Bewaffneter Konflikt in Sudan

Foto: Alf Berg

Nach zwei Jahrzehnten Krieg und Frieden sind in Sudan neue Kämpfe ausgebrochen. Lebensrettende Maßnahmen können zum Teil durchgeführt werden.

[Aktualisiert]

Während der Konflikt in Sudan in die vierte Woche geht, hat Plan International seine lebensrettende Arbeit zur Bekämpfung der Unterernährung von Kindern im Bundesstaat Kassala wieder aufgenommen. Nachdem die Aktivitäten des Kinderhilfswerks bei Ausbruch der Kämpfe unterbrochen wurden, versuchen die Plan-Teams nun, die Menschen in Not in jenen Regionen zu erreichen, in denen es sicher ist.

Allein im Bundesstaat Kassala im Osten des Sudan leidet mehr als ein Viertel der Kinder an akuter Unterernährung. Eine von Plan International im Juni 2022 durchgeführte Untersuchung ergab, dass 27 Prozent der Säuglinge an akuter Unterernährung leiden und 42 Prozent untergewichtig sind. Plan International hat Ende 2022 ein Sofortprogramm für Ernährung gestartet, bei dem mobile Ernährungsteams in abgelegene Gemeinden entsandt wurden, um unterernährte und untergewichtige Kinder zu untersuchen sowie therapeutische Nahrung zu verteilen.

Lebensrettendes Ernährungsprogramm in Sudan nimmt Arbeit wieder auf

Anfang April 2023 wurden noch rund 600 Kinder mit therapeutischer Nahrung gegen Unterernährung behandelt, und rund 5.000 Kinder standen unter regelmäßiger Beobachtung durch die mobilen Ernährungsteams. Als die Kämpfe am 15. April 2023 ausbrachen, wurden diese Maßnahmen eingestellt.

Nach Angaben der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) wurde die Gesundheitsversorgung durch die anhaltende Gewalt im Land schwer beeinträchtigt: Ein Drittel der sudanesischen Gesundheitseinrichtungen ist nicht mehr funktionsfähig, sodass Kinder und ihre Familien keinen Zugang zu lebenswichtigen Leistungen haben. Darüber hinaus erschwert der Konflikt die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und Ernährungsunterstützung für gefährdete Kinder und ihre Gemeinschaften erheblich.

In einigen weiteren Programmgebieten, unter anderem in den Bundesstaaten Nord-Kordofan und Darfur, hat Plan International durch den bewaffneten Konflikt vertriebene Familien in Schulen untergebracht und unterstützt sie – wo möglich – ebenfalls mit Nahrungsmitteln sowie anderen wichtigen Hilfsgütern. Doch die Herausforderungen bei der Arbeit liegen neben einem hohen Sicherheitsrisiko derzeit darin, dass kein Bargeld zur Verfügung steht, da das Bankensystem nicht mehr funktioniert. Außerdem mangelt es an Treibstoff.

Der kleine Ibrahim erhält wieder Nahrungsmittelhilfe
Der kleine Ibrahim erhält wieder Nahrungsmittelhilfe Megumi Michiyama

Zehntausende Menschen sind auf der Flucht

Seit dem Beginn des Konflikts in Sudan steigt die Zahl der geflüchteten Menschen – vor allem in die Nachbarländer Südsudan sowie Ägypten und Tschad. Die Fachleute für humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz von Plan International zeigen sich besorgt darüber, dass eine Flucht für viele sudanesische Familien das Risiko von Ausbeutung und Missbrauch von Kindern – insbesondere Mädchen und jungen Frauen – erhöht. Die Kinderrechtsorganisation erhält Berichte, wonach Familien bei einer Fahrt mit privaten Transportdienstleistern voneinander getrennt werden, was angesichts der Eskalation des Konflikts Anlass zur Sorge um die Sicherheit von Minderjährigen gibt.

Allein in Südsudan sind 45.000 Geflüchtete aus Sudan angekommen. Rund die Hälfte von ihnen sind Frauen. Doch der südliche Nachbar des Sudan durchlebt derzeit selbst eine humanitäre Krise: Etwa 9,4 Millionen Menschen in Südsudan sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Ein weiterer Zustrom von Geflüchteten könnte die angespannte Versorgungslage destabilisieren.

Weitere 25.000 sudanesische Geflüchtete haben die Grenze zum Tschad überquert. Derzeit gibt es dort 14 Notunterkünfte entlang der Grenze.

