Geschlechternormen beeinflussen, welche Rollen, Aufgaben und Eigenschaften in binären Geschlechtersystemen als „typisch“ für Frauen und Männer, Mädchen und Jungen angesehen werden. In vielen Gesellschaften wird beispielsweise erwartet, dass Jungen mutig und stark auftreten, während Mädchen als fürsorglich und emotional gelten.
Kinder lernen aufgrund ihrer äußeren Umgebung sehr schnell, dass Jungen und Mädchen scheinbar unterschiedlich sind – neben den Fähigkeiten und Interessen, die ihnen aufgrund ihres Geschlechts zugewiesen werden, haben sie zum Beispiel auch ihre „eigenen“ Farben und Spielzeuge.
Die schädlichste Auswirkung solcher restriktiven Geschlechternormen ist, dass sie allen Personen schadet. Sich an stereotype Erwartungen anpassen zu müssen, kann dazu führen, dass Menschen ihre Interessen und Talente unterdrücken – was ihre beruflichen und persönlichen Möglichkeiten begrenzt. Personen, die nicht den traditionellen Geschlechtererwartungen entsprechen oder sich keinem der Geschlechter im binären Geschlechtersystem zugehörig fühlen, werden oftmals diskriminiert. Geschlechtsspezifische Normen können zudem Gewalt fördern – insbesondere gegen Mädchen und Frauen (lesen Sie dazu auch unser Interview mit Autorin und Journalistin Susanne Kaiser, die über Frauenhass und Sexismus spricht). Sie führen zudem zu einer ungleichen Verteilung von Ressourcen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und beruflichen Chancen.
Die weit verbreiteten Geschlechterstereotypen können jedoch schon zuhause angegangen werden – indem man mit den Eltern zusammenarbeitet, um die vorherrschenden Normen zu ermitteln und ihnen entgegenzuwirken. Denn das familiäre Umfeld hat einen prägenden Einfluss auf die Entwicklung und Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen.
In vielen patriarchalischen Gesellschaften gibt es die Vorstellung, dass Jungen gegenüber Mädchen bevorzugt werden sollten.
Natürlich sind Eltern nicht allein dafür verantwortlich, wie ihre Kinder Geschlechterrollen wahrnehmen – ein Großteil der Außenwelt, darunter Gleichaltrige, Lehrkräfte, Betreuer:innen und die Medien, haben einen Einfluss darauf, wie Kinder (und sogar die Eltern selbst) denken, dass sie sich aufgrund ihres zugewiesenen Geschlechts verhalten sollten. Eltern, die sich der vorherrschenden Geschlechternormen bewusst sind, haben jedoch die Möglichkeit, Geschlechterrollen infrage zu stellen und Stereotype zu durchbrechen.
In vielen patriarchalischen Gesellschaften gibt es die Vorstellung, dass Jungen gegenüber Mädchen bevorzugt werden sollten. Sie werden als „wertvoller“ wahrgenommen. Auch Jaimito (36) aus Ecuador war als Jugendlicher überzeugt, dass Männer mehr Wert wären als Frauen und ihnen mehr Privilegien und Macht zustünden. Emotionen wie Traurigkeit oder Schmerz hingegen, hatte er von seinem Vater gelernt, gehörten nicht zur Männlichkeit dazu. Nach der Teilnahme am Projekt „Dads who care – Väter, die sich kümmern“ von Plan International hat sich seine Einstellung verändert; und damit auch die Beziehung zu seinen Kindern (erfahren Sie hier mehr).
Väter, die eine aktive Rolle bei der Kinderbetreuung und der Hausarbeit einnehmen, beeinflussen ihre Kinder positiv, indem sie ihnen zeigen, dass die Rolle des erwachsenen Mannes fürsorglich sein kann. Ein Beispiel hierfür ist auch die Geschichte von Pen, einem jungen Vater aus Kambodscha: Der 23-Jährige teilte sich die Arbeit auf dem Feld mit seiner Frau, die zusätzliche Hausarbeit und Kinderbetreuung blieb allerdings anfangs ihr allein überlassen. In einem Projekt zur frühen Kindesentwicklung von Plan International lernte Pen eine andere Rolle des Mannes im Haushalt kennen – und beschloss, sein Leben zu ändern. Heute leitet er eine Vätergruppe in seiner Gemeinde, trotz Widerstand einiger Männer im Ort. Lesen Sie hier seine Geschichte.
In vielen, vor allem einkommensschwachen Ländern können Mädchen und Frauen sowie anderen Menschen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität marginalisiert werden, grundlegende Menschenrechte wie Bildung, Gesundheit und Schutz nicht wahrnehmen. Ein Beispiel im Bereich Bildung ist die Geschichte von Hellen aus Tansania: Jahrelang träumte sie davon, Lehrerin zu werden, obwohl sie noch nie in ihrem Leben ein Klassenzimmer betreten hatte. Wie andere Mädchen in ihrer Gemeinde wurde auch Hellen ein Leben lang darauf vorbereitet, verheiratet und Mutter zu werden. Die Mitgift, die ihre Ehe einbringen könnte, schien wichtiger als Bildung – bis ihre Eltern durch ein Projekt von Plan International erfuhren, wie wichtig Bildung insbesondere für Mädchen ist und Hellen schließlich mit 14 Jahren eingeschult werden konnte. Lesen Sie ihre ganze Geschichte hier.
Eine Welt zu fördern, in der sich alle gleichberechtigt und frei von geschlechterspezifischen Erwartungen entfalten und entwickeln können, gehört zu den Kernzielen von Plan International und ist die Grundvoraussetzung für das Erreichen unserer anderen Ziele. Unser Fokus liegt nicht nur darauf, die Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen zu verbessern, wir wollen auch ungleiche Machtverhältnisse verändern. Dazu streben wir an, die gesellschaftliche Stellung von Mädchen, Frauen und anderen Menschen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität marginalisiert werden, zu verbessern und dazu beizutragen, dass sie ihre Rechte wahrnehmen können (erfahren Sie hier mehr über unseren gendertransformativen Programmansatz). Wir unterstützen zudem junge Menschen darin, ihr Selbstwertgefühl zu stärken und Einfluss zu nehmen auf die Themen, die sie betreffen.
Durch die Ungleichbehandlung der Geschlechter werden schwerwiegende globale Probleme wie generationenübergreifende Armutszyklen, Kinderehen, geschlechtsspezifische Gewalt und hohe Sterblichkeitsraten bei Müttern und Neugeborenen weiter verschärft. Aus diesem Grund ist es wichtig, Geschlechtergerechtigkeit gemeinsam anzugehen – positive Vorbilder im häuslichen Umfeld können hierfür einen wichtigen Grundstein legen.