Informieren
  1. Magazin
Plan International setzt sich sowohl in den Herkunftsländern als auch in Deutschland für die Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung ein.
Plan International setzt sich sowohl in den Herkunftsländern als auch in Deutschland für die Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung ein. © Plan International / Johanna de Tessières

Gemeinsam gegen weibliche Genitalverstümmelung

200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit sind der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge von weiblicher Beschneidung betroffen.

Erklärung zum Begriff

Bei Plan International Deutschland verwenden wir unterschiedliche Begriffe wie "weibliche Genitalverstümmelung" (englisch: Female Genital Mutilation), "weibliche Genitalbeschneidung" und "Beschneidung".

In unserer Programmarbeit und im Dialog mit den Betroffenen nutzen wir den Begriff "Beschneidung", sofern dies der Wunsch der Mädchen, Frauen und Gemeinden ist. Trotzdem betrachten wir diese Praxis als schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte von Mädchen und Frauen, die konsequent bekämpft werden muss. Daher sprechen wir auch von "Verstümmelung" und "weiblicher Genitalverstümmelung". Unser Ziel ist es, das Schweigen über dieses gewaltsame Ritual zu durchbrechen und politische Unterstützung zu finden, um die Praktik endlich zu beenden.

Was ist die weibliche Genitalverstümmelung?

Anteil der von FGM/C betroffenen Frauen. Quellen: FORWARD (Foundation for Women’s Health Research and Development), Stratégies concertées de MGF)
Anteil der von FGM/C betroffenen Frauen. Quellen: FORWARD (Foundation for Women’s Health Research and Development), Stratégies concertées de MGF)

Die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung (englisch: Female Genital Mutilation (FGM) oder Female Genital Cutting, FGC)) umfasst verschiedene Verfahren, die darauf abzielen, die äußeren Genitalien von Frauen teilweise oder vollständig zu entfernen oder zu verletzen. Dies kann kulturelle oder andere nicht-therapeutische Gründe haben. Das Alter der betroffenen Mädchen variiert stark. Die meisten, die von dieser Praxis betroffen sind, sind noch Kinder - sie sind zwischen sechs und 13 Jahren alt, wobei die Altersspanne auch von Säuglingen bis zu erwachsenen Frauen reicht.

FGM/C besteht seit Jahrtausenden und wird heutzutage auf allen Kontinenten praktiziert. Länder mit dem höchsten Anteil an 15- bis 49-jährigen Mädchen und Frauen, die beschnitten wurden, sind: Somalia (98%), Guinea (97%), Dschibuti (93%), Sierra Leone (90%), Mali (89%), Ägypten, Sudan (jeweils 87%) und Eritrea (83%).

Aufgrund von Migration nimmt die Zahl der in Europa lebenden beschnittenen Frauen und Mädchen ebenfalls zu. Das europäische Parlament schätzt die Anzahl dieser Frauen auf ca. 500.000.

Gründe für weibliche Beschneidung

In Gemeinden, wo die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung praktiziert wird, ist dies eine alte Tradition, die fest in der Kultur verankert ist und mit dem Verständnis von Frauen, Sexualität, Familie und Ehe verbunden ist. Warum man das macht, kann von Ort zu Ort unterschiedlich sein.

In vielen Ländern mit muslimischer Prägung wird diese Praxis oft als religiöse Pflicht betrachtet. Allerdings gab es FGM schon, bevor die großen Religionen entstanden sind. Dies belegen unter anderem mumifizierte Körper pharaonischer Prinzessinnen. Keine weltweite Religion unterstützt FGM/C.

Normalerweise wird die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung von Frauen durchgeführt, es gibt aber auch männliche Beschneider in einigen Ländern. Die weiblichen Beschneiderinnen sind oft älter und geben ihr Wissen seit vielen Generationen mündlich weiter, inklusive Informationen über heilende Kräuter und überlieferte Geschichten und Mythen. In ihrer Gemeinschaft haben die Beschneider:innen oft ein hohes Ansehen.