2005 endete ein 20-jähriger Krieg in Sudan – die Spuren von zerstörter Infrastruktur wie diese ehemalige Schule sind bis heute sichtbar
2005 endete ein 20-jähriger Krieg in Sudan – die Spuren zerstörter Infrastruktur wie diese ehemalige Schule sind bis heute sichtbar Alf Berg

Der Hintergrund der Kämpfe in Sudan

Am 15. April 2023 begannen nach Angaben von Plan-Mitarbeitenden in Sudan gegen 9.00 Uhr schwere Schießereien in verschiedenen Teilen der Hauptstadt Khartum sowie in Marawi Town im Northern Bundesstaat. Auslöser hierfür waren Meinungsverschiedenheiten zwischen rivalisierenden Fraktionen – der regulären sudanesischen Armee und den sogenannten „Rapid Support Forces“ (RSF). Beide Parteien regieren derzeit gemeinsam das nordostafrikanische Land und sind uneins über die Entwicklung hin zu einer zivil geführten Regierung. Verhandlungen zwischen Armee und RSF über ein diesbezügliches Abkommen sind ins Stocken geraten – und nun in einem neuen bewaffneten Konflikt in Sudan gemündet.

Gekämpft wird seitdem vor allem in und um Khartum sowie in anderen Landesteilen. In sechs von zehn betroffenen Bundesstaaten ist Plan International tätig, darunter Nord-Darfur.

„Wir sind erschüttert von den schrecklichen Zusammenstößen in Sudan und stehen an der Seite der Kinder und ihrer Familien, die in den vergangenen Jahren bereits viel Not und Leid erlebt haben und vielfach traumatisiert wurden“, sagt Kathrin Hartkopf, Sprecherin der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. „Wir hoffen, dass dieser Konflikt umgehend gelöst wird, damit die Menschen dort wieder uneingeschränkt Unterstützung erhalten und ihr Leben weiter aufbauen können.“

Kinder laufen in Sudan über einer Wiese
Kinder in Sudan sollen geschützt aufwachsen können Alf Berg

Patenkinder in Sicherheit

Nach derzeitigem Stand sind alle Patenkinder und ihre Dörfer bisher nicht von dem jüngsten Gewaltausbruch betroffen. Auch alle Plan-Mitarbeitenden sowie deren Angehörige sind in Sicherheit. Plan International steht über örtliche Netzwerke mit anderen Hilfsorganisationen sowie den Vereinten Nationen im Austausch.

Für die Familien, die sich noch in Sudan befinden und nicht vor dem Konflikt fliehen konnten, stellt die Eskalation der Kämpfe eine große Herausforderung für die humanitäre Hilfe dar.

Sollten uns konkrete Informationen zu Patenkindern, ihren Familien sowie laufenden Projekten erreichen, teilen wir diese umgehend.

Achtung des humanitären Völkerrechts gefordert

Plan International hat sich den Forderungen nach einer sofortigen und dauerhaften Einstellung der Feindseligkeiten angeschlossen. Die Kinderrechtsorganisation fordert außerdem alle Konfliktparteien auf, das humanitäre Völkerrecht zu achten, einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung und der Sicherheit der Mitarbeiter:innen humanitärer Organisationen. Humanitäre Organisationen wie Plan International müssen Zugang zu bedürftigen Bevölkerungsgruppen haben, und Angriffe auf sie sind völlig inakzeptabel.

Plan International hat außerdem gefordert, dass die in sudanesischen Häfen festsitzenden medizinischen sowie andere Hilfsgüter unverzüglich und ohne bürokratische Hindernisse freigegeben werden und dass weitere Zugänge zum Land erleichtert werden. Die Plan-Teams stimmen sich mit Partnerorganisationen vor Ort über künftige Maßnahmen zur humanitären Hilfe ab. Diese sollen umgesetzt werden, sobald es die Situation im Land erlaubt, und insbesondere Kinder und benachteiligte Familien erreichen.

Kinder in Sudan schützen!

Plan International konzentriert sich bei der humanitären Hilfe in dieser Krise darauf, den geflüchteten, binnenvertriebenen sowie anderen betroffenen Menschen in Sudan und den umliegenden Ländern Sicherheit und Schutz zu bieten. Trotz der schwierigen Situation wegen der anhaltenden Kämpfe setzen wir Maßnahmen zur humanitären Hilfe um und bereiten weitere Aktivitäten, auch in den Nachbarländern, vor.

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