Seit ich sechs Jahre alt bin, mache ich Karate. Seit über zehn Jahren bin ich Mitglied der Nationalmannschaft und habe aus meinem Hobby meinen Beruf gemacht. Ich habe einige Sportverletzungen hinter mir und diverse Operationen. Über manche meiner Probleme habe ich mehr, über andere weniger offen gesprochen. Aber warum? Als meine Schultern im Training geschmerzt haben, habe ich dies einfach frei heraus gesagt. Als ich jedoch kaum noch stehen konnte, weil sich mein Unterleib brutal zusammengekrampfte, hingegen nicht. In dieser Situation habe ich lieber zu Buscopan und Ibuprofen gegriffen, um mein Training durchzustehen. Während meiner Periode bin ich mit mir und meinem Körper oft sehr hart umgegangen. Ich habe mich nicht getraut zu sagen: „Coach, ich schaffe das heute einfach nicht, weil ich starke Schmerzen aufgrund meiner Periode habe.“
„Hätte ich vor Jahren schon das Tabu gebrochen und darüber gesprochen, hätte ich mich nicht so quälen müssen.“
Ich ging davon aus, dass mir keinerlei Verständnis entgegengebracht werden würde. Aber ist mein Umfeld dann daran schuld? Nein, zumindest nicht unmittelbar. Ich gab meinem Umfeld nie die Chance, überhaupt darauf zu reagieren. Heute weiß ich, dass mein Trainer Verständnis dafür hat. Hätte ich vor Jahren schon das Tabu gebrochen und darüber gesprochen, hätte ich mich nicht so quälen müssen. Aber wieso habe ich so lange geschwiegen? Das hat mit Erfahrungen zu tun, die ich davor machen musste. Meine Periodenschmerzen wurden zum Beispiel von Ärzten nicht ernst genommen und ich wurde abgespeist mit Worten wie: „Du bist eine Frau, das gehört dazu.“ Ok, wenn ich eine Frau bin und es allen bewusst ist, dass die Periode zum Frausein dazugehört, warum reden wir dann hinter vorgehaltener Hand über dieses Thema? Jede dritte Frau schämt sich sogar dafür, dass sie ihre Periode hat. Das ist traurig!
Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass der Körper je nach Zyklusphase unterschiedlich leistungsfähig ist. Zyklisch abgestimmte Trainingspläne sind allerdings noch immer eine Seltenheit. Je nachdem, in welcher Trainingsphase sich eine Athletin befindet, kann es sogar passieren, dass die Periode komplett ausbleibt. Was sagte mir einmal ein Arzt dazu? „Das kann schon mal vorkommen, passiert vielen Athletinnen.“ Mir wurde hierbei allerdings nicht erklärt, dass das Folgen haben kann, die meine Fruchtbarkeit betreffen könnten. Solche Vorkommnisse zeigen mir immer mehr, dass wir mehr über die Periode sprechen müssen!
Ich bin eine Frau, die heute offen über dieses Thema spricht. Ich hoffe, damit jüngeren Mädchen zu helfen, die nach wie vor im Stillen leiden und ihrem Körper möglicherweise Schaden zufügen. Ich möchte dazu ermutigen, offen zu kommunizieren und auch Trainer darum bitten, sich mit dem Thema der Periode im Training und im Leistungssport auseinanderzusetzen. Lasst uns gemeinsam die Periode von der „Tabu-Liste“ nehmen!
Sophie Wachter ist als Karateka international erfolgreich und untersützt Plan International als Botschafterin seit 2020.