Bei der Beschneidung werden verschiedene Werkzeuge verwendet, wie Scheren, Skalpelle, Glasscherben, Rasierklingen, spezielle Messer oder Deckel von Konservendosen. Da oft hygienische Bedingungen, Lichtverhältnisse und vor allem medizinisches Wissen fehlen, werden mittlerweile mehr als 18 Prozent aller Beschneidungen von medizinischem Personal durchgeführt.

Video-Sammlung

#TheOtherVulva: Ein Film über weibliche Genitalverstümmelung

#TheOtherVulva: Ein Film über weibliche Genitalverstümmelung

Projekt "Gemeinsam gegen Genitalverstümmelung in Kenia" - Ein Film von Antje Büll

Projekt "Gemeinsam gegen Genitalverstümmelung in Kenia" - Ein Film von Antje Büll

Folgen von der Beschneidung

Die 16-jährige Alminesh ist Mitglied im Uncut Girls’ Club. Die Club-Mitglieder klären in ihren Gemeinden in Äthiopien über die Auswir-kungen der weiblichen Genitalverstümmelung auf und setzen sich für deren Abschaffung ein.
Die 16-jährige Alminesh ist Mitglied im Uncut Girls’ Club. Die Club-Mitglieder klären in ihren Gemeinden in Äthiopien über die Auswirkungen der weiblichen Genitalverstümmelung auf und setzen sich für deren Abschaffung ein.

FGM/C ist schmerzvoll und traumatisierend, da sie oft ohne Betäubung durchgeführt wird. Die Entfernung oder Verletzung des Genitalgewebes beeinträchtigt die natürliche Funktionsfähigkeit des Körpers und kann verschiedene unmittelbare und langfristige Komplikationen verursachen.

Akute Probleme können Blutverlust, Zusammenbruch, Infektionen und Schmerzen sein. Langfristig können schwerwiegende Schäden an den Harn- sowie Fortpflanzungs- und Sexualorganen auftreten, dazu ein höheres Risiko für HIV, weniger sexuelles Empfinden und psychische Probleme. Manchmal endet der Eingriff sogar tödlich.

Typen weiblicher Genitalverstümmelung

Übersicht FGM-Typen
Übersicht FGM-Typen
  • Typ I: Partielle oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und/oder der Klitorisvorhaut (Klitoridektomie) 
  • Typ II: Partielle oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris und der kleinen Schamlippen, mit oder ohne Entfernung der großen Schamlippen (Exzision)  
  • Typ III: Verengung der Vaginalöffnung mit Herstellung eines bedeckenden, narbigen Hautverschlusses durch Zusammenheften oder -nähen der Wundränder nach Entfernung von Teilen oder der gesamten äußeren Geschlechtsteile (Infibulation oder „Pharaonische Beschneidung") 
  • Typ IV: Alle anderen schädigenden Eingriffe, die die weiblichen Genitalien verletzen und keinem medizinischen Zweck dienen, zum Beispiel: Einstechen, Durchbohren, Einschneiden, Ausschaben, Ausbrennen, Verätzen, Dehnen

Wie ist die Rechtslage?

Internationale Abkommen: Zahlreiche Konventionen und Resolutionen der Vereinten Nationen (UN), der Europäischen Union (EU) sowie Deutschlands definieren die weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung als schwere Menschenrechtsverletzung. 

FGM/C verletzt das Recht von Mädchen und Frauen auf körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung sowie Schutz vor Gewalt und Diskriminierung. Damit verstößt sie gegen verschiedene internationale Abkommen, die von den meisten Ländern unterstützt werden.

In einem Zusatzprotokoll zur "Afrikanischen Charta der Rechte der Menschen und Völker" haben sich 49 von 55 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union dazu verpflichtet, weibliche Genitalverstümmelung abzuschaffen.

Situation und Gesetzeslage in Deutschland
Situation in Deutschland

Es gibt keine offiziellen Zahlen darüber, wie viele Mädchen und Frauen in Deutschland von der Beschneidung betroffen sind. Die Organisation Terre des Femmes schätzt, dass mehr als 70.000 beschnittene Frauen in Deutschland leben, und weitere 20.000 Mädchen gefährdet sein könnten.

