Epidemien mit lebensbedrohlichen Herausforderungen sind für die Menschen im westlichen Afrika nichts Ungewöhnliches. Das Ebola-Virus tritt in diesem Teil des Kontinents beispielsweise immer wieder auf. Doch mit der Corona-Pandemie standen auch im westafrikanischen Guinea die Menschen einer ganz neuen Dimension von Bedrohung gegenüber.
„Wir haben noch nie eine so verheerende Gesundheitskrise wie mit Covid-19 erlebt“, sagt Michel, der als Landwirt arbeitet. „Selbst während der Ebola-Epidemie konnten wir noch auf den Markt gehen und unsere Waren verkaufen. Aber bei Corona ging es um eine Blockade, um extreme Armut, um die Entmenschlichung unserer Gesellschaft.“
Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 haben durch Ausgangssperren und Lockdowns Tausende von Haushalten in Guinea dazu gezwungen, alternative Möglichkeiten zur Ernährungssicherung zu finden. „Stellen Sie sich mal die Corona-Krise für Menschen mit Behinderung vor! Meine Frau und ich sind nicht in der Lage, selbst nach Lebensmitteln zu suchen und die Familie zu ernähren“, sagt Michel.
„Stellen Sie sich mal die Corona-Krise für Menschen mit Behinderung vor!“
Während der Hochphase der Corona-Pandemie blieben verbesserte Hygiene, vor allem aber Ausgangssperren die einzigen Möglichkeiten, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Letztere Maßnahmen haben nicht nur den Zugang zu den Märkten eingeschränkt, sie haben auch den handeltreibenden Menschen und Gelegenheitsarbeitenden beträchtliche Einkommensverluste beschert.
Während sich Guinea allmählich von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt, hat Plan International ein Projekt zur Sicherung des Lebensunterhalts ins Leben gerufen, um besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zu unterstützen. Das von der Europäischen Union finanzierte Vorhaben zielt darauf ab, die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Menschen in besonders prekären Lebensumständen zu verringern. Für Michel war diese Unterstützung „lebensrettend“, und er sagt: „Einige Nachbarn sind zum Betteln übergegangen, aber das wollten wir nicht, und glücklicherweise hat Plan International durch dieses Projekt Maßnahmen für Einkommen unterstützt, sodass wir unsere Familien ernähren können.“
„Einige Nachbarn sind zum Betteln übergegangen, aber das wollten wir nicht.“
Mehr als 900 Haushalte werden im Rahmen dieses Projekts durch die Schaffung von einkommensschaffenden Maßnahmen, die Verteilung von Lebensmittelpaketen, sogenannte „Cash for Work“-Initiativen sowie die Gründung von Spar- und Kreditgruppen unterstützt. Darüber hinaus wurden mehr als 500 Kleinfarmen – darunter auch die von Michel und seiner Frau Jeanne – mit Werkzeugen ausgestattet und fortgebildet. Ziel der Trainings war es, die Zahl der Pflanzenkulturen und damit den Verkaufserlös zu erhöhen.
„In diesem Projekt werden Lebensmittel an Bedürftige verteilt und Saatgut gekauft, um es unseren bäuerlichen Familien zu geben. Hinzu kommt die Vergabe von Werkzeugen und Maschinen – alles, um die landwirtschaftlichen Aktivitäten der Gemeinden zu erleichtern. Für uns ist es das erste Projekt dieser Art, das uns wirklich dabei hilft, uns von den Folgen von Covid-19 zu erholen“, erklärt Michel.
Jeanne hat sich einer örtlichen Spar- und Kreditgruppen angeschlossen, die vor kurzem ihre Arbeit aufgenommen haben. Bei solchen Mikrofinanzprojekten zahlen alle Mitglieder einen Minimalbetrag in eine Gemeinschaftskasse ein, aus der sie bei Bedarf einen Kleinkredit beziehen können. Jeanne überzeugte mit ihrer Dynamik und Initiative alle anderen – und wurde, trotz vorherrschender Vorurteile gegenüber Menschen mit Berhinderungen, prompt zur Präsidentin der Spargruppe ernannt. Sie hat sich gleich ehrgeizige Ziele gesetzt: Mit Unterstützung von Plan International will sie den Umsatz der Spargruppe steigern und gleichzeitig ihre eigenen Einnahmequellen diversifizieren.
„Ich habe mich immer nur körperlich behindert gefühlt, weil mir Gliedmaßen fehlen, aber dank meiner Entschlossenheit kommen jetzt auch nichtbehinderte Menschen zu mir, um einen Kredit aufzunehmen. Mit diesem Projekt haben wir eine Gruppe von 25 Mitgliedern gebildet“, erzählt deren Vorsitzende Jeanne. „So konnten wir neue Werkzeuge und eine Dreschmaschine erwerben, die von allen Gruppenmitgliedern genutzt werden, und wir werden uns so organisieren, dass die Gemeinschaft über die Mitglieder dieser Gruppe hinaus davon profitieren kann.“
Die Geschichte wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Guinea erstellt.