Als sie zum ersten Mal ihre Periode bekam, war Rinku in der Schule. Zu Hause erzählte sie ihrer Mutter von dem Blut, das sie in ihrer Unterhose entdeckt hatte. Daraufhin sagte ihre Mutter ihr, dass dies eine Krankheit sei und Rinku ab jetzt das Haus nicht mehr verlassen dürfe, wenn sie ihre Periode hat. Nicht für die Schule – und auch nicht zum Spielen. Diesem Rat folgte Rinku jahrelang. Auch ihren Cousinen und Freundinnen wurde dieser Mythos von ihren Müttern erzählt und so blieben auch sie während ihrer „besonderen Zeit“ zu Hause.
„Es ist ein Mythos, an den ich geglaubt habe.“
Heute ist Rinku 25 Jahre alt. Sie ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Mit ihrem Mann und ihren Schwiegereltern lebt sie noch immer in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Doch heute hat sie keine Angst mehr vor dem Tabu, das ihr Leben lang bestimmt hat. Sie schämt sich nicht mehr dafür, zu menstruieren. Sie weiß jetzt, dass ihre Periode sie nicht ans Haus fesselt, dass sie sie nicht daran hindert, zum Markt zu gehen, Verwandte zu besuchen oder zu arbeiten. Dass Rinku heute so selbstbewusst mit dem Thema umgehen kann, hat viele Jahre gedauert – und ist das Ergebnis eines Projektes, das Plan International in Bangladesch im Distrikt Bhola, in dem Rinkus Dorf liegt, durchführt.
Ziel des WASH-Projekts (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) ist es, Menschen langfristig Zugang zu sauberem Wasser und Sanitäranlagen zu ermöglichen. Außerdem sind Aufklärungsveranstaltungen zum Thema Hygiene ein fester Bestandteil vieler Aktivitäten. Dies beinhaltet auch Informationsveranstaltungen über die Menstruation. Rinkus Schwiegermutter leitet die Projektgruppe in ihrer Gemeinde, die die Menschen über die richtige Hygiene und den Umgang mit der Periode aufklärt. Für Mädchen und junge Frauen wird ein sicherer Raum geschaffen, in dem sie Fragen stellen können und mehr über ihre sexuellen und reproduktiven Rechte sowie über den weiblichen Zyklus erfahren. Je besser sie über ihren Körper informiert sind, umso selbstbewusster können sie sich für ihre Rechte und Veränderungen einsetzen – damit die Mythen, die noch immer herumgeistern, schnellstmöglich der Vergangenheit angehören. Je mehr Wissen sie über ihren Zyklus haben, umso sicherer können sie sich zudem während der Periode versorgen.
Dass das, was ihr jahrelang über ihre Menstruation erzählt wurde, falsch war, erkannte Rinku, als sie an einer Aufklärungsveranstaltung ihrer Schwiegermutter teilnahm. Heute weiß die junge Frau, dass die Periode keine Krankheit ist und dass Mädchen sich während ihrer Tage nicht verstecken, sondern auf sich aufpassen, sich gesund ernähren und die Menstruationsprodukte regelmäßig wechseln müssen, um Infektionen zu vermeiden. Rinku dagegen hatte als Teenager oft nur ein Tuch, dass sie als Binde verwendete und dass sie laut ihrer Mutter nur heimlich auswaschen und trocknen durfte, damit niemand es sieht. „Wenn meine Schwiegermutter mich nicht zu dem Treffen mitgenommen hätte, dann hätte ich die Wahrheit wahrscheinlich nie erfahren“, sagt Rinku. „Es ist ein Mythos, an den ich geglaubt habe.“
Damit es den Mädchen in ihrem Dorf nicht so ergeht wie ihr damals, klärt auch Rinku inzwischen in ihrer Gemeinde auf: „Ich mache sie darauf aufmerksam, dass viele Geschichten, die über die Menstruation erzählt werden, Aberglaube sind. Auch meine eigene Tochter werde ich mit dem richtigen Wissen großziehen.“
Rinkus Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Bangladesch aufgeschrieben.