„Manche Mädchen dürfen während der Menstruation ihre Haare oder die Haare von Jungen nicht anfassen, weil es heißt, dass ihnen dann die Haare ausfallen“, sagt Norma. Sie ist 17 Jahre alt und lebt in einer kleinen indigenen Gemeinde Guatemalas.
Hier herrschen oftmals noch viele Mythen rund um die Menstruation. „Sie werden von den Müttern an die Töchter weitergegeben“, erklärt die 17-Jährige. Manche dieser Mythen sind einfach nur absurd – wie jene von den Haaren – andere gefährlich: „Es gibt den Glauben, dass die Periode schmutzig ist, man aber nicht duschen darf, wenn man sie hat“, erklärt Norma. Menstruationsblut ist alles andere als schmutzig und eine normale Körperhygiene während der Periode wichtig, um mögliche Infektionen zu vermeiden.
Viele Mädchen in Guatemala wissen nur wenig über ihren Zyklus, ihre reproduktive Gesundheit – ihren eigenen Körper. Sie wissen nicht, was die Periodenblutung bedeutet und sind oftmals erschrocken und überfordert, wenn sie das erste Mal auftritt. Norma erinnert sich: „Ich war neun Jahre alt, als ich meine Periode bekam. Ich war so überrascht.“ Ihre Mutter kauft ihr zwar einige Binden, doch für Norma ist es seit dem schwierig, einen sauberen und sicheren Ort in der Schule zu finden, an dem sie ihre Binden wechseln und entsorgen kann.
In vielen ländlichen Schulen Guatemalas fehlt es in den Toiletten an sauberem, fließendem Wasser und an Privatsphäre für Mädchen. „Ich wusste nicht, wo ich in der Schule meine Binden wechseln konnte“, beschreibt Norma ihren Alltag während der Menstruation. „Ich wusste nicht, wie ich die Binden vom Klassenzimmer zur Toilette bringen sollte. Ich wusste auch nicht, wohin ich die benutzten Binden werfen sollte, und ich hatte Sorge, dass sie jemand sehen könnte. Damals habe ich meine Periode nicht als normal angesehen.“
„Einmal hatte ich einen Blutfleck auf meiner Kleidung. Ich hatte Angst, in die Schule zu gehen, weil ich Sorge hatte, dass es wieder passieren könnte.“
Ohne Zugang zu angemessener Aufklärung über die Menstruation und ohne Zugang zu Tampons, Binden oder Menstruationsunterwäsche, beschließen Mädchen oft, während ihrer Periode mehrere Tage nicht zur Schule zu gehen. „Einmal hatte ich einen Blutfleck auf meiner Kleidung“, erinnert sich Norma. „Die Jungen fingen an, darauf aufmerksam zu machen und mich zu hänseln. Ich hatte Angst, in die Schule zu gehen, weil ich Sorge hatte, dass es wieder passieren könnte. Ich schämte mich.“
Heute kann Norma ohne Angst und Scham über das Thema sprechen. Sie hat an einer von Plan International durchgeführten Schulung teilgenommen, in der Mädchen und auch Jungen über den weiblichen Zyklus und ihre reproduktiven Rechte aufgeklärt werden. In Guatemala setzt Plan International sich dafür ein, dass Mädchen selbstbewusst und sicher mit ihrer Periode umgehen können. Dies erfordert einen umfassenden Ansatz, der den unmittelbaren Bedarf an Hilfsmitteln und Einrichtungen deckt und sicherstellt, dass Mädchen das Wissen und die Fähigkeiten haben, um zu verstehen, was die Menstruation ist und wie sie damit umgehen können.
„Ich habe gelernt, dass es normal und natürlich ist und nichts Schmutziges.“
Im Anschluss an die Schulung erhalten die Teilnehmerinnen sogenannte „Dignity Kits“, die wiederverwendbare Binden, Seife und Unterwäsche enthalten. „Mir hat die Schulung wirklich geholfen“, sagt Norma. „Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst, aber ich habe gelernt, dass es normal und natürlich ist und nichts Schmutziges. Vor der Schulung war es mir peinlich, über meine Periode zu sprechen.“
Die 17-Jährige gibt nun ihr Wissen an andere Mädchen weiter und räumt mit vielen der Mythen auf, die immer noch von Generation zu Generation weitergegeben werden. „Viele Mädchen wissen nichts darüber. Sie wissen nichts über Menstruationsgesundheit und -hygiene und ich sage ihnen, dass es ganz natürlich ist. Wenn wir keine Periode hätten, dann würde die Fortpflanzung aufhören.“
Neben der Aufklärung von Mädchen und Jungen über den weiblichen Zyklus und ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit engagiert sich Plan International in Guatemala auch gegen Kinderheirat und geschlechtsspezifische Gewalt. „Junge Menschen sind nicht ausreichend über Familienplanung und ihre sexuellen Rechte informiert. Viele wissen nicht, wie sie sich schützen können“, betont Norma. „Ich möchte nicht, dass Mädchen in jungen Jahren verheiratet werden. Ich möchte, dass sie mehr Freiheit haben.“
Norma selbst möchte Buchhalterin werden und konzentriert sich derzeit auf ihr Studium. Darüber hinaus möchte sie auch in Zukunft andere Mädchen unterstützen.
Der Artikel wurde mit Material aus dem Plan-Büro in Guatemala erstellt.