asyl. Doch die Kategorisierung befördert ebenso eine soziale Ausgrenzung und die jeweilige Situation ist auch ein Spiegelbild der bestehenden Systeme. Sprache kann unter diesen Umständen dazu beitragen, diese Systeme zu festigen.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, sich der verschiedenen Bedeutungen von Worten bewusst zu werden und deren juristisch korrekte Definition zu erfassen. Denn ob digital in den sozialen oder klassischen Medien: Schlagworte verbreiten sich schnell – und können so für ein politisches Framing missbraucht werden.
Framing bezeichnet den Umstand, dass ein Mensch Wörter auf vielfältige Weise versteht und sie somit mit positiven oder negativen Emotionen assoziiert. Wer bestimmte Begriffe gezielt einsetzt, kann dadurch das Denken anderer beeinflussen – zum Beispiel, mit welchen Eigenschaften bestimmte Personengruppen verbunden werden.
So werden Geflüchtete aus dem oder im Globalen Süden zum Beispiel oft als „Massen“ dargestellt. In dem Zusammenhang ist auch von „Flüchtlingswellen“ oder „Flüchtlingsströmen“ zu lesen. Begriffen, die Bilder assoziieren, bei denen Geflüchtete entmenschlicht und ihr Schutzbedürfnis infrage gestellt wird. Dadurch kann sogar suggeriert werden, dass die flüchtenden Menschen eine Bedrohung darstellen, die über die Ankunftsländer „hineinbricht”.