Mehr erfahren
Situation in Deutschland

Aufgrund der Schwere dieser Rechtsverletzung wurde im September 2013 der § 226a StGB eingeführt, der die Verstümmelung weiblicher Genitalien als Verbrechen betrachtet und mit Freiheitsstrafen von einem bis zu 15 Jahren bestraft.

Betroffene Frauen können die Tat bis zu ihrem 41. Lebensjahr zur Anzeige bringen, weil die Verjährung erst ab dem 21. Lebensjahr der Betroffenen beginnt und 20 Jahre dauert. Seit Anfang 2015 ist die Genitalverstümmelung auch strafbar, wenn das betroffene Mädchen im Ausland beschnitten wird, aber in Deutschland lebt (§5, Nr. 9a StGB). Nach dem Zuwanderungsgesetz von 2005 wurde der Flüchtlingsschutz für Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung angepasst. Die Bedrohung einer Genitalverstümmelung ist im Asylverfahrensgesetz als Grund für Flüchtlingsschutz anerkannt.

Das macht Plan International gegen Genitalverstümmelung

Wir setzen uns sowohl in den Herkunftsländern als auch in Deutschland für die Abschaffung von Genitalverstümmelung ein. Bereits beschnittenen Mädchen und Frauen bieten wir Unterstützung an.

Unser Engagement in den Partnerländern

In einem Theaterstück in einem Programmgebiet in Sierra Leone, wird die Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung gefordert. ©Suzanne Eichel
Zainab, 17, mit ihrer Mutter, 35, aus Sierra Leone. Zainab setzt sich gegen die Genitalverstümmelung in ihrer Gemeinde ein und ist Mitglied in einem Jugendclub von Plan International.

In den letzten Jahren haben wir Projekte gegen weibliche Genitalverstümmelung in einigen Ländern Afrikas umgesetzt – auch mit Unterstützung der EU. Diese Projekte setzen wir gemeinsam mit lokalen Partner:innen um, die die Besonderheiten ihrer Region kennen und ihre Methoden entsprechend anpassen.

Um langfristige Erfolge sicherzustellen, integrieren wir das Thema weibliche Genitalverstümmelung in umfassende Programme zu Gesundheit, Bildung, Familienplanung und Stärkung der Frauen.

Die Projekte führen wir in Zusammenarbeit mit den Gemeinden durch. Unsere Arbeit basiert auf Aufklärung, Diskussionen und Schulungen zu Menschen-, Frauen- und Kinderrechten.

In Guinea haben wir schon viel erreicht.
Beispiel Guinea

In Guinea setzen wir uns seit 2007 dafür ein, dass FGM abgeschafft wird. Durch Aufklärung, Gespräche und die Einführung von Alternativen versuchen wir, mehr Mädchen vor der Verstümmelung zu schützen. Wir arbeiten daran, dass Gemeinden bereit sind, die Praxis zu beenden.

Mehr erfahren
Beispiel Guinea

In Schulungen informieren wir über die ernsthaften gesundheitlichen und seelischen Folgen die durch die Beschneidung entstehen können. Da es bisher kaum Beratungsangebote für Mädchen und Frauen gibt, die von FGM/C betroffen sind, richten wir mit unseren Partnern Beratungsstellen in den Gemeinden ein. Radiosendungen in verschiedenen Landessprachen klären über die Praktik und ihre Folgen auf.

  • Zusammen mit lokalen Organisationen, Jugendclubs und Journalist:innen informieren wir in den Gemeinden über die schweren Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung.
  • In Schulungen erfahren Lehrkräfte, Hebammen sowie Fachpersonal aus den Bereichen Gesundheit und Justiz, wie sie sich in ihren Arbeitsbereichen für die Abschaffung von FGM einsetzen können. Sie entwickeln Aktionspläne, wie zum Beispiel Lehrkräfte das Thema kindgerecht in den Unterricht integrieren können.
  • Weiterhin machen wir auf bestehende Gesetze aufmerksam und setzen uns dafür ein, dass diese auch umgesetzt werden.

