Marie (76) sitzt mit ihrer Tochter Aminata (60) und ihrer Enkelin Nassiratou (18) unter einem Baum in Kokologho im Westen von Burkina Faso. Die drei Frauen formen Kugeln aus Samen, um ein Gewürz namens Soumbala herzustellen. Während dieser Arbeit sprechen sie über ein Thema, das sie so noch die zu dritt besprochen haben: Ihre unterschiedlichen Erfahrungen mit der Menstruation.
„Als ich jung war, war ein Mädchen, das seine erste Periode bekam, verschreckt und verängstigt“, sagt Marie, die von ihren Enkel:innen Yaaba genannt wird. „Man gab uns ein Schafsfell, auf dem wir schlafen konnten, bis die Blutung aufhörte. Damals wurden Mädchen und Frauen während ihrer Periode isoliert.“ Als Schutz benutzten sie ein dickes, traditionelles Baumwolltuch namens Faso Danfani, was, so die Großmutter, oft zu Reizungen zwischen den Schenkeln führte. „Weil wir das Schafsfell und das Baumwolltuch jeden Tag wuschen, verwenden wir in der Sprache der Moore das Wort ‚Waschen‘ für die Zeit der Menstruation.“ Generell sei die Menstruation als etwas Schmutziges und Abstoßendes wahrgenommen worden, berichtet Marie. „Eine Frau, die ihre Periode hatte, durfte nicht kochen, nicht an gemeinschaftlichen oder religiösen Aktivitäten teilnehmen, keine Feste besuchen – bis die Blutung aufhörte. Sobald ein Mädchen seine erste Periode hatte, wurde der Vater als Familienoberhaupt informiert und arrangierte dann die Heirat seiner Tochter.“
Als Aminata ihre erste Blutung bekam, gab Marie ihr etwas zum Schutz – kein Baumwolltuch, sondern ein neuerer, industrieller Wachsstoff. „Und das war’s“, sagt Aminata. „Wir sprachen nicht mehr darüber.“ Ihre fehlte das Wissen, wie sie mit ihrer Periode richtig umgehen konnte, und „wir schämten uns meist, weil es kein gutes Material zum Schutz gab und keine angemessene sanitäre Infrastruktur, die Privatsphäre geboten hätte.“
„Ich war in einer öffentlichen Schule, in der die Lehrkräfte darin geschult waren, über die Menstruation aufzuklären – sowohl Mädchen als auch Jungen.“
Ihre Tochter Nassiratou, die Nassi genannt wird, machte wiederum andere Erfahrungen: „Als ich zum ersten Mal meine Periode hatte, hatte ich keine Angst“, sagt sie lächelnd. „Ich war in einer öffentlichen Schule, in der die Lehrkräfte darin geschult worden waren, über die Menstruation aufzuklären – sowohl Mädchen als auch Jungen. Einwegbinden sind in den Geschäften in unserem Dorf erhältlich.“ Aminata war es anfangs unangenehm, mit ihrer eigenen Tochter über das Thema zu sprechen. „Wir schämten uns beide“, sagt sie lachend. „Jetzt reden wir zwar immer noch etwas verlegen darüber, aber dank der Aufklärungsgespräche in unserer Gemeinde haben wir verstanden, dass die Menstruation völlig normal ist und dass es wichtig ist, darüber zu sprechen.“
Die Aufklärungsveranstaltungen, von denen Aminata spricht, werden von Plan International in 50 Dörfern in Kokologho durchgeführt, mit dem Ziel, Tabus rund um die Menstruation zu brechen. Diese Veranstaltungen in den Gemeinden und weitere Maßnahmen, wie etwa die Unterstützung von Familien bei der Installation von Toiletten und Duschen, haben vor Ort zu einem neuen Gefühl der Akzeptanz und Offenheit gegenüber der Menstruationsgesundheit geführt. Das Gespräch zwischen diesen drei Generationen von Frauen, offen und herzlich, voller Liebe und Lachen, ist ein Beweis für den Erfolg bei der Entstigmatisierung der Periode.
„Die Einstellung der Männer zur Menstruation hat sich sehr verändert“, sagt Aminata. Früher hätte kein Familienoberhaupt eine Diskussionsrunde wie die heutige zugelassen. Ich selbst hätte ein solches Gespräch vor zwei Jahren niemals akzeptiert. Dank der Aufklärungsveranstaltungen ist das Tabu gebrochen worden.
Nassi stimmt dem zu und erklärt, dass eine Frau während ihrer Periode heutzutage tun und lassen kann, was sie will und wo sie will.“ Auch wenn sich die Einstellungen geändert haben, so gibt es doch einige Traditionen, die noch immer fortbestehen: „Eine menstruierende Frau sollte aber nicht für das muslimische Fasten kochen, sie sollte nicht in die Moschee gehen, den Koran nicht anfassen sowie bestimmte traditionelle Medikamente“, erklärt die 18-Jährige.
„Die heutige Diskussion hat mir sehr viel gebracht“, schließt die junge Frau. „Sie hat mir eine Reise durch drei Generationen ermöglicht – die meiner Großmutter, die meiner Mutter und meine eigene. Früher habe ich mich geschämt, mit meiner Mutter über die Periode zu sprechen. Aber jetzt fühle ich mich wohl. Ich kann sogar mit meiner Großmutter darüber reden!“
Neben der Durchführung von Aufklärungsveranstaltungen zur Menstruation und der Installation von Toiletten in den Haushalten, setzt Plan International im Rahmen der Projektarbeit in Kokologho weitere Programme um: Die Gemeinden werden in der Herstellung und Verwendung wiederverwendbarer Binden geschult, Spar- und Kreditprogramme für Dörfer unterstützen auch die finanzielle Stärkung von Frauen. Plan International unterstützt außerdem Maßnahmen zur Menstruationsgesundheit in 78 Schulen, unter anderem durch Schulungen und Sensibilisierungsprogramme sowie die Ausstattung mit Hygiene- und Sanitärmaterialien, den Bau von Toiletten in Schulen oder deren Anpassung sowie die Sanierung von Trinkwasserstellen.