Goldgelber Sand – soweit das Auge reicht. Die mächtige Wüste Ténéré im Norden Nigers ist mit ihren malerischen Dünen zu einer Art Markenzeichen für den westafrikanischen Staat geworden. Und sie breitet sich immer weiter aus. Die Bilder von Überschwemmungen vom August 2021 passen da scheinbar nicht ins Bild: Fluten inmitten der zentralen Sahelzone. Doch die Extreme – Hitze, Trockenheit und Überschwemmungen – haben den Klimawandel als eine gemeinsame Ursache. Sowohl in Niger als auch in den Nachbarländern Burkina Faso und Mali deuten Analysen auf eine Zunahme von unregelmäßigen Regenfällen, extremen Dürren, Überschwemmungen und Stürmen hin.
In Niger kam es allein in der Regenzeit 2021 zu Überschwemmungen, von denen nach UN-Angaben mehr als 250.000 Menschen betroffen waren und die zum Verlust von Eigentum, Ernten und Viehbestand führten. Auch die Hauptstadt Niamey, die direkt am Fluss Niger liegt, blieb nicht verschont: Viele Häuser, insbesondere solche aus Lehm, stürzten ein. Einige Familien haben alles verloren, wie jene von Rachida.
„Das Wasser stand mir bis zu den Hüften.“
„Es war in der Nacht, da begann es zu regnen, und es hörte nicht mehr auf“, erinnert sich die heute 18-Jährige. „Wir waren mit meinen Geschwistern und Tanten im Zimmer, als wir draußen Schreie hörten. Die Menschen wurden aufgefordert, aus ihren Häusern zu kommen. Ich nahm meine Lieben und floh in höher gelegene Gebiete. Das Wasser stand mir bis zu den Hüften. Wir waren gezwungen, alles zurückzulassen, um unser Leben zu retten.“
Zum Zeitpunkt der Katastrophe war Rachida Auszubildende in einer Nähschule. Ihre Großmutter hatte ihr geholfen, eine Nähausrüstung zu kaufen, mit der sie zu Hause üben konnte. Aber nach der zerstörerischen Flut standen diese beruflichen Pläne infrage: „Das Wasser hat alles weggespült – meine Stricknadeln, meine Perlen, alles, was ich zum Verzieren von Kleidern benutzte, und auch meine Ausrüstung zur Herstellung von Flüssigseife. Ich war sehr traurig“, sagt Rachida.
Für Rachidas Großmutter bestand damals die größte Sorge darin, einen sicheren Ort für sich und ihre zehn Angehörigen zu finden. Sie wurden schließlich von einer Familie in einer Nachbargemeinde aufgenommen.
„Wochen nach den Überschwemmungen waren wir immer noch auf die Hilfe anderer angewiesen“, sagt Rachida. „Wir haben einmal am Tag gegessen und manchmal schliefen wir mit leerem Magen. Als meine Großmutter 50 Euro Soforthilfe von Plan International erhielt, war das für uns ein Fest!“ Die Unterstützung verhalf der Familie wieder zu einer besseren Versorgung.
Doch Rachidas Großmutter ergriff die Initiative, um viel mehr aus der Barschaft zu machen. Sie lud alle Frauen in ihrer Gemeinde, die ebenfalls Geldtransfers erhalten hatten, ein – und gründete mit ihnen eine Frauengruppe. Die 47 Mitglieder legten einen Teil ihres Geldes zusammen, um Saatgut zu kaufen und einen kleinen Anbaubetrieb zu starten. Die Frauen begannen damit, Gemüse anzupflanzen. Das sicherte die Ernährung ihrer eigenen Familien; die Ernteüberschüsse verkaufen die Mitglieder mit Gewinn.
„Aus den 50 Euro haben wir einen Garten gemacht, in dem Tomaten, Salat, Zwiebeln, Gurken, Okraschoten, Kürbisse und Melonen wachsen. Plan hat uns in der schwierigsten Zeit unseres Lebens geholfen, unser Leben neu zu beginnen“, sagt Rachida, die inzwischen ihr Nähgeschäft wieder aufnehmen konnte.
Die Geschichte von Rachida und ihrer Familie wurde mit Material aus dem nigrischen Plan-Büro aufgeschrieben.