„Wenn wir uns selbst verändern, verändern wir auch die Welt um uns herum.“ Davon sind Yuneiris und Yolenny überzeugt. Die beiden Teenagerinnen aus dem Westen der Dominikanischen Republik sind fest entschlossen, sich von traditionellen Geschlechterrollen und den damit einhergehenden Einschränkungen für Mädchen nicht länger vorschreiben zu lassen, welchen Weg sie im Leben gehen können.
Die Strände, der Dschungel und historischen Ruinen der Dominikanischen Republik locken jedes Jahr über 11 Millionen Tourist:innen an. Das sind in etwa so viele Menschen, wie auch auf dem karibischen Inselstaat leben. Das Land teilt sich die Insel Hispaniola mit Haiti und besticht vor allem durch seine vielfältige Landschaft. Unter anderem beheimatet es den höchsten Berg und den größten See der Karibik. Doch das Urlaubsparadies hat auch seine Schattenseiten.
Yuneiris und Yolenny sind nämlich mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Einzig und allein aus dem Grund, weil sie junge Frauen sind. Tief verwurzelte Geschlechternormen schreiben ihnen vor, welche Arbeit sie ausüben und welche Rolle sie in der Gesellschaft spielen dürfen. Oftmals sind es nämlich die Mädchen, die in der Familie die Hausarbeit übernehmen müssen. Darunter leidet vor allem ihre Bildung, da ihnen neben den häuslichen Verpflichtungen kaum noch Zeit zum Lernen bleibt. Das sorgt auch dafür, dass sie später einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt sind.
„Die Herausforderungen, ein Mädchen zu sein, haben alles überschattet.“
Yuneiris sagt, sie habe früher nicht viel Hoffnung für die Zukunft gehabt. „Ich wusste nicht, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Die Herausforderungen, ein Mädchen zu sein, haben alles überschattet“, gibt sie zu. „Obwohl ich das Gefühl hatte, dass ich das Potenzial hatte und meinen Horizont erweitern wollte.“
Auch Yolenny kennt dieses Gefühl der Ungewissheit gut. „Ich verstand meine Gefühle nicht und wusste auch nicht, wie ich trotz all der täglichen Belastungen positiv auf meine Zukunft blicken konnte“, stimmt sie ihrer Freundin zu.
Zu den großen Unsicherheitsfaktoren für junge Frauen in der Dominikanischen Republik zählen vor allem strukturelle Benachteiligungen, wie eingeschränkte Frauenrechte und geschlechtsspezifische Gewalt. Amnesty International berichtet etwa 2024, dass Schwangerschaftsabbrüche in dem Karibik-Staat weiterhin uneingeschränkt verboten sind. Auch sind Femizide, also vorsätzliche Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts, keine eigenständigen Straftatbestände. Dominikanische Mädchen sind also bislang nur unzureichend gegen Frühverheiratung und Schwangerschaften im Teenageralter geschützt.
Für Yuneiris und Yolenny kam der Wendepunkt, nachdem sie die „Life Skills“-Workshops von Plan International besucht hatten. In diesen Schulungen geht es darum, das Selbstbewusstsein, die Entscheidungsfindung sowie die Kommunikationsfähigkeit der Mädchen zu stärken, sie beim Berufseinstieg zu unterstützen, über gesundheitliche Fragen aufzuklären und sie für Geschlechtergleichstellung und Gewaltprävention zu sensibilisieren.
Yuneiris und Yolenny lernten durch das Training vor allem, ohne Angst zu kommunizieren. Selbst über Themen, die zuvor tabu waren. „Jetzt kann ich offen über Themen wie Sexualität und Selbstbestimmung sprechen und habe die Chance, besser informierte Entscheidungen zu treffen“, sagt Yuneiris lächelnd. Die erlernten Fähigkeiten haben den Mädchen nicht nur geholfen, sich selbst besser zu verstehen, sondern auch ihr Selbstvertrauen gestärkt. Bei einer Aufgabe sollten sie zum Beispiel einen Brief an ihr zukünftiges Ich schreiben. Das hat Yuneiris daran erinnert, wie wichtig Träume und Engagement für ihre persönlichen Ziele sind und ihr den nötigen Ansporn gegeben, diese auch zu verfolgen.
Für Yolenny war die Wirkung des Programms ebenso tiefgreifend. Mit einem entschlossenen Blick sagt sie: „Ich habe gelernt, meine Emotionen zu kontrollieren und einfühlsamer zu sein. Inzwischen fällt es mir viel leichter, mich in andere Menschen hineinzuversetzen.“ Für ihre Zukunft ist sie hoffnungsvoll und hat klare Ziele vor Augen, darunter ein Studium der Krankenpflege und Zahnmedizin.
„Meine Eltern und ich führen inzwischen viel ruhigere Gespräche.“
Das Training hilft den Mädchen nicht nur, Fähigkeiten zu entwickeln, die ihnen im Alltag nützen – wie etwa Entscheidungsfindung und Problemlösung. Es verbessert auch langfristig die Beziehung zu ihren Familien. „Früher habe ich kaum mit meinen Eltern gesprochen“, sagt Yuneiris leise. „Jetzt kommunizieren wir besser und lernen gemeinsam.“ Yolenny fügt hinzu: „Meine Eltern und ich führen inzwischen ruhigere Gespräche und verstehen uns besser.“
Diese Veränderung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis zusätzlicher Schulungen, die sich an Väter, Mütter und betreuungsberechtigte Personen richten. Damit will Plan International eine positive Erziehung sowie eine effektive Kommunikation fördern, damit die Erziehungsberechtigten die Entwicklung ihrer Kinder voranbringen können.
Die Kurse für Eltern und Jugendliche sind Teil eines Projekts von Plan International in der Dominikanischen Republik, das darauf ausgerichtet ist, Schwangerschaften von Teenagern und Frühverheiratung einzudämmen. Dazu arbeitet die Kinderrechtsorganisation mit den örtlichen Behörden zusammen, die sich vorwiegend um das Thema Kinderschutz kümmern.
Für Yuneiris und Yolenny hat sich das Projekt jedenfalls ausgezahlt. Sie sehen ihrer Zukunft voller Möglichkeiten entgegen und hoffen, ihren persönlichen Fortschritt und das Gelernte auch mit anderen Mädchen in ihrer Gemeinde teilen zu können. „Wir empfehlen jungen Menschen, sich an diesen Initiativen zu beteiligen. Man lernt sich dadurch selbst besser kennen, stärkt das eigene Selbstwertgefühl und lernt, Ziele im Leben zu entwickeln“, sind sich die beiden einig.
Die Geschichte der selbstbewussten Teenagerinnen Yuneiris und Yolenny wurde mit Material aus dem dominikanischen Plan-Büro erstellt.