Unter dem Motto „Art is Power – Kunst hat Kraft“ waren Mädchen und junge Frauen aus Nepal eingeladen, ihre Gedanken zum Thema Kinderheirat bildlich auszudrücken. Den Raum dafür bot Plan International mit einer Reihe von Kunstworkshops in dem südasiatischen Land.
Die jungen Teilnehmerinnen analysierten die Probleme und Gefahren, die Frühverheiratung in ihrer Gemeinschaft darstellt – und setzten sie künstlerisch in Szene. Ein einzigartiger Projektansatz, der sich kreativ der Realität annähert, mit der die Kinder und Jugendlichen häufig konfrontiert sind.
Ausgestattet mit Papier und Leinwand, Stiften, Farben und Pinseln illustrierten die jungen Künstlerinnen die verschiedenen Folgen, die Kinder-, Früh- und Zwangsheirat insbesondere auf das Leben von Mädchen haben. Das Ergebnis ist eine ganze Serie von lebensnahen, farbenfrohen Bildern, die den Ernst des Alltags und starke Botschaften abbilden.
„Kinderheirat hindert Mädchen daran, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.“
Da es in Nepal nur wenige sichere Räume für Mädchen und Frauen gibt, in denen sie sich für einen sozialen Wandel einsetzen können, nutzen sie ihre Bilder, um Maßnahmen zur Abschaffung von schädlichen sozialen Normen zu fordern. „Kinderheirat hindert Mädchen daran, ihr volles Potenzial auszuschöpfen“, darin sind sich die Teilnehmerinnen einig – wie auch die Auswahl von neun ihrer Motive zeigt, die wir für die Plan Post zusammengestellt haben:
Radha (17) sagt, dass ihr Bild die Auswirkungen der Kinderheirat auf die Bildung von jungen Frauen hervorhebt. Die Kinderehe nimmt ihnen die Fähigkeit, eine Schule besuchen und eine Ausbildung machen zu können.
Pratima (17, oben) sagt, dass ihr Bild die harte Realität der häuslichen Gewalt darstellt, die durch übermäßige Mitgiftforderungen verursacht wird.
Koshila sagt, ihr Bild (oben rechts) zeige die Last der Ehe und Verantwortung, die sich daraus ergibt. Wobei die 22-Jährige die Schwangerschaft eines Kindes und die überwältigende Hausarbeit hervorhebt, die ihr persönlich keine private Zeit mehr lässt.
Eine Hochzeit zur richtigen Zeit, die Freude darüber – symbolisiert durch Farben und Blumen – zeigt das Bild von Priyanka (21, oben links). Heiraten kann eine gute Sache sein, wenn die Braut körperlich und geistig dazu bereit ist.
Die patriarchalische Praxis von Ghumto Pratha – der Verschleierung des Gesichts von verheirateten Frauen – thematisiert Ruhi (20) auf ihrem Bild. Der Ghumto, ein Schal oder Sari, bedeckt üblicherweise die Gesichter der Nepalesinnen, wenn sie sich in der Gegenwart von Männern befinden.
Verhaftung und Anklage sind die möglichen rechtlichen Folgen einer Zwangsheirat von Kindern, sowohl für die Braut als auch den Bräutigam, hat Priyanka (18) auf ihrem Bild (links) in Farbe festgehalten.
Mit ihrem Bild fordert Shobha (15), dass Kinderheiraten abgeschafft werden und die Bildung der Mädchen Vorrang vor der Ehe haben sollte.
Als sagenumwobener „Wohnsitz der Götter“ treffen sich in Nepal die Kulturen und Religionen aus unterschiedlichen Teilen Asiens. In dem auch als „Dach der Welt“ bezeichneten Himalaja-Staat prägte unter anderem die Volksgruppe der Newari jahrhundertelang die heimische Architektur und Malerei. Rund um das Kathmandutal entstanden beispielsweise Techniken zur Stoff- und Wandmalerei sowie Manuskriptillustration.
In Szene gesetzt werden traditionell Naturerscheinungen wie Sonne und Mond sowie Gottheiten, Adelige oder Gestalten aus der Mythologie. Die Tradition der sogenannten Mithila-Malerei ist seit dem 7. Jahrhundert lebendig, unter anderem im Südosten von Nepal, und kombiniert figürliche Darstellungen mit abstrakten Symbolen und Mustern – ähnlich, wie es jetzt bei dem Kunstprojekt von Plan International Nepal auch einige Teilnehmerinnen gemacht haben.
Marc Tornow hat Nepal seit 1994 mehrfach bereist, dort gearbeitet und die Geschichte von dem Kunstprojekt jetzt mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.