Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich Union und SPD auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, der die Rechte von Kindern im Deutschen Grundgesetz besser sichtbar und durchsetzbar machen soll. Konkret soll dazu Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes so geändert werden, dass Kindern mehr politische Teilhabe möglich ist und ihr Wohl stets mitbedacht werden muss.
Plan International Deutschland begrüßt die Einigung der Bundesregierung, Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen. Allerdings fordert die Kinderrechtsorganisation Nachbesserungen bei der Formulierung der Gesetzesreform. „Kinder haben besondere Bedürfnisse und brauchen deshalb über die allgemeinen Grundrechte hinaus besondere Rechte – ein Prinzip, das mit der UN-Kinderrechtskonvention auf internationaler Ebene bereits seit über 30 Jahren gilt“, sagt Maike Röttger, Vorsitzende der Geschäftsführung. „Ein Gesetz, das Kinderrechte im Grundgesetz verankert, muss deshalb sicherstellen, dass die in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegten Rechte der Kinder auch tatsächlich umfassend verwirklicht werden. Das ist mit der geplanten Formulierung nur unzureichend der Fall.“
So müsse das Kindeswohl als „vorrangiger Gesichtspunkt“ berücksichtigt werden. Bislang sieht der Entwurf der Bundesregierung lediglich eine „angemessene“ Berücksichtigung vor. Maike Röttger: „Kinder haben nicht nur das Recht darauf, dass ihre Meinung bei Rechtsverfahren angehört wird, sondern auch inhaltlich gewürdigt und bei der Urteilsfindung entsprechend ihres Alters und ihrer Reife berücksichtigt wird. Hier braucht es dringend Nachbesserungen, die wir im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens zu erreichen hoffen.“
Gemeinsam mit mehr als 50 weiteren Verbänden und Organisationen setzt Plan International Deutschland sich als Teil der Initiative „Kinderrechte ins Grundgesetz“ seit vielen Jahren für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein. Denn die UN-Kinderrechtskonvention hat in Deutschland bislang nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes und steht normenhierarchisch unterhalb der Verfassung. Wenn es zu Konflikten zwischen der UN-Kinderrechtskonvention und dem Grundgesetz kommt, hat das Grundgesetz demnach Vorrang. Daher ist es besonders wichtig, einen bereichsübergreifenden Kindeswohlvorrang sowie die Beteiligungsrechte von Kindern in das Grundgesetz aufzunehmen.
„Kinder sind gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft, eigenständige Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf Anerkennung ihrer Individualität. Kinderrechte im Grundgesetz sollten deshalb vor allem den Vorrang des Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie Entwicklungs- bzw. Entfaltungsrechte der kindlichen Persönlichkeit absichern“, so Maike Röttger.
Union und SPD wollen das Grundgesetz noch vor der Bundestagswahl im September ändern. Dafür ist jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat nötig.
Wenn Kinderrechte ins Grundgesetz kämen, würden alle stärker in die Pflicht genommen werden, diese auch umzusetzen. Das Kindeswohl würde in den Vordergrund rücken. Das könnte dazu führen, dass Behörden Kinder bei der Planung von Wohnvierteln oder beim Straßenbau mehr berücksichtigen müssten. Auch der Staat müsste mehr dafür tun, kindgerechte Lebensverhältnisse herzustellen und für gleiche Entwicklungschancen zu sorgen. Das ist angesichts der steigenden Ungleichheit und Kinderarmut in Deutschland ein wirklich großes Thema. Aber auch die Kinder selbst könnten ihre Rechte besser einfordern: Sie könnten zum Beispiel eine Verfassungsbeschwerde erheben.
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