Gemeinsam gegen weibliche Genitalverstümmelung
200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit sind der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge von weiblicher Beschneidung betroffen.
Erklärung zum Begriff
Bei Plan International Deutschland verwenden wir unterschiedliche Begriffe wie "weibliche Genitalverstümmelung" (englisch: Female Genital Mutilation), "weibliche Genitalbeschneidung" und "Beschneidung".
In unserer Programmarbeit und im Dialog mit den Betroffenen nutzen wir den Begriff "Beschneidung", sofern dies der Wunsch der Mädchen, Frauen und Gemeinden ist. Trotzdem betrachten wir diese Praxis als schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte von Mädchen und Frauen, die konsequent bekämpft werden muss. Daher sprechen wir auch von "Verstümmelung" und "weiblicher Genitalverstümmelung". Unser Ziel ist es, das Schweigen über dieses gewaltsame Ritual zu durchbrechen und politische Unterstützung zu finden, um die Praktik endlich zu beenden.
Was ist die weibliche Genitalverstümmelung?
Die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung (englisch: Female Genital Mutilation (FGM) oder Female Genital Cutting, FGC)) umfasst verschiedene Verfahren, die darauf abzielen, die äußeren Genitalien von Frauen teilweise oder vollständig zu entfernen oder zu verletzen. Dies kann kulturelle oder andere nicht-therapeutische Gründe haben. Das Alter der betroffenen Mädchen variiert stark. Die meisten, die von dieser Praxis betroffen sind, sind noch Kinder - sie sind zwischen sechs und 13 Jahren alt, wobei die Altersspanne auch von Säuglingen bis zu erwachsenen Frauen reicht.
FGM/C besteht seit Jahrtausenden und wird heutzutage auf allen Kontinenten praktiziert. Länder mit dem höchsten Anteil an 15- bis 49-jährigen Mädchen und Frauen, die beschnitten wurden, sind: Somalia (98%), Guinea (97%), Dschibuti (93%), Sierra Leone (90%), Mali (89%), Ägypten, Sudan (jeweils 87%) und Eritrea (83%).
Aufgrund von Migration nimmt die Zahl der in Europa lebenden beschnittenen Frauen und Mädchen ebenfalls zu. Das europäische Parlament schätzt die Anzahl dieser Frauen auf ca. 500.000.
Gründe für weibliche Beschneidung
In Gemeinden, wo die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung praktiziert wird, ist dies eine alte Tradition, die fest in der Kultur verankert ist und mit dem Verständnis von Frauen, Sexualität, Familie und Ehe verbunden ist. Warum man das macht, kann von Ort zu Ort unterschiedlich sein.
In vielen Ländern mit muslimischer Prägung wird diese Praxis oft als religiöse Pflicht betrachtet. Allerdings gab es FGM schon, bevor die großen Religionen entstanden sind. Dies belegen unter anderem mumifizierte Körper pharaonischer Prinzessinnen. Keine weltweite Religion unterstützt FGM/C.
Normalerweise wird die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung von Frauen durchgeführt, es gibt aber auch männliche Beschneider in einigen Ländern. Die weiblichen Beschneiderinnen sind oft älter und geben ihr Wissen seit vielen Generationen mündlich weiter, inklusive Informationen über heilende Kräuter und überlieferte Geschichten und Mythen. In ihrer Gemeinschaft haben die Beschneider:innen oft ein hohes Ansehen.
Bei der Beschneidung werden verschiedene Werkzeuge verwendet, wie Scheren, Skalpelle, Glasscherben, Rasierklingen, spezielle Messer oder Deckel von Konservendosen. Da oft hygienische Bedingungen, Lichtverhältnisse und vor allem medizinisches Wissen fehlen, werden mittlerweile mehr als 18 Prozent aller Beschneidungen von medizinischem Personal durchgeführt.
Video-Sammlung
Folgen von der Beschneidung
FGM/C ist schmerzvoll und traumatisierend, da sie oft ohne Betäubung durchgeführt wird. Die Entfernung oder Verletzung des Genitalgewebes beeinträchtigt die natürliche Funktionsfähigkeit des Körpers und kann verschiedene unmittelbare und langfristige Komplikationen verursachen.
Akute Probleme können Blutverlust, Zusammenbruch, Infektionen und Schmerzen sein. Langfristig können schwerwiegende Schäden an den Harn- sowie Fortpflanzungs- und Sexualorganen auftreten, dazu ein höheres Risiko für HIV, weniger sexuelles Empfinden und psychische Probleme. Manchmal endet der Eingriff sogar tödlich.
