Inmitten der trockenen Wüstenlandschaft wirkt ein üppig grüner Garten wie eine fantastische Oase – eine Fata Morgana. Kürbisse und Zitronenbäume gedeihen neben Sauerampfer, Maniok und Moringa, einer Art Rettich, sowie weiterer traditioneller Sorten – wenn es genügend Wasser gibt. Die Region Tillabéri im Südwesten Nigers, in der sie gedeihen, ist von den Folgen des Klimawandels betroffen. Niederschläge fallen dort unregelmäßig: Mal steht das halbe Land unter Wasser, derzeit herrscht Dürre.
Der westafrikanische Staat befindet sich vor allem deswegen in der schlimmsten Hungerkrise seit Jahrzehnten, und die Kinder, die die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, sind am stärksten davon betroffen. 3,3 Millionen Menschen (13 Prozent der Bevölkerung) in Niger werden im kommenden Sommer von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein und 47 Prozent der Kinder unter fünf Jahren chronisch unterernährt. Das entspricht einem Anstieg von 3,5 Prozent im Vergleich zu 2021, zeigen UN-Statistiken vom März 2023.
Der Hunger ist in Niger einer der Hauptgründe, warum Kinder die Schule abbrechen. Denn mit einem leeren Magen können sie sich beim Unterricht kaum konzentrieren. Ihre Eltern holen die Kinder außerdem nach Hause, damit sie dort arbeiten und zur Versorgung der Familie beitragen. Es ist die einzige Chance, täglich eine Mahlzeit für die Familie auf den Tisch zu bringen.
Die elfjährige Ashraf ist allerdings in der Schule und dort damit beschäftigt, die Pflanzen in ihrem Garten zu gießen – und damit sowohl gegen den Hunger als auch etwas für ihre Bildung zu unternehmen. Als eine Antwort auf die anhaltende Hungerkrise in Niger, und um Kinder zu ermutigen, in der Schule zu bleiben, hat Plan International 2022 den Aufbau von Gärten an sieben Schulen in vier Dörfern von Tillabéri unterstützt. Ein Jahr später gedeihen diese nun. Die Mädchen und Jungen nutzen die erlernten Fähigkeiten, um auch zu Hause kleine Beete anzulegen.
Die lokal erzeugten Produkte sorgen für eine ausgewogene, nährstoffreiche Versorgung. Ashraf, die Mitglied im Schulclub ist, sagt: „Ich kümmere mich gerne um den Garten, weil ich dadurch auch neue Freundschaften geschlossen und gelernt habe, wie man Pflanzen pflegt, und dass Moringa eine nahrhafte Pflanze ist. Es hat mich motiviert, zu Hause meinen eigenen Garten anzulegen.“
„Ich habe gelernt, wie man Pflanzen pflegt, und dass Moringa nahrhaft ist.“
„Alle Kinder haben eine Rolle. Einige pflanzen an, andere bereiten den Kompost vor oder kümmern sich um das Jäten, Pflügen und Gießen“, sagt Professeur Issifi, der Schulleiter einer der sieben Partnerschulen von Tillabéri ist. „Bis zur Ernte ist eine ganze Kette von Arbeitsschritten erforderlich – eine praktische Anwendung für den Unterricht, denn die Gartenarbeit ist bei uns Teil des naturwissenschaftlichen Lehrplans.“
Vor einem Jahr, als es rund um den neuen Schulgarten noch ähnlich sandig und wüstenartig aussah wie in weiten Teilen von Niger, verteilten die Plan-Teams Saatgut und Geräte an die beteiligten Schulen. Allein an jener von Professeur Issifi gibt es 630 Mädchen und Jungen: „Unser Schulgarten ist eine Quelle des Stolzes für Lehrkräfte und Schulkinder.“ In Workshops bekamen sie Hinweise zu nachhaltigen Anbaumethoden sowie die eigene kleine Lebensmittelwirtschaft.
„Unser Schulgarten ist eine Quelle des Stolzes.“
Neben der Vielfalt an Gemüse und Obst waren Umwelt- und Bodenschutz sowie die Herstellung von Kompost ebenfalls Thema beim Workshop und damit grundlegende Kenntnisse, die die praktischen Fähigkeiten der Kinder fördern. „Ich pflege meinen Garten jeden Tag. Wenn ich mal nicht da bin, kümmert sich mein älterer Bruder darum“, erzählt Ashraf.
Das alles lohnt sich nicht nur für eine bessere Ernährung, die in den Gärten anfallenden Überschüsse werden mittlerweile verkauft – etwa, um Lernmaterial anzuschaffen. „Letztes Jahr haben wir beim Schulfest Moringa verkauft. Mit dem Erlös konnte der Schulleiter Kreide besorgen“, sagt Ashraf stolz. „Jetzt brauchen wir noch ein Wasserbecken, um den Garten besser zu bewässern, einen Zaun, damit die Schafe nicht reinkommen und die Pflanzen fressen, Stifte, Hefte und andere Schulmaterialien“, skizziert Ashraf die weiteren Schritte ihres Schulclubs, mit denen aus trockener Erde eine wachsende grüne Oase geschaffen werden soll.