Wohin rollt Nepals kuriose Schmalspurbahn?

Foto: Marc Tornow

Der Staub ist unerträglich, die Hitze ebenfalls. Mittendrin der Bahnhof von Janakpur. Nepals südliche Distrikthauptstadt mit gewichtigem historischem Erbe hat sich sang- und klanglos vom Zugbetrieb entkoppelt. Oder doch nicht?

„Janakpur Station“ steht in verblichenen Lettern über der verrammelten Flügeltür an einem rostrot gestrichenen Gebäude. Im ersten Obergeschoss sind die Fensterläden aufgestemmt und frisch gewaschene Wäsche flattert zum Trocknen an Leinen im heißen Wind. Der Bahnhofsvorsteher und seine Familie leben noch immer in dem Bau, an dem seit Jahren schon kein Zug mehr abgefertigt wurde. Er liegt umgeben von Geröllhalden – kein einziges Gleis ist weit und breit zu sehen.

Rotes Gebäude in karger Umgebung.
Janakpur Station: Ein Bahnhof ohne Gleise. Marc Tornow
Menschen stehen im Schatten des Janaki Mandir.
Der Janaki Mandir von Janakpur ist der Landwirtschaftsgöttin Sita geweiht. Marc Tornow

Ein Königreich für eine Eisenbahn

Zweimal täglich schlichen zuletzt die aus Indien importierten Dieselloks mit ihren kleinen Personenwaggons hinüber in das Nachbarland. Als letzte aktive Eisenbahnverbindung der „Nepal Railways Corporation Ltd.“ blieb der 29 Kilometer lange Streckenabschnitt von Janakpur ins indische Jaynagar offen. Doch seit 2014 ist Schluss mit dem Betrieb rund um die Distrikthauptstadt, die als Ausgangspunkt des Hindu-Epos Ramayana eng mit der Göttin Sita verbunden ist.

Nur drei Eisenbahnlinien wurden bislang in Nepal gebaut, sie gehen auf die 1930er-Jahre und die Könige der Rana Dynastie zurück. Die Strecke zwischen Bijalpura über Janakpur ins indische Jaynagar war mit knapp 50 Kilometern nicht nur die längste im Land, es war auch die am längsten betriebene. Seit in den 1990er-Jahren eine Brücke über den Fluss Bighi zerstört wurde, ruhte der Betrieb schon zwischen Bijalpura und Janakpur.

Wagon hinter einem mit einer Kette verschlossenen Tor.
Endstation für die „Nepal Railways Corporation Ltd“. Marc Tornow
Sandige Straße neben einem alten Zug.
Von der früheren Bijalpura-Jaynagar-Railway ist nur eine sandige Naht geblieben. Marc Tornow

Jetzt ist auf voller Länge nur noch eine einzige weiße Naht aus Schotter zwischen Reisfeldern geblieben. Wo früher die Züge rollten, wird die sandige Furt nun fleißig von Mopedfahrern als Abkürzung um die überlastete Innenstadt von Janakpur genutzt. Sand und Staub wirbeln in dicken Schwaden auf und entlang der einstigen Bahntrasse wenden Frauen in bunten Saris Schutz suchend ihre Gesichter ab. Die Schmalspurbahn ist Geschichte und damit auch eines der kuriosesten Eisenbahnprojekte des Kontinents. Nebenan rosten die verbliebenen Zugteile längsseits im Graben.

„Die Schmalspurbahn ist Geschichte und damit auch eines der kuriosesten Eisenbahnprojekte des Kontinents.“

Marc Tornow, Chefredakteur und Asien-Experte im
Hamburger Plan-Büro

Hoffnung auf eine Verkehrswende

Doch anscheinend sind die hastig abgebauten Gleise noch nicht das Ende für den Bahnhof Janakpur und seine legendäre Linie nach Indien. Das Nachbarland plant eine neue Breitspurbahn auf altem Terrain. Und statt der kleinen Schmalspurzüge sollen bald möglichst reguläre Garnituren verkehren. Der Schaffner im Obergeschoss der Station wird also möglicherweise bald wieder gebraucht.

Weiter nördlich hofft Nepal auf den Bau einer völlig neuen Verbindung quer durch den Himalaja nach Tibet. Der keimende Wettlauf bei der Eisenbahntechnik beflügelt auch im Süden die Ambitionen, und Hoffnungen keimen, dass auch die „Janakpur Railway“ mit einer neu aufgelegten Strecke durch das Terai bis nach West-Nepal zu neuem Ruhm gelangen könnte.

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