Gemeinsam mit ihrer Mutter und sieben Geschwistern floh Theresia in ein nahegelegendes Krankenhaus, das als einer der letzten sicheren Orte galt. Als kurz darauf auch das Krankenhaus attackiert wurde, war die Familie gezwungen ihre Heimatregion ganz zu verlassen.
Die ansteigende Gewalt in Kameruns nordwest- und südwestlichen Gebieten hat die lokalen Gemeinden hart getroffen. Seitdem Separationsbewegungen den Konflikt seit 2016 immer weiter eskalieren lassen, haben auch extremistische Gruppen das politische Vakuum ausgenutzt und sind neben weiteren kriminellen Banden in der Region aktiv. Zwischen den Fronten steht die Bevölkerung, der inmitten der willkürlich stattfindenden Angriffe, die auch Schulen und Krankenhäuser ins Visier nehmen, nichts anderes übrig bleibt, als ihre Heimat zu verlassen. Etwa eine viertel Million Binnenvertriebene hat der Konflikt bisher hervorgebracht.
In den noch als sicher geltenden Städten im Rest des Landes ist der Wohnraum knapp. Theresia teilt sich heute mit ihrer Mutter und sieben Mitbewohner:innen eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Auch der Arbeitsmarkt bietet nicht genug Möglichkeiten für die vielen Menschen, die auf einmal in die Städte drängen. Theresias Mutter Mónica hat kein Einkommen und erhält auch keine finanzielle Unterstützung von der Regierung. Als sie nicht mehr für ihre gesamte Familie sorgen konnte, gab sie sechs ihrer sieben Kinder in ein Kinderheim – nur Theresia ist ihr geblieben.
Durch das Erlebte war Theresia traumatisiert. Sie leidete oft an Angstzuständen und machte sich ständig Sorgen, dass sie auch von ihrer Mutter getrennt werden könnte. “Ich habe mir große Sorgen um meine Zukunft gemacht. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass überhaupt noch irgendetwas aus mir werden könnte,” erzählt sie.
Nach einiger Zeit kam Theresia mit dem Friendly Places Programm von Plan International in Kontakt, das sich dafür einsetzt, sichere und kinderfreundliche Orte zu schaffen, an denen Kinder und Jugendliche traumatische Erfahrungen verarbeiten und neue Perspektiven für ihre Zukunft entwickeln können. Zuerst fiel es ihr schwer, sich mit ihren Gefühlen zu beschäftigen und über das Erlebte zu sprechen. Aber mit der Zeit nahm Theresia immer mehr Beratungsangebote war und fing an sich während der psychosozialen Betreuung für neue Aktivitäten zu interessieren.
Schließlich nahm die 16-jährige an einem berufsvorbereitenden Kurs teil und entschied sich, eine Ausbildung als Schneiderin zu beginnen. Nachdem Theresia ihr Training abgeschlossen hatte, erhielt sie von Plan International eine Nähmaschine, Stoffe und anderes Nähmaterial als Grundausstattung. Die Unterstützung hat ihr nicht nur dabei geholfen, ihr eigenes Einkommen zu verdienen – mit der einhergehenden Anerkennung hat sich auch Theresias Selbstbewusstsein verändert. “Ich freue mich wieder darauf, was die Zukunft bringt. Meine Ausbildung gibt mir das Gefühl, dass ich gebraucht werde. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich gut bin, in dem was ich tue und dass ich damit mein eigenes Geld verdienen kann – das fühlt sich einfach großartig an,” sagt Theresia.
Eines Tages möchte Theresia auch selbst Workshops und Trainingskurse anbieten. Ihr ist es wichtig, gerade Mädchen und jungen Frauen, die in derselben Situation sind, in der sie einmal war, eine Perspektive zu bieten. Und wenn es nach ihren ehemaligen Betreuer:innen im Friendly Places Programm geht, ist das Engagement der Jugendlichen mehr als willkommen. "Theresia lernt sehr schnell, sie war eine der besten Auszubildenden in ihrem Jahrgang,” erzählt Estella, eine der Kursleiterinnen. Und Ferdinand, der als Sozialarbeiter im Programm aktiv ist, fügt hinzu: “Sie ist sehr fleißig und verantwortungsbewusst. Wir freuen uns sehr, dass Theresia sich für andere Jugendliche einsetzen möchte, die aufgrund des Konflikts vertrieben wurden und mit vielen finanziellen aber auch sozialen Hürden zu kämpfen haben.
Das Friendly Spaces Projekt, an dem Theresia teilgenommen hat, ist eine gemeinsame Initiative von Plan International und der schwedischen Agentur für internationale Zusammenarbeit (SIDA). In der dritten Projektphase, die zwischen Mai 2020 und April 2021 stattgefunden hat, konnte das Programm mehr als 9.000 Menschen erreichen, die aufgrund des innerstaatlichen Konflikts im Nordwesten und Südwesten des Landes vertrieben wurden. Davon konnten 359 Jugendliche und junge Erwachsenen berufsvorbereitende Seminare besuchen und bei ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben unterstützt werden.