Unser Engagement in Deutschland

Mit unseren Erfahrungen bei der Arbeit mit geflüchteten Menschen in Deutschland haben wir die Broschüre: „Weibliche Genitalverstümmelung im Flüchtlingskontext – Herausforderungen und Handlungsempfehlungen“ herausgebracht. Diese wird bundesweit genutzt und stehe auf unserer Website kostenlos in mehreren Sprachen zur Verfügung. 

Darüber hinaus bieten wir die Broschüre „Weibliche Genitalverstümmelung/Beschneidung (FGM/C) – Information für gefährdete und betroffene Mädchen und Frauen in Deutschland “ kostenlos an. Sie bietet nützliche Infos über die FGM, ihre Folgen sowie Kontaktdaten der Beratungsstellen und medizinischen Anlaufstellen in Deutschland.

Informationsbroschüren
Informationsbroschüren

Die Broschüren sowie weitere interessante Materialien wie den Schutzbrief und Handlungsempfehlungen zu weiblicher Genitalverstümmelung im Flüchtlingskontext finden Sie auf unserer Projekt-Seite.

Projekt in Deutschland
Projekt in Deutschland

Unser Kinderschutzprogramm setzt sich dafür ein, in Deutschland lebende Mädchen vor dieser Praktik zu schützen und betroffene Mädchen und Frauen zu unterstützen.

Mit einer Patenschaft helfen

Durch eine Patenschaft unterstützen Sie die Arbeit von Plan, um die Rechte von Kindern zu schützen und die Lebensbedingungen benachteiligter Mädchen und Jungen weltweit zu verbessern.

Das schließt auch den Schutz vor Gewalt und Kinderrechtsverletzungen wie Genitalverstümmelung ein. Um die schädliche Tradition der Genitalverstümmelung zu beenden, sprechen wir kontinuierlich mit allen Beteiligten. Wir glauben, dass wir die Beschneidung nur dauerhaft stoppen können, wenn die ganze Gesellschaft verstehen, wie schädlich diese Praxis ist.

Liebe Pat:innen,
bitte haben Sie Verständnis, dass wir – um die Würde und die Privatsphäre der Mädchen und Frauen zu wahren – Briefe mit Fragen, ob Ihr Patenkind einen solchen Eingriff hatte, nicht an die Familien weiterleiten können.

Ja, ich möchte Kinder schützen!

Patenschaft für ein Kind
Patenschaft mit Plan - Zukunft schenken

Als Kind in einem Entwicklungsland geboren zu werden, bedeutet für die meisten von ihnen lebenslange Armut und Chancenlosigkeit. Mit der Übernahme einer Kinderpatenschaft für eines dieser Kinder schenken Sie ihm die Chance auf eine selbstbestimmte Kindheit und bessere Zukunft. Vor allem Mädchen sind in vielen Kulturen oft benachteiligt und brauchen unsere Unterstützung. Mit einer Patenschaft für ein Kind erhöhen Sie gerade für Mädchen die Chance, gut ausgebildet und besser versorgt zu werden. Ziel ist es zudem auch den Familien der Patenkinder neue Perspektiven zu geben und somit dazu beizutragen, Fluchtursachen mindern zu können. Werden auch Sie Pate!

Kinder schützen und ihre Rechts stärken
Kinderschutz: Wir helfen Kindern weltweit

Als globale Kinderrechtsorganisation sind wir dem Schutz von Kindern und Jugendlichen verpflichtet. Sie sollen in einer geschützten Umgebung aufwachsen, um ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können. Die Kinderrechte gehören zu unseren grundlegenden Prinzipien. Sie werden sowohl in unseren Projektgebieten als auch innerhalb unserer Organisation geachtet und gefördert.

Mädchen haben unter anderem ein Recht auf Bildung.
Gleichberechtigung fördern

Plan International setzt sich in seiner Arbeit für die Kinderrechte und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen ein. Das Kinderhilfswerk fördert Mädchen und Jungen gleichermaßen, berücksichtigt aber auch geschlechtsspezifische Benachteiligungen.