„Früher haben die Frauen nur in der Küche gearbeitet, aber jetzt übernehmen auch die Männer das Kochen und Putzen“, freut sich Cristina. „Früher war auch das Parlament eine Männerdomäne, aber jetzt kandidieren Frauen für unsere Regierung – und siehe da: Es gibt ein besseres Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern.“
Als Timor-Leste im Mai 2018 das letzte Mal zu Wahlen aufrief, waren 34 Prozent der gewählten Personen Frauen. Das ist der höchste Wert in der asiatisch-pazifischen Region, einschließlich Australien, der sich unter anderem auf das örtliche Quotensystem zurückführen lässt. Es stellt sicher, dass in jeder Kandidatengruppe mindestens eine Person eine Frau ist. Das ist nicht selbstverständlich, denn den südostasiatischen Inselstaat zwischen Indonesien und Australien prägt eine patriarchalische Gesellschaft, in der starke Geschlechternormen vorherrschen.
Cristina möchte, dass auch Mädchen sich an Entscheidungen beteiligen, die sie direkt betreffen. „Ich ermutige sie, selbst Lösungen zu finden und Ideen in der Gemeinde vorzuschlagen. Das fördert auch ihre Führungsposition“, sagt die Schülerin.
„Es ist nicht an der Zeit, früh schwanger zu werden.“
Während mehr und mehr Frauen damit beginnen, ihre Stimme in der timoresischen Gesellschaft zu erheben und damit ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrzunehmen, müssen parallel die Jungen und Männer eingebunden werden. Sie müssen verstehen, dass Frauen die Hälfte der Gesellschaft ausmachen und gleichberechtigte Partnerinnen bei Entscheidungsprozessen sind. Bei diesem Dialog setzt sich Cristinas außerdem dafür ein, Frühverheiratung und Teenagerschwangerschaften in ihrer Gemeinde zu verhindern. Sie ermutigt ihre Freundinnen, vorsichtig mit dem eigenen Körper umzugehen. „Meiner Meinung nach ist es erst an der Zeit, die Schule zu absolvieren, um künftig erfolgreich zu sein, und nicht, früh schwanger zu werden.“
Doch die begeisterte Basketballerin will mehr: „Die Veränderung, die ich mir wirklich wünsche, ist, dass eine Frau Präsidentin von Timor-Leste wird. Ich möchte dazu beitragen, dass es dazu kommt, indem ich mich über Führungsqualitäten informiere und andere fördere“, sagt Cristina. „Wir müssen weiter für die Gleichstellung der Geschlechter kämpfen, damit Frauen und Männer in allen Bereichen der Gesellschaft gleichbehandelt werden.“
Über ein Plan-Projekt, das die Beteilung von Frauen und Mädchen fördert, konnte Christina mit führenden Politikern des Landes zusammentreffen, und im Rahmen von Schulungen gewinnt sie weiter an Selbstvertrauen. Das stärkt unter anderem ihre Fähigkeit, öffentlich zu sprechen und sich in Medien frei zu äußern. Ihre Familie ist stolz auf sie und unterstützt Cristina nach Kräften. „Das motiviert mich sehr“, sagt die engagierte Aktivistin. „Und es ermutigt mich, weiter an den Schulungsangeboten teilzunehmen, weil mir das für meine Zukunft nur helfen kann.“
Wenn sie an ihre Zukunft denkt, hofft Cristina, eines Tages selbst eine Führungsposition zu übernehmen. „Ich habe die Fähigkeit, zu führen, und mentale Stärke“, sagt sie selbstbewusst. „Daher möchte ich mein Lernen fortsetzen – insbesondere im Bereich Politik – und vielleicht eines Tages Ministerin meines Landes werden.“
Marc Tornow bereiste 2019 Timor-Leste und hat Cristinas Geschichte jetzt mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.