„Der Schulweg war oft überschwemmt und ich konnte meine Klasse gar nicht erst betreten.“
Bildungschancen entscheiden über den späteren Lebensweg, sind sich Fachleute weltweit einig. Doch als Chalika aus der kambodschanischen Provinz Stung Treng zum ersten Mal zur Schule ging, war der Unterricht während der Regenzeit häufig unterbrochen: „Der Schulweg war oft überschwemmt und ich konnte meine Klasse gar nicht erst betreten“, erinnert sich die heute 10-Jährige. „Und ich hatte Angst, dass mich Schlangen beißen könnten.“ Giftige Tiere verlassen bei steigenden Pegelständen ihre Nester und fliehen in höher gelegene Räume – auch in Gebäude, die im südostasiatischen Kambodscha daher meistens auf Stelzen stehen.
Doch außer solchen Stelzen, die für Abstand und ein Mindestmaß an Schutz sorgen, gab es an der Schule von Chalika vor vier Jahren weder Toiletten noch Waschgelegenheiten. Der Bau befand sich in einem maroden Zustand, der vor allem für Kinder gefährlich war. „Das Dach hatte ein großes Loch, und das Treppengeländer war kaputt. Es gab keinen Zaun, sodass die Tiere hereinkamen und unsere Pflanzen fraßen, und auch Vandalen, die an der Schule vieles kaputt gemacht haben“, erinnert sich Chalika. „Meine Freunde und ich hatten Angst und wollten irgendwann nicht mehr zur Schule gehen“, erzählt die Schülerin, die mit ihrem jüngeren Bruder bei ihrer Mutter lebt.
Kambodscha ist eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder Südostasiens mit einer niedrigen Alphabetisierungsrate bei Erwachsenen und einer hohen Abbrecherquote in Grund- und Sekundarschulen. Während es in den Großstädten viele gute Schulen gibt, besteht in den ländlichen Gemeinden nach wie vor ein großer Bedarf an hochwertiger Infrastruktur wie sicheren Schulgebäuden mit Toiletten und funktionierender Wasserversorgung.
Gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen hat Plan International in der gesamten Region Stung Treng daran gearbeitet, Schulkinder und Lehrkräfte besser vor den Auswirkungen von Naturkatastrophen zu schützen. Das Projekt sorgt dafür, dass Mädchen und Jungen in den am stärksten gefährdeten Gemeinden besser gegen Katastrophen gewappnet. Sie sollen ein sicheres und geschütztes Lernumfeld vorfinden – und damit besser auf die Zukunft vorbereitet sein.
Auch die Schule von Chalika wurde im Rahmen des Plan-Projekts renoviert. Das brüchige Dach wurden endlich geschlossen, fehlende Umzäunung ergänzt und rundum das Schulgelände aufgeräumt. „Mein Lehrer hat uns gesagt, dass es jetzt elektrische Pumpen für den Brunnen gibt“, sagt Chalika, die derzeit in die fünfte Klasse geht. „Mein Klassenzimmer sieht auch besser aus – ich habe keine Angst mehr und komme jeden Tag gern zur Schule.“
„Ich komme jeden Tag gern zur Schule.“
Außerdem nahmen die Mädchen und Jungen an Trainings teil, die vom örtlichen Kinderrat geleitet wurden und sie über die potenziellen Gefahren in und um die Schule sowie das Verhalten im Katastrophenfall informierten. „Ich habe gelernt, mich nicht unter brüchige Äste zu setzen“, sagt Chalika. „Und ich habe meine Freunde im Dorf, meinen Bruder und andere informiert, jetzt solchen Ratschlägen zu folgen.“
Mit ihren Informationen an Gleichaltrige ist Chalika ihrer möglichen beruflichen Zukunft bereits ein Stück voraus: „Ich möchte Lehrerin werden“, sagt die lesebegeisterte Schülerin. „Dann kann ich mein Wissen mit den Kindern teilen und die Schule für alle noch sicherer machen.“
Marc Tornow hat Südostasien-Wissenschaften studiert, Kambodscha mehrfach bereist und diese Geschichte mit Material aus dem örtlichen Plan-Büro aufgeschrieben.