„Warum macht sie das, sie ist doch ein Mädchen? Das ist Jungssache!“ – Aussagen wie diese musste sich Stefany, die sich schon früh für Informatik und Robotik interessierte, immer wieder anhören. „Ich wurde oft verurteilt“, erinnert sich die 15-Jährige. Entmutigen ließ sie sich davon jedoch nicht.
Die junge Bolivianerin entdeckte ihre Faszination für die Wissenschaft bereits in der Grundschule und wurde von ihren Lehrer:innen gefördert. Die Möglichkeit, mit ihren Fähigkeiten etwas Einzigartiges zu schaffen, begeistert Stefany an der Welt der Technik besonders.
„Es macht mir Spaß, Videospiele zu entwickeln“, sagt sie. „Es ist aufregend, ein Lernspiel zu gestalten und dann damit unterrichten zu können.“ In den letzten drei Jahren hat Stefany drei Videospiele für Grundschulkinder programmiert. Das erste – „Mutter Erde“ – schuf sie als Reaktion auf die Waldbrände im Jahr 2019, die Millionen Hektar bolivianischen Amazonas-Regenwald zerstörten. Das zweite Spiel erklärt Kindern Covid-19 und das dritte gibt Tipps, wie man eine Infektion mit dem Coronavirus einfach zum Beispiel durch Abstandsregeln, Mund-Nasen-Schutz und Händewaschen verhindern kann. Für dieses Spiel erhielt die aus Cochabamba stammende junge Wissenschaftlerin die Goldmedaille bei der nationalen Wissenschaftsolympiade – ihre Teilnahme an dieser ist für Stefany ihr bisher größter Erfolg.
Die Robotertechnik ist ein weiterer Wissenschaftszweig, für den sich die 15-Jährige begeistert. „Die Motoren zu bauen und die Verbindungen, aus denen ein Roboter besteht, fasziniert mich“, erzählt Stefany. Zuletzt nutzte sie ihre Fähigkeiten, um ein künstliches Beatmungsgerät für Covid-19-Patient:innen zu entwickeln, das aufgrund des Mangels an Sauerstoff in ihrer Gemeinde dringend benötigt wurde. Das Gerät wurde in ihrer Gemeinde von Ärzt:innen genutzt, um betroffene Patient:innen zu versorgen.
„Ohne Unterstützung wäre ich nicht dahin gekommen, wo ich jetzt bin.“
Stefany, die auch an einem Projekt von Plan International teilnimmt, das Mädchen über ihre sexuellen und reproduktiven Rechte aufklärt, hat die negative Einstellung, die ihr in der Wissenschaft häufig entgegengebracht wurde, für sich in etwas Positives umwandeln können: Motivation. Sie lernte noch eifriger und bat ihre Lehrer:innen, ihre Talente auf Wissenschaftsmessen zu präsentieren – oft waren die Menschen überrascht, dass ein Mädchen die ausgestellten Roboter gebaut hatte.
Stefany ist überzeugt, dass die meisten Jobs im sogenannten MINT-Bereich (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) männlich besetzt sind, weil die in Bolivien vorherrschenden Geschlechterstereotypen und sozialen Normen Frauen daran hindern, Fuß in der Branche zu fassen. „Es fehlt an Unterstützung für Mädchen“, so die 15-Jährige. „Ohne Unterstützung wäre ich nicht dahin gekommen, wo ich jetzt bin. Denn wenn du etwas tun willst, dann brauchst du jemanden, der dich darin unterrichtet. Und du brauchst Selbstbewusstsein, damit dich die Vorurteile anderer Menschen nicht treffen.“
Für Mädchen und junge Frauen, die sich für Wissenschaft interessieren, fordert Stefany mehr Räume, damit sie in ihren Fähigkeiten gefördert werden können. Sie fordert auch, dass die Beteiligung von Mädchen und jungen Frauen – etwa bei Wissenschaftswettbewerben, die oft ausschließlich für Männer ausgeschrieben sind – nicht blockiert wird. Zwar sieht Stefany, dass „die Kluft nach und nach kleiner wird und Frauen Schritt für Schritt mehr Beachtung in der Wissenschaft finden“. Dennoch ist es noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung.
Wenn Stefany an ihre Zukunft denkt, dann sieht sie sich mit einer erfolgreichen Karriere in der Informatik oder Robotik. Ihr Wunsch ist es, dass Mädchen nicht von der Angst vor einer Welt, die ihnen mit Vorurteilen begegnet, verunsichert und eingeschränkt werden sollten. Ihr Ratschlag: „Wenn sie dich verurteilen, entspann dich. Es wird vorrübergehen. Und es wird die Zeit kommen, in der dich die Gesellschaft akzeptiert und du keine Angst mehr hast ihr zu zeigen, was du alles draufhast!“
Die Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Bolivien erstellt.