François wirkt nachdenklich und blickt zerknirscht zu Boden, als er über seinen Lebenswandel spricht. Der dreifache Vater ist heute in seiner Gemeinde sowie für seine Familie ein Vorbild für positive Vaterschaft. Und das, nachdem seine Ehe über zwölf Jahre hinweg gescheitert war.
Der 39-Jährige hatte seine Familie mit häuslicher Gewalt traktiert, deren Opfer seine eigene Frau Josiane gewesen war. François hebt hervor, dass dies nun vergangen sei, denn inzwischen habe er eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht.
„Früher bin ich nach Hause gekommen, um mich zu prügeln.“
„Früher habe ich mich rumgetrieben, Bier getrunken und bin nach Hause gekommen, um mich zu prügeln“, berichtet der geläuterte Familienvater. „Meine Familie, meine Frau und meine Kinder, das alles war nicht meine Priorität – ich spürte keine Verantwortung für sie“, erinnert sich François, und sagt dann: „Sie haben lange meine väterliche Fürsorge vermissen müssen.“
Das Elend begann mit François‘ Untreue, die zu häufigen Auseinandersetzungen zwischen ihm und seiner Frau Josiane führte und in eine wahre Abwärtsspirale mündete. Es sollte Jahre dauern, ehe François erkannte, welche negativen Auswirkungen sein chaotischer Lebensstil auf seine ganze Familie hatte – auf seine Frau und insbesondere auf seine drei Kinder.
„Ich änderte mich und nahm mir vor, ein sicheres Zuhause für mich, meine Frau und meine Kinder zu schaffen“, sagt François. „Ich weiß jetzt, dass Kinder mit einer positiven Einstellung großwerden, wenn sie in einem sicheren Umfeld aufwachsen, vor allem wenn sie die Liebe und Zuneigung ihrer Eltern haben.“
„Kinder werden mit einer positiven Einstellung groß, wenn sie in einem sicheren Umfeld aufwachsen.“
François‘ Kehrtwende setzte ein, als die Gemeindevorsteher aus seinem Dorf ihn zur Teilnahme an einem besonderen Förderungsprogramm einluden. In seiner Nachbarschaft hatte sich längst herumgesprochen, wie herausfordernd der Alltag unter dem Dach des Mannes war. Nun sollte François als einer von insgesamt 480 Vätern in den ruandischen Plan-Partnerregionen an Aufklärungskursen teilnehmen. Positive Männlichkeit, Erziehungskompetenz und Prävention von häuslicher Gewalt – all dieser Themen nimmt sich das REAL-Programm an, es steht für Verantwortung (Responsible), Engagement (Engaged) und Liebe (Loving).
„Bevor dieses Projekt begonnen hat, gab es viele Probleme bei uns“, erinnert sich Dorfvorsteher Felix. „Es gab häusliche Gewalt, Schulabbrüche und Wachstumsstörungen bei den Kindern sowie Frauen, die geschlagen wurden. In einigen Familien schliefen die Frauen sogar außerhalb ihrer Häuser.“
Die Teilnahme an dem REAL-Programm unterstützt die Männer bei ihrer persönlichen Entwicklung. Und auch François musste erkennen, dass er ein verantwortungsloser Vater und gewalttätiger Partner gewesen war. „Heute helfe ich meinen Kindern, ich unterstütze sie beim Lernen und wasche ihre Kleidung, damit sie sauber und schick zur Schule gehen können. All diese Aufgaben erledige ich gemeinsam mit meiner Frau.“
Bei ihr hat sich François für sein früheres Verhalten bereits entschuldigt. Gemeinsam begeben sie sich auf einen neuen, friedvollen und respektvollen Lebensweg. „Mein Mann und ich leben ein besseres Leben“, sagt François‘ 31-jährige Ehefrau Josiane. „Wir treffen nun alle Entscheidungen in der Familie gemeinsam. Etwa die Familienplanung, bei der wir uns darauf geeinigt haben, eine bestimmte Anzahl von Kindern zu bekommen, für die wir sorgen können.“
