Inklusion am Mahabharat
Sie bewegen sich nur langsam vorwärts und auf Krücken gestützt oder sitzen in Rollstühlen. Der Tagesablauf dieser Frauen scheint eine einzige Bürde zu sein. Denn schon für Menschen ohne Behinderungen stellen die welligen Straßen Nepals, die fehlenden Fußwege, die zahllosen Schlaglöcher oder offenen Kanalisationen tagtägliche Herausforderungen dar.
Doch die Frauen der „Nepal Chelibeti Disabled Women Society“ (NCDWS) – der „Gesellschaft nepalesischer Frauen mit Behinderungen“ – lächeln und berichten voller Stolz von ihrem Kampf gegen Stigmatisierung, gegen Ausgrenzung, gegen Bevormundung.
„Niemand wollte uns haben und wir wurden immer nur herumgeschubst“, erinnert sich die gehbehinderte Präsidentin der NCDWS, Dilkumari Rai, an ihre Jugend. „Ihr könnt nichts und seid uns im Weg“, wurden Dilkumari und andere Frauen mit Behinderung verhöhnt. In einem Umfeld, das Frauen insgesamt eine untergeordnete Stellung zuweist, sind solche mit Behinderung doppelt diskriminiert. Davon ließen sich die heute gut gelaunten Damen nicht entmutigen. Zu siebt starteten sie 1999 ihre Initiative, um für mehr Chancengleichheit und ihre Arbeitskraft zu werben.
Sie schrieben an Bürgermeister oder kleine Manufakturen in der Nachbarschaft, um sich vorzustellen. Auf die Einladungen der engagierten Frauenrechtlerinnen meldete sich anfangs – niemand. Sie organisierten untereinander Nähkurse und berieten sich, wie sie an Ausbildungsangebote kommen könnten. 2002 nahm sich Plan International der NCDWS an; mit einem so prominenten Partner an der Seite wurden die schriftlichen Gesuche endlich beantwortet. „Wir wollen keine Almosen, wir wollten einfach nur als gleichberechtigte Bürgerinnen wahrgenommen und angestellt werden“, sagt Dilkumari Rai. „Viele Bürgermeister dachten über ihr Verhalten nach und einige schrieben mir ,nicht ihr seid behindert, wir, die euch ignorierten, sind es‘. Sowas macht Mut.“
Die Mitglieder der NCDWS stellen heute etwa 100 verschiedene Produkte her. Im Schatten der Mahabharat Mittelgebirge schneidern die fingerfertigen Frauen Kleider, nähen Puppen, stellen Kerzen her oder stecken Perlenketten zusammen. Die Mitglieder sorgen so selbst für ihr Auskommen, stützen andere Frauen mit Behinderungen auf ihrem beschwerlichen Weg. Gemeinsam soll jetzt das Büro in der Stadt Itahari erweitert und so Platz für einen Tagungsraum geschaffen werden.