Typen weiblicher Genitalverstümmelung
- Typ I: Partielle oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut (Klitoridektomie)
- Typ II: Partielle oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und der kleinen Schamlippen, mit oder ohne Entfernung der großen Schamlippen (Exzision)
- Typ III: Verengung der Vaginalöffnung mit Herstellung eines bedeckenden, narbigen Hautverschlusses durch Zusammenheften oder -nähen der Wundränder nach Entfernung von Teilen oder der gesamten äußeren Geschlechtsteile (Infibulation oder „Pharaonische Beschneidung")
- Typ IV: Alle anderen schädigenden Eingriffe, die die weiblichen Genitalien verletzen und keinem medizinischen Zweck dienen, zum Beispiel: Einstechen, Durchbohren, Einschneiden, Ausschaben, Ausbrennen, Verätzen, Dehnen
Wie ist die Rechtslage?
Das macht Plan International gegen Genitalverstümmelung
Wir setzen uns sowohl in den Herkunftsländern als auch in Deutschland für die Abschaffung von Genitalverstümmelung ein. Bereits beschnittenen Mädchen und Frauen bieten wir Unterstützung an.
Unser Engagement in den Partnerländern
In den letzten Jahren haben wir Projekte gegen weibliche Genitalverstümmelung in einigen Ländern Afrikas umgesetzt – auch mit Unterstützung der EU. Diese Projekte setzen wir gemeinsam mit lokalen Partner:innen um, die die Besonderheiten ihrer Region kennen und ihre Methoden entsprechend anpassen.
Um langfristige Erfolge sicherzustellen, integrieren wir das Thema weibliche Genitalverstümmelung in umfassende Programme zu Gesundheit, Bildung, Familienplanung und Stärkung der Frauen.
Die Projekte führen wir in Zusammenarbeit mit den Gemeinden durch. Unsere Arbeit basiert auf Aufklärung, Diskussionen und Schulungen zu Menschen-, Frauen- und Kinderrechten.
In Guinea setzen wir uns seit 2007 dafür ein, dass FGM abgeschafft wird. Durch Aufklärung, Gespräche und die Einführung von Alternativen versuchen wir, mehr Mädchen vor der Verstümmelung zu schützen. Wir arbeiten daran, dass Gemeinden bereit sind, die Praxis zu beenden.
In Schulungen informieren wir über die ernsthaften gesundheitlichen und seelischen Folgen die durch die Beschneidung entstehen können. Da es bisher kaum Beratungsangebote für Mädchen und Frauen gibt, die von FGM/C betroffen sind, richten wir mit unseren Partnern Beratungsstellen in den Gemeinden ein. Radiosendungen in verschiedenen Landessprachen klären über die Praktik und ihre Folgen auf.
- Zusammen mit lokalen Organisationen, Jugendclubs und Journalist:innen informieren wir in den Gemeinden über die schweren Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung.
- In Schulungen erfahren Lehrkräfte, Hebammen sowie Fachpersonal aus den Bereichen Gesundheit und Justiz, wie sie sich in ihren Arbeitsbereichen für die Abschaffung von FGM einsetzen können. Sie entwickeln Aktionspläne, wie zum Beispiel Lehrkräfte das Thema kindgerecht in den Unterricht integrieren können.
- Weiterhin machen wir auf bestehende Gesetze aufmerksam und setzen uns dafür ein, dass diese auch umgesetzt werden.
Unser Engagement in Deutschland
Mit unseren Erfahrungen bei der Arbeit mit geflüchteten Menschen in Deutschland haben wir die Broschüre: „Weibliche Genitalverstümmelung im Flüchtlingskontext – Herausforderungen und Handlungsempfehlungen“ herausgebracht. Diese wird bundesweit genutzt und stehe auf unserer Website kostenlos in mehreren Sprachen zur Verfügung.
Darüber hinaus bieten wir die Broschüre „Weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung (FGM/C) – Information für gefährdete und betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland “ kostenlos an. Sie bietet nützliche Infos über die FGM, ihre Folgen sowie Kontaktdaten der Beratungsstellen und medizinischen Anlaufstellen in Deutschland.
Mit einer Patenschaft helfen
Das schließt auch den Schutz vor Gewalt und Kinderrechtsverletzungen wie Genitalverstümmelung ein. Um die schädliche Tradition der Genitalverstümmelung zu beenden, sprechen wir kontinuierlich mit allen Beteiligten. Wir glauben, dass wir die Beschneidung nur dauerhaft stoppen können, wenn die ganze Gesellschaft verstehen, wie schädlich diese Praxis ist.
Liebe Pat:innen,
bitte haben Sie Verständnis, dass wir – um die Würde und die Privatsphäre der Mädchen und Frauen zu wahren – Briefe mit Fragen, ob Ihr Patenkind einen solchen Eingriff hatte, nicht an die Familien weiterleiten können.