Affären und Seitensprünge haben auch die Ehe von Jean beinahe in die Katastrophe geführt. Der 28-Jährige gibt unumwunden zu, dass er früher das Haushaltsgeld für seine „Leidenschaften“ ausgegeben habe – ohne einen Gedanken an die Auswirkungen auf seine Familie zu verschwenden. „Früher habe ich mein gesamtes Einkommen für Affären mit anderen Frauen vergeudet“, sagt er. „Ich habe mich deshalb häufig mit meiner Frau gestritten, was ihr viel Kummer bereitet hat.“
„Wir haben jetzt Fortschritt, Frieden, Liebe und alles, was wir brauchen.“
Das REAL-Programm richtet sich an Väter ab 21 Jahren, und die Teilnahme half auch Jean dabei, sein Verhalten zu überdenken und zu ändern: „Dadurch wurde mir klar, dass ich mich um meine Familie kümmern und sie respektieren sollte. Alles, was ich jetzt tue, ist für meine Frau und mein Kind.“ Und Jeans Frau Theresie ergänzt: „Wir kommunizieren jetzt besser miteinander und planen zusammen die Zukunft unserer Familie. Wir haben Fortschritt, Frieden, Liebe und alles, was wir brauchen.“
Meinungsverschiedenheiten gibt es in jeder Beziehung. Doch wenn sich Personen bei so gut wie keinem Thema einig sind, hat dies auch Folgen für deren persönliches Umfeld. Theogene ist ein Mann, der nie mit dem Tun und Lassen seiner Frau Frida einverstanden war. Der 29-Jährige sagt, dass ihm die Teilnahme an dem Vaterschaftsprojekt dabei geholfen habe, einen Perspektivwechsel zu wagen, Kompromisse zu finden – und sich mit seiner Frau und Familie zu versöhnen.
Das REAL-Programm für positive Vaterschaft und Männlichkeit von Plan International erwies sich auch in Theogenes Fall von kritischer und kriselnder Haushaltsführung als ein nützliches Instrument für die positive Familienentwicklung. Das Vorhaben zielt darauf ab, junge Männer stärker in die Entwicklung ihrer Kinder einzubeziehen. Väter sollen mehr Verantwortung für ihre Nachkommen übernehmen, wichtige Erziehungspraktiken kennenlernen, selbst anwenden und dadurch einen Beitrag zum Wohlergehen der Kinder leisten.
„Das Projekt leistet einen Beitrag, um die Rechte der Kinder zu achten.“
Was anderswo auf der Welt schon Praxis ist, muss auch und gerade in ländlichen Regionen von Ruanda erst neu durchdacht werden, zum Beispiel die verantwortungsvolle Betreuung von Töchtern und Söhnen durch ihre Väter sowie Spiel, Kommunikation und eine gewaltfreie Erziehung.
„Ziel des Projekts in den Distrikten Bugesera, Gatsibo und Nyaruguru ist es, zum Aufbau einer sicheren und wohlhabenden Familie beizutragen, die die Rechte der Kinder achtet, indem sie ihnen einen sicheren Raum zum Aufwachsen und eine Chance für eine angemessene Entwicklung bietet“, sagt Eric Rwagasore, Projektleiter bei Plan International Ruanda.
In ihrer Paarbeziehung profitieren Frida und Theogene in mehrfacher Hinsicht von dem Projekt. Seit Theogene sich den Fragen von Erziehung und partnerschaftlichem Miteinander widmet, treffen die Eheleute mittlerweile die Entscheidungen für ihre Familie wieder gemeinsam. „Wir haben eine Getreidemühle gekauft, das hat uns im Alltag sehr geholfen. Und wir konnten Vieh kaufen; heute führen meine Frau und ich ein besseres Leben“, zeigt sich Familienvater Theogene zufrieden.
Die Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Ruanda erstellt.