„Die Arbeit als Peer Educator hat mein Leben verändert“, sagt Annette. „Ich wusste nie etwas über sexuelle Rechte und reproduktive Gesundheit und habe das Gefühl, dass ich hier richtig bin.“ In einem Workshop hat die 19-Jährige mehr über diese Themen erfahren.
Obwohl es beim Sex immer um persönliche Gesundheit, Rechte und Wohlergehen geht, fällt es vielen jungen Erwachsenen schwer, darüber zu sprechen. Annette aus der Zentralprovinz von Sambia engagiert sich nun in ihrer Freizeit dafür, andere jungen Menschen über „sensible Themen“ aufzuklären.
„Ich bin seit 2018 als Peer Educator dabei. Wir verteilen Verhütungsmittel an Schulen und Damenbinden für den Notfall. Wir halten Aufklärungsseminare für Gleichaltrige („peer“) ab“, erzählt Annette. „Inzwischen habe ich eine Veränderung in unserer Gemeinschaft und bei mir selbst festgestellt: Vorher wusste ich gar nicht, wie ich als Mädchen auf mich aufpassen kann.“ Vieles beim Thema Schwangerschaft und Sexualität sei Mädchen und Jungen in den ländlichen Regionen des Landes nicht bewusst. „Dabei haben wir Mädchen das Recht auf Verhütungsmittel.“
Das Programm „Generation Change!“ („Generationenwechsel!“) von Plan International setzt sich in Sambia für die Gleichstellung der Geschlechter und den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Schutzmechanismen gegen Gewalt sowie für die Wahrung von persönlichen sexuellen Rechten ein. Das Programm zielt darauf ab, das Selbstwertgefühl und das Rechtsbewusstsein junger Menschen – insbesondere von Mädchen – zu stärken.
„Ich habe einer Freundin beigebracht, wie sich eine Schwangerschaft verhindern lässt.“
Annette hat kürzlich versucht, einer Freundin zu helfen. Sie habe eine schwierige Zeit mit ihrem Freund durchgemacht, berichtet die junge Plan-Aktivistin, weil er sie zu ungeschütztem Sex drängte. „Sie wusste nichts über Verhütungsmittel. Sie kommt aus einem Dorf in der Provinz, und ich war diejenige, die ihr davon erzählte. Sie lebte in einer Beziehung, in der ihr Freund ständig Sex von ihr wollte. Ich habe ihr beigebracht, wie sich eine Schwangerschaft verhindern lässt.“
Ein wichtiger Aspekt des Programms „Generation Change!“ ist es, Mädchen und Jungen dazu zu bewegen, gemeinsam Lösungen für ihre Partnerschaft zu finden – etwa durch die Teilnahme an einem Jugendnetzwerk, das sich für Fragen nach sexueller und reproduktiver Gesundheit sowie Kinderschutz einsetzt. Das Engagement von Gleichaltrigen füreinander ist dabei wichtig, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Jugendliche agieren als Vorbilder, geben anderen Mädchen und Jungen sachkundig Auskunft beim Thema Sex und sie fördern dadurch positive Verhaltensweisen bei Verhütung und Familienplanung.
Ebenso wie Annette ist auch der 23-jährige Boyd seit 2018 als Peer Educator dabei: „Ich habe nicht geglaubt, dass Mädchen irgendwelche Rechte haben, aber jetzt verstehe ich, dass wir gleichberechtigt sind. Früher hielt ich es für selbstverständlich, dass ich das Recht und die Macht hatte, mit Mädchen Sex zu haben. Ich habe sie und ihre Rechte nicht respektiert – ich werde meine zukünftige Frau und meine Kinder gleichbehandeln.“
Durch die Arbeit mit Jungen und jungen Männern lernen diese, wie ungerechte Erwartungen und negative Männlichkeitsvorstellungen auch sie betreffen, welche Regeln in einer Beziehung gelten und wie sie die Rechte von Mädchen und damit ihre Gleichstellung unterstützen können.
„Ich dachte eigentlich nicht, dass Mädchen und Jungen gleichberechtigt sind. Die Art und Weise, wie ich sie früher behandelt habe, war anders. Ich hatte das Gefühl, dass ich über den Mädchen stehe, und habe meinen Schwestern nicht erlaubt, sich mit Jungen zu treffen“, erklärt Boyd, der mittlerweile als Vorbild für andere junge Männer in seiner Gemeinde gilt.
„Früher hielt ich es für selbstverständlich, dass ich das Recht und die Macht hatte, mit Mädchen Sex zu haben.“
„Als Jungen haben wir mit Gruppenzwang und einem Mangel an richtigen Informationen zu kämpfen. Ich spreche mit den Jungs und gebe ihnen Ratschläge. Ich gebe ihnen Informationen darüber, wie sie sich vor ansteckenden Krankheiten schützen können. Ich habe früher nie Kondome benutzt, aber seit ich Peer Educator bin, habe ich kein Problem mehr damit. Damals wusste ich nicht viel über sexuell übertragbare Krankheiten, Geschlechtskrankheiten, HIV/Aids und Verhütungsmittel. Seitdem habe ich eine Menge gelernt und andere informiert.“
Sowohl Annette als auch Boyd setzen sich aktiv für den Wandel hin zu einer gerechteren, geschützten und gleichberechtigten Gemeinschaft ein. Sie tragen dazu bei, dass Mädchen ihre Rechte wahrnehmen können und die Zahl der ungewollten Schwangerschaften verringert wird. Letztere zerstören oft das Leben von Mädchen, denn eine frühe Mutterschaft beeinträchtigt massiv die Bildungs- und Beschäftigungschancen von jungen Frauen.
„Mädchen stehen vor vielen Herausforderungen – und die Menschen lassen sie noch immer nicht teilhaben. Vor allem in ländlichen Gebieten werden sie zu frühen Heiraten gezwungen“, sagt Boyd, der eines Tages Elektroingenieur werden möchte und für dieses Projekt brennt.
Annette ergänzt: „Früher lachten einen die Leute aus, wenn man Verhütungsmittel verteilte, heute nicht mehr. Ich möchte Anwältin werden, denn ich glaube an Gerechtigkeit und möchte mich dafür einsetzen. Jetzt hört man uns jungen Leuten zu. Wir haben eine Stimme, die wir vorher nicht hatten. Darüber bin ich sehr froh.“
Die Geschichte von Annette und Boyd wurde mit Material aus dem sambischen Plan-Büro aufgeschrieben.