
Mit Schokolade aus der Arbeitslosigkeit
Als die COVID-19-Pandemie 2020 El Salvador traf, hatte sie tiefgreifende Auswirkungen auf das Gesundheitssystem und das soziale Gefüge des Landes. Vor allem aber legte sie die strukturellen Schwächen der dortigen Wirtschaft offen.
In dem kleinsten und zugleich am dichtesten besiedelten Land Mittelamerikas arbeiten laut Zahlen der Friedrich-Ebert-Stiftung 45 Prozent der Erwerbstätigen im informellen Sektor, also ohne gesetzlichen Schutz und meist ohne Arbeitsvertrag. Die meisten von ihnen im Dienstleistungsbereich oder der Landwirtschaft. Denn vertraglich geregelte Jobs gibt es in El Salvador nicht genug.
Dieses Strukturproblem hatte zur Folge, dass über eine halbe Million Menschen ohne finanzielle Absicherung ihre Arbeit verloren, was einer Studie der Stiftung Fundación Naturaleza El Salvador zufolge über 35 Prozent der Haushalte in eine erhöhte Ernährungsunsicherheit stürzte. Auch Clary und ihr Ehemann waren durch die strikten Lockdown-Regeln und die lahmgelegte Wirtschaft von den massiven Stellenverlusten betroffen.



Aller Anfang ist klein
Arbeitslosigkeit bedeutet für die meisten Menschen enorme Unsicherheit. Die psychischen Belastungen, die damit einhergehen, führen oftmals bis zur Handlungsunfähigkeit. Doch nicht so für Clary. Die junge Frau aus dem Departamento Cuscatlán hat den Absprung geschafft und einen Neuanfang gewagt. Inzwischen ist sie erfolgreiche Geschäftsführerin ihres eigenen Unternehmens, Tláloc Chocolat, über das sie ihre handgemachten Schokoladen vertreibt.
Gestartet hat das Ganze bei Clary zuhause. Mit den begrenzten Ressourcen, die sie in ihrer eigenen Küche zur Verfügung hatte, begann sie, handgemachte Schokoladen-Täfelchen herzustellen. Alles per Handarbeit – vom Rösten und anschließenden Mahlen der Bohnen bis hin zur Veredelung mit Kakaobutter, Zucker und Gewürzen. Ihr Einsatz und ihre Hingabe halfen der jungen Frau nicht nur, ihre Familie durch die Krise zu bringen, sondern haben auch eine erfolgreiche Geschäftsfrau aus Clary gemacht.
„Dank der Schulungen von Plan International konnte ich ein Geschäftskonzept entwickeln, das mein Produkt unter die Leute bringt.“
In jeder Tafel steckt ein Stück göttliche Inspiration
„Die Schokolade, die wir herstellen, hat eine eigene Markenidentität“, sagt Clary stolz. Sie erklärt, dass der Name Tláloc von dem aztekischen Gott des Regens, der Fruchtbarkeit und des Wassers inspiriert ist. Dadurch schafft die Chocolatière eine Verbindung zu den alten Kakao-Traditionen der mittelamerikanischen Hochkulturen. „Wir haben diesen Markennamen gewählt, um tiefer in der salvadorianischen Kultur verwurzelt zu sein.“
Unterstützung bei der Unternehmensgründung bekam Clary von Plan International. Die Kinderrechtsorganisation stellte ihr ein kleines Startkapital zur Verfügung und bot betriebswirtschaftliche Schulungen an, in denen sie lernte, unternehmerisch klug zu handeln und sich auf dem Markt zu behaupten. Mit solchen Berufsbildungskursen will Plan junge Menschen in El Salvador wirtschaftlich stärken und gesellschaftlichen Ungleichheiten entgegenwirken.

„Wir haben in den Schulungen viel über digitales Marketing und erfolgreiches Unternehmertum gelernt. Nun weiß ich, wie ich Geschäftspläne entwickeln muss, wie ich meine sozialen Netzwerke aktivieren kann und wie ich sinnvoll in Werbung investiere“, erzählt Clary begeistert. „Auf dieser Grundlage konnte ich ein Konzept schaffen, das mein Produkt unter die Leute bringt.“
Frauen haben es oft schwer auf dem Arbeitsmarkt
Kleinstunternehmen wie das von Clary stellen für viele Familien in El Salvador die Haupteinkommensquelle dar – über die Hälfte von ihnen, 54 Prozent, führen Frauen. Das hat eine Studie der salvadorianischen Nationalen Kommission für Mikro- und Kleinunternehmen (CONAMYPE) herausgefunden. Für die Frauen ist die Selbstständigkeit oft der einzige Weg, um Geld zu verdienen. Denn auf dem regulären Arbeitsmarkt haben sie wenig Chancen. Das liegt daran, dass sie häufig geschlechterbasierte Diskriminierung erfahren, nur begrenzte Mittel für Bildung haben und oft wenig über Empfängnisverhütung wissen, was wiederum zu frühen Schwangerschaften und Schulabbrüchen führt.
Mit der Starthilfe von Plan International und durch eigene harte Arbeit konnte Clary einen Teil ihres Hauses in eine voll ausgestattete Küche mit Atelier umbauen. Darin stellt sie nun ihre hochwertigen handwerklichen Schokoladen her – ganz ohne Konservierungs- oder Zusatzstoffe und mit 100 Prozent natürlichen Zutaten. Die Räumlichkeiten dienen ihr gleichzeitig als Lager und Büro.

Von der eigenen Küche in die Supermärkte des Landes
Mittlerweile hat Clary ihre Produkte erfolgreich auf dem salvadorianischen Schokoladenmarkt etabliert. Ihre Marke ist bekannt und genießt einen guten Ruf. Das hat die Geschäftsfrau nicht zuletzt dem gezielten Einsatz digitaler Marketing-Strategien zu verdanken, mit denen sie neue Kund:innen erreichte. Aber am Ziel sieht sich Clary noch lange nicht.
„In fünf Jahren werde ich meine Produkte in Supermärkten, Convenience Stores und Restaurants in vielen Teilen des Landes vertreiben“, zeigt sich Clary optimistisch. Auch wenn ihr Weg zur Unternehmerin herausfordernd war, hat er sich für die junge Salvadorianerin auf jeden Fall doppelt gelohnt. Sie erwirtschaftet nicht nur ihr eigenes Einkommen, sie hat auch ihr absolutes Herzensprojekt gefunden.

Mit kleiner Unterstützung Großes bewirken
Die Hilfe von Plan sieht die Chocolatière als großen Vertrauensbeweis in ihre Träume und in ihr Potenzial. „Ich bin stolz und gleichzeitig dankbar, dass mir Plan International das nötige Training und das Vertrauen gegeben hat, damit ich meine Geschäftsidee umsetzen konnte“, sagt sie.
So wie Clary eine scheinbar ausweglose Situation in einen unternehmerischen Neustart verwandelt hat, können mit der richtigen Unterstützung auch viele andere Frauen ihre Träume verwirklichen. Indem Plan International ihnen Ressourcen, Schulungen und ein starkes Netzwerk zur Seite stellt, arbeitet die Organisation weiter daran, Frauen in El Salvador – und in vielen anderen Ländern der Welt – dazu zu befähigen, ihre Ideen zu erfolgreichen Unternehmen zu machen.
Clarys Geschichte wurde mithilfe von Material aus dem salvadorianischen Plan-Büro aufgeschrieben.
