Mit Leidenschaft für Schönheit

Foto: Plan International

Als Kind verheiratet, arbeitet sich Devi allen familiären Hürden zum Trotz hoch. Wie eine Beauty-Karriere am Fuße des Himalajas klappt.

Eine Kindheit am Fuße des Himalajas – das klingt aus der Distanz nach einer Jugendidylle. In Richtung Süden fließen hier die Wassermassen ab, die der Monsun im Sommer über dem mächtigen Gebirge abwirft, und mit Glück sind entlang der Grenze zu Indien die Königstiger zu sehen. Baridya heißt der kleine Bezirk im Südwesten Nepals, aus dem Devi stammt.

Als die heute 25-Jährige noch in einem abgelegenen Dorf dieser Region zur Schule ging, beschloss sie, ihren Freund zu heiraten – aus Unwissenheit, aus sozialem Druck. Viele Ehen in dem Himalaja-Staat werden geschlossen, noch bevor die Eheleute volljährig sind. Damit begann allerdings auch für die damals 16-jährige Devi eine schwierige Zeit, denn sie musste die Rolle der Ehefrau und wenig später die der Mutter übernehmen. Das lenkte ihre Aufmerksamkeit von der Schulbildung auf die Aufgaben im Haushalt.

Eine junge Frau steht in einem Beauty-Salon
Als Teenagerin wollte Devi (25) die Schule erfolgreich beenden und einen Job finden Plan International
Ein sandiger Weg zwischen Hütten
Frauen in einem Dorf im Süden Nepals Anika Büssemeier

Die Folgen einer Kinderheirat

In den ländlichen Teilen Nepals gibt es erhebliche Hindernisse, die junge Frauen davon abhalten, sich selbst Arbeit zu verschaffen oder eine angemessene Beschäftigung zu finden. Ihre oftmals früh geschlossenen Ehen sind eines davon. Gesellschaftliche Normen und Stereotypen hindern Frauen außerdem daran, bestimmte Berufe zu ergreifen, die als eher für Männer geeignet gelten.

„Meine Heirat hat meine Lebenspläne grundlegend verändert.“

Devi (25), junge Mutter und Teilnehmerin eines Ausbildungsprogramms

„Meine Heirat hat meine Lebenspläne grundlegend verändert“, erzählt Devi. „Ich wollte die Schule beenden, einen Job finden und mich selbst um meine Familie kümmern.“ Trotz der Hürden, die ihre Kinderheirat und frühe Mutterschaft mit sich brachte, blieb sie entschlossen und verlor ihre Ziele nicht aus den Augen. Sie schaffte es schließlich, ihren Sekundarschulabschluss zu machen. Doch da die Arbeitsmöglichkeiten in ihrem Dorf begrenzt waren, fand sie nirgendwo eine Anstellung.

Hinzu kommt landesweit der fehlende Zugang zu Bildung und Ausbildung in Bereichen, die typischerweise mit männerdominierten Branchen in Verbindung gebracht werden. Ohne eine angemessene Ausbildung und die Möglichkeit, Fähigkeiten in diesen Berufsfeldern zu entwickeln, kann es für junge Frauen schwierig sein, Arbeit zu finden und im Wettbewerb zu bestehen.

Eine junge Frau lacht
Devi (25) in ihrem Element: Schon von klein auf interessierte sie sich für das Friseurhandwerk Plan International
Eine Frau schneidet Haare
Haare waschen, schneiden, legen – das erledigen in Nepal traditionell Männer Plan International

Berufliche Bildung macht den Unterschied

Haare waschen, schneiden, legen, Kosmetik und Parfüm – schon von klein auf interessierte sich Devi für das Friseurhandwerk. Als sie durch Freundinnen von einem Berufsbildungsprogramm in Bardiya erfuhr, bewarb sie sich prompt. Ein Kurs bot die Möglichkeit, Friseur- und Kosmetikkenntnisse zu erwerben.

„Ich war voller Hoffnung. Ich bewarb mich und wurde ausgewählt“, erinnert sich Devi an die Zeit vor einem Jahr. „Die Trainerinnen haben mir dann so viel beigebracht – Lebenskompetenzen, Geschäftstraining und sogar, wie ich mich selbst vor Missbrauch schützen kann. Das Beste war, dass ich gelernt habe, wie man Haare schneidet! Es ist erstaunlich, wie weit ich damit gekommen bin.“

„Ich konnte meine Leidenschaft zum Beruf machen.“

Devi (25), Absolventin eines Ausbildungsprogramms

Devis Erfolg hat mit ihrem zweimonatigen Unterricht im örtlichen Ausbildungszentrum zu tun, den Plan International mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland organisiert. Die angehende Friseurin hat dadurch verschiedene Fertigkeiten rund um die Haarpflege erlernt. Der theoretischen Ausbildung folgten praktische Stunden in einem örtlichen Friseursalon, bei denen sie ihre Erfahrungen perfektionierte. Rundum auf die Gründung ihres eigenen Unternehmens vorbereit sagt die fertig ausgebildete Frisörin: „Dass ich einmal meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte, war nur durch diese Fortbildung möglich.“

„Devi Hair Cutting and Beauty Parlour Shop” hat die junge Frau ihren Salon genannt. Ein Jahr nach dessen Eröffnung zieht er täglich zwischen zehn und 25 Kunden an, die zum Haareschneiden und zur Schönheitspflege kommen. Bis zu 20.000 nepalesische Rupien (etwa 135 Euro) verdient Devi monatlich.

Eine junge Frau rasiert einen Mann
Ehe Devi fremde Männer bedienen durfte, musste sie um Erlaubnis fragen Plan International

Patriarchale Strukturen, Tabubrüche und ein geordnetes Familienleben

„Zunächst hatte ich Zweifel an meiner beruflichen Entscheidung, aber als ich sah, wie der Glaube meiner Familie an mich wuchs, wurde ich zuversichtlicher“, sagt Devi, die zuvor die Zustimmung ihrer Familie einholen musste, bevor sie fremden Männern die Haare schneiden durfte. „Es war nicht einfach, männliche Kunden zu bedienen. Zunächst musste ich die Unterstützung meines Mannes gewinnen, und gemeinsam überredeten wir meine Schwiegereltern. Erst dann waren sie einverstanden, dass ich an den Schulungen teilnehme.“

„Anfangs musste ich die Unterstützung meines Mannes gewinnen.“

Devi (25), Inhaberin eines eigenen Beauty-Salons in Nepal

Trotz der Unterstützung durch ihre Familie musste Devi auch die Männer davon überzeugen, sich von einer Frau die Haare schneiden zu lassen – eine Tätigkeit, die traditionell als Aufgabe unter Männern angesehen wird. „Anfänglich zögerten die Kunden, sich von mir bedienen zu lassen, aber jetzt fühlen sie sich wohl“, strahlt Devi. „Ich bin ein lebendes Beispiel dafür, dass Arbeit nicht durch Geschlechterstereotype eingeschränkt werden sollte.“

Zwei Frauen laufen durch belebte Gasse
Auch im Süden von Nepal wimmeln die Straßen von Menschen und ihren Alltagsgeschäften Anika Büssemeier

Mit Devis Salon hat sich noch mehr im Leben der Familie im südwestlichen Nepal verändert: „Früher war mein Mann der alleinige Ernährer und musste oft nach Indien reisen, um saisonale Arbeit zu finden. Mein Einkommen ist nun zu einer verlässlichen Quelle geworden, für die Ausbildung unserer Kinder, Haushaltsausgaben, Kreditrückzahlungen und Arztrechnungen. Ich bin nicht mehr auf meinen Mann angewiesen und unterstütze meine Familie von ganzem Herzen“, freut sich Devi, die für ihre Kinder schon weiterdenkt.

Da sie selbst als Mädchen verheiratet worden ist, tritt Devi als eifrige Verfechterin gegen diese Praxis auf. „Die Beendigung von Kinderheiraten liegt in der Verantwortung aller. Wir müssen uns gemeinsam für eine bessere Zukunft einsetzen.“

Marc Tornow hat Nepal seit 1994 mehrfach bereist, dort gearbeitet und die Geschichte von Devi mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.

Ihre Spende: Berufliche Zukunft und Arbeit für junge Menschen

In den ländlichen Regionen Nepals haben es junge Menschen schwer, eine Arbeit zu finden. Fehlende schulische und berufliche Bildung sind die Haupthindernisse auf dem Weg zu einer guten Arbeitsstelle. Viele Mädchen heiraten, bevor sie 18 Jahre alt sind. Sie haben anschließend kaum noch Möglichkeiten, eine Ausbildung zu machen und eigenes Geld zu verdienen. Plan International hat deshalb ein Projekt ins Leben gerufen, welches jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren berufliche Bildung und Einkommensmöglichkeiten bietet.

Jetzt unterstützen

Sie mögen diesen Artikel? Teilen Sie ihn gerne.

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Engagieren Sie sich mit uns für eine gerechte Welt! Registrieren Sie sich jetzt für unseren kostenlosen Newsletter

Widerruf jederzeit möglich. Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung sowie unsere Kinderschutzrichtlinie

